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Nachricht vom 17.07.2022    

Zukunftswerkstatt Altenkirchen: Eine lange Liste möglicher Verbesserungen

Was kann getan werden, damit sich Menschen mit und auch ohne Behinderung in Altenkirchen besser zurechtfinden - also besser ohne noch vorhandene Hindernisse leben können? Eine inklusive Zukunftswerkstatt hat eine lange Liste von Vorschlägen zusammengetragen.

Beim Stadtspaziergang waren - wie hier am Bahnhof - neuralgische Punkte für behinderte und nicht behinderte Menschen zusammengetragen worden. (Foto: vh)

Altenkirchen. Da waren selbst die beiden Organisatorinnen ob der Vielzahl der Vorschläge, wie das Leben in Altenkirchen für Menschen mit und ohne Behinderungen noch (im weitesten Sinn) barrierefreier gestaltet werden kann, "baff". Es habe absolut Freude gemacht, meinte Anette Hoffmann-Kuhnt (Ergänzende Unabhängigen Teilhabeberatung/EUTB) auch im Namen von Silke Seyler (Mehrgenerationenhaus "Mittendrin" und Haus der Familie), die beide an das Diakonische Werk des evangelischen Kirchenkreises Altenkirchen "angedockt" sind. Die Aspekte, die über 30 Teilnehmer zum theoretischen Finale der inklusiven Zukunftswerkstatt zusammengetragen hatten, waren breit gefächert. Vorausgegangen waren am Samstag (16. Juli) mehrere Stunden der intensiven Arbeit in der evangelischen Landjugendakademie unter der Leitung der erblindeten Dörte Maack (Prisdorf/Kreis Pinneberg), einer ehemaligen Straßenkünstlerin, Akrobatin und Gründerin einer Schauspieltruppe und heutigen Buchautorin, Moderatorin und Rednerin. Damit die Sammlung der Überlegungen nicht vom Winde verweht wird, wurden drei Arbeitsgruppen gebildet, die sich in den kommenden zwölf Monaten regelmäßig treffen, um auszuloten, welcher Gedanke sich als leicht und ohne großen Kostenaufwand umsetzen lässt und welcher eher nicht.

Weitere Initiative wartet
So werden vorrangig die Verantwortlichen ausgemacht, mit denen Problematiken besprochen und mögliche Änderungen diskutiert werden können. Gestartet wird am 12. beziehungsweise 26. September. In Aussicht steht, so berichtete Hoffmann-Kuhnt, die Aufnahme in ein weiteres Programm, die Initiative "Kommune inklusiv". Sollte der Sprung gelingen (zuvor muss vor Ort noch ein Träger gefunden werden wie Diakonie und Lebenshilfe), stehen Zuschüsse von bis zu einer Million Euro in Aussicht, die die "Aktion Mensch" und das jeweilige Bundesland je hälftig zusammen aufbringen. "Viele Menschen denken bei Inklusion in erster Linie an Menschen mit Behinderung. Die 'Aktion Mensch' hat für 'Kommune inklusiv' den weiten Inklusionsbegriff zugrunde gelegt", heißt es auf der Homepage der "Aktion Mensch", "jeder Mensch soll sich gleichberechtigt und unabhängig von Behinderung, sozialer Herkunft, Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung oder sonstiger individueller Merkmale und Fähigkeiten an allen gesellschaftlichen Prozessen beteiligen können. Ziel von 'Kommune inklusiv' ist es, dass sich alle Menschen zugehörig fühlen: Menschen mit und ohne Behinderung, mit und ohne Migrationserfahrung, jung, alt, arm und reich, Mann, Frau und Kind." Auf den Punkt gebracht: Teilhabe und Barrierefreiheit für alle.

