Werbung

Nachricht vom 06.09.2023    

Fall des Monats: Verlustfrei zocken im Online-Casino

Kann eine Spielerin ihre in den Jahren 2015 bis 2020 in einem Online-Casino erlittenen Verluste in Höhe von insgesamt 632.250 Euro von deren Betreiberin zurückverlangen? Diese Frage hatte die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu entscheiden - und sie kam zu einem wohl eher überraschenden Urteil.

(Foto: Sang Hyun Cho/Pixabay)

Koblenz. Zum Sachverhalt: Die Beklagte ist ein führender Online-Glücksspiel-Anbieter aus Malta, der mehrere Online-CasinoSeiten betreibt und über eine Glücksspiellizenz der Glücksspielbehörde von Malta verfügt. Über eine entsprechende Glücksspiellizenz in Deutschland oder für das Bundesland Rheinland-Pfalz, wo die Klägerin wohnt, verfügte die Beklagte hingegen jedenfalls im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Spieleinsätze nicht. Die Internetseiten der Beklagten nebst den FAQ und den Geschäftsbedingungen sind vollständig auf Deutsch abgefasst.

In der Zeit vom 27. Dezember 2015 bis zum 2. Dezember 2020 verlor die Klägerin auf den Online-Casino-Seiten der Beklagten unter Berücksichtigung von Gewinnen (Einzahlungen abzüglich Auszahlungen) Spielbeträge von insgesamt 632.250,00 Euro. Die Klägerin ist der der Auffassung, dass aufgrund des damaligen gesetzlichen Verbot von Online-Glückspielen sie einen Rückzahlungsanspruch auf die geleisteten Einsätze habe. Weiterhin habe sie erst im Jahr 2022 erfahren, dass Online-Glückspiele im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erlaubt gewesen seien, sodass mögliche Rückzahlungsansprüche nicht verjährt seien. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Erstattung der Spieleinsätze in Höhe von 632.250 Euro.

Die Entscheidung
Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Die Klägerin habe einen Rückzahlungsanspruch auf die geleisteten und verlorenen Spieleinsätze in Höhe von 632.250,00 Euro, weil die Beklagte diese ohne Rechtsgrund erlangt habe. Der zwischen den Parteien geschlossene Online-Glückspielvertrag verstoße im streitgegenständlichen Zeitraum gegen ein gesetzliches Verbot und sei deshalb nichtig.

Zwar sei der Glückspielstaatsvertrag im Jahr 2021 neu geregelt und es bestünde nunmehr die Möglichkeit, eine Erlaubnis für öffentliche Glückspiele im Internet zu erhalten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage des Gesetzesverstoßes sei vorliegend aber Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts, sodass es auf die Frage einer etwaigen späteren Legