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Pressemitteilung vom 10.09.2021    

Artensterben noch bedrohlicher als die Klimakrise

Europaabgeordnete Jutta Paulus ging mit grünen Bundestagskandidaten Torsten Klein an der Nister spazieren. Dabei erläutert sie unter anderen die Bedeutung der Biodiversität und den damit verbundenen Artenschutz.

Torsten Klein und Jutta Paulus an der Nister (Foto: Grünen Kreisverband Westerwald)

Streithausen. Natura 2000 und Klimaschutz – unter diesem Motto hatte der Kreisverband von Bündnis 90/ Die Grünen zu einem Spaziergang an der Nister eingeladen. „Bei der Bundestagswahl haben einige Parteien das Wort Klimaschutz in ihren Programmen, aber eben nur das Wort, weil es gerade Trend ist. Echten Klimaschutz gibt es nur mit den Grünen!“ Mit diesen Worten begrüßte der grüne Direktkandidat für den Bundestag, Torsten Klein, die über 20 Teilnehmer auf der alten Nister-Brücke vor der Abtei Marienstatt.

„So wie es hier aussieht, sieht es leider nicht in allen Schutzgebieten aus“, zeigte sich die grüne Europaabgeordnete Jutta Paulus von der Schönheit des naturbelassenen Gewässerlaufs begeistert. Doch Deutschland habe seit 2014 ein Vertragsverletzungsverfahren am Laufen, weil die Gebiete nicht ordnungsgemäß ausgewiesen worden beziehungsweise keine Managementpläne aufgestellt worden seien, bedauerte die approbierte Apothekerin. In absehbarer Zeit komme es zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, weil die Bundesregierung auf die Zuständigkeit der Bundesländer verweise.

Schutz nur auf dem Papier
Viele der ausgewiesenen Schutzgebiete sind sogenannte Paper-Parks, das heißt de facto wird der Schutzzweck nicht ausreichend erfüllt. Nach Informationen der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen soll Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres ein Renaturierungsplan veröffentlicht werden, das heißt weitere Feuchtgebiete, Auenwälder, Moore, Bäche sollen unter Naturschutz gestellt werden. Um diese Pläne umzusetzen, müssten Barrieren entfernt, Ufer entsiegelt und die Nutzung angepasst werden, forderte Paulus.

Fehlende ökologische Landwirtschaft
Dabei werde die Ausweisung weiterer Naturschutzgebiete durch die Landwirtschaft behindert, die nur sehr wenige Einschränkungen habe. Um weitere Nährstoffeinträge durch Pestizide in die Naturschutzgebiete von den Randzonen her zu verhindern, seien weitere Puffer um diese Gebiete nötig, erläuterte Paulus. Die Mitgliedsstaaten seien dafür verantwortlich, die vorgesehenen Schutzzwecke zu erfüllen. „Das Life-Programm für Natur und Klima ist der größte EU-Umwelt-Topf, aber leider ein Bruchteil der finanziellen Summe, die die gemeinsame Agrarpolitik ausmacht“, bedauerte Paulus die nicht erfolgte ökologische Reform der EU-Agrarsubventionen. „Wir hätten uns gewünscht, dass die Landwirtinnen und Landwirte dafür Geld bekommen, dass sie öffentliche Güter schützen.“ Der Löwenanteil fließe nach wie vor in die Direktzahlung. „Hast du Hektar, kriegst du Geld. Fertig!“, fasste sie die simple Gießkannen-Subventionslogik zusammen.



Mutmaßlicher Missbrauch von Subventionen
Da die EU-Mitgliedsstaaten selber bestimmen könnten, was eine Ökomaßnahme ist, ermittle jetzt die EU wegen missbräuchlicher Verwendung von Agrarsubventionen.
„Wir müssen vielmehr schauen, welche Lebensraumtypen wir renaturieren müssen, statt nur zu schauen, wo schon ein Schutzgebiet ist, wo es vielleicht am einfachsten geht“, legte Paulus ihre eigenen Vorstellungen dar.

Artensterben noch gefährlicher als Klimakrise
Abschließend verdeutlichte Paulus die Dramatik des Artensterbens und der Biodiversitätskrise. Diese sei noch viel bedrohlicher als die Klimakrise: „Ohne Biodiversität haben wir kein sauberes Wasser, keine Luft, die wir atmen können, keine fruchtbaren Böden. Das ist vielen nicht klar. Die denken dann: ja gut, dann stirbt halt so ein Käfer aus, oder so eine Kröte. Macht ja nichts, es gibt ja noch mehr.“

In China gäbe es bereits Gebiete, in denen man durch Pestizideinsatz die Insekten dermaßen auf Null gebracht habe, dass Menschen mangels Bienen mit Pinselchen in den Obstbäumen säßen und die Apfelbäume bestäubten. Auch in Deutschland stünden über die Hälfte der 500 Wildbienenarten auf der roten Liste. „Um die kümmert sich keiner. Viele denken erst einmal an die Honigbiene. Dabei sind es die Wildbienen, die die stärkere Bestäubungsleistung bringen“, erläuterte Paulus dem Publikum.

Übergeordnetes Recht?
Angesichts dieser dramatischen globalen Entwicklung stellte Paulus abschließend eine rechtsphilosophische Grundsatzfrage: Gibt es auch ein übergeordnetes Recht? „Wenn es dann aber immer heißt: ja, ich habe doch das Recht, so schnell zu fahren, wie ich will, soviel CO2 auszustoßen, wie ich will, und so weiter, dann muss man sich fragen: welches Recht haben denn unsere Kinder, unsere Enkel, oder auch die Menschen im Globalen Süden, die ja unter der Klimakrise sehr viel mehr leiden als wir das tun?!“
Die Deutschen hätten diesen Sommer einen kleinen Vorgeschmack bekommen auf das, was uns global noch bevorstehe, war sich Paulus sicher. Frankreich habe dagegen als Reaktion darauf tatsächlich einen Straftatbestand „Ökozid“ definiert.
(PM)



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