Was so alles genannt wurde
Hoffmann-Kuhnt und Seyler hatten zuvor einige Mühe gehabt, die zahlreichen Vorschläge für Verbesserungen schriftlich vor dem Abschlussforum festzuhalten. In drei Bereiche aufgesplittet (Haltung aller Menschen mit Freizeit und Kultur, Mobilität und Gebäude und Kernbedürfnisse des Menschen) wurden beispielsweise diese Anregungen in den Workshops erarbeitet: gleiches Recht und gleiche Möglichkeiten für alle, Talente fördern; das Wissen, das jeder Mensch anders ist; mehr Barrierefreiheit, Shuttlebus für Altenkirchen, Rampen in und aus Bussen und Bahnen, Wiederbelebung der Stadthalle, weitere Bordsteinabsenkungen, E-Tandems für Touren, höhere Radfahrmobilität, Rollstuhltandem, mehr inklusive Sportangebote, abends mehr los in der City, eine buntere und vielfältigere Stadt, mehr Begegnungen und mehr Hilfe untereinander, der Wunsch nach einem Kino, einer Eisbahn und einem Bowling-Center, und, und, und. City-Manager Bastian Prieß jedenfalls kam aus dem Mitschreiben erst mal nicht mehr hinaus… Er werde die neu gebildeten Gruppen der Zukunftswerkstatt intensiv begleiten, versprach er. Auch der (zweite) Beigeordnete der Stadt, Rüdiger Trepper, via Videokonferenz Zoom zugeschaltet, verfolgte interessiert die Anmerkungen, die in ihrer Vielzahl doch überraschten. Martin Weser vom Ohrenkuss-Magazin (1998 gegründet), das von Menschen mit Down-Syndrom geschrieben wird und zweimal im Jahr erscheint, trug zwei seiner Gedichte vor. Barbara Stahlheber, stellvertretende Leiterin des Diakonischen Werkes, und Prieß hatten die Tagung eröffnet.



Stadtspaziergang als Grundlage
Eine wesentliche Voraussetzung für die intensive Arbeit in der Landjugendakademie war in allererster Linie ein Stadtspaziergang am 23. Juni gewesen. "Was könnte besser sein in Altenkirchen?", gab Hoffmann-Kuhnt als Leitgedanken vor. Die Route durch die City mit Ziel Mehrgenerationenhaus "Mittendrin", die auch Trepper absolviert hatte, war den Überlegungen von Nadja Kehrle und Juliana Held, zwei Soziale-Arbeit-Studentinnen, die den praktischen Teil ihrer dualen Ausbildung bei der Lebenshilfe des Kreises Altenkirchen absolvieren, entsprungen. So wurden viele Punkte angesprochen, die es Menschen mit Behinderung schwerer als "normalen" machen wie die Bedienung des Fahrkartenautomaten am Bahnhof, die unterschiedlich in der Höhe angebrachten Busfahrpläne oder ein offenbar unvollständiges Blindenleitsystem. Gefördert wird die Zukunftswerkstatt aus dem Programm "Miteinander Reden" der "Bundeszentrale für Politische Bildung". Für die Teilnahme wurde das Diakonische Werk des evangelischen Kirchenkreises Altenkirchen als eines von 100 Projekten bundesweit (vier in Rheinland-Pfalz) ausgewählt, nachdem ein Antrag gestellt worden war.

Auch Wochenmarkt analysiert
Die Initiatoren vor Ort werden mit 10.000 Euro und einer Menge Know-how unterstützt. Es geht darum, den Dialog, Aushandlungsprozesse und Teilhabe im ländlichen Raum zu fördern mit konkreten Ideen, im Zusammenkommen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und zu Themen, die das Gemeinwesen und das Miteinander vor Ort herausfordern. Zuallererst wurde eine inklusive Steuerungsgruppe gegründet, die zwischen 2018 und 2020 mehrfach zusammenkam. Ihr gehörten acht Menschen mit Behinderung und zwei Moderatoren an, die als Multiplikatoren zu Themen der politischen Mitbestimmung geschult wurden wie in der Workshop-Reihe "Keine Werkstatt ohne Werkzeug" im Jahr 2021. Inzwischen ist sie zahlenmäßig ein wenig angewachsen. Teil dieses Prozesses war schon im Jahr 2019 ein beispielhafter Blick auf den Altenkirchener Wochenmarkt unter Berücksichtigung verschiedener behinderungsbedingter Perspektiven. Dabei entstanden kleinteilige, leicht umzusetzende Verbesserungsvorschläge wie ein größerer Abstand zwischen den Ständen (besser für Rollstuhlfahrer), die den Markt barrierefrei und gleichzeitig attraktiver für alle Bevölkerungsgruppen machen könnten. (vh)



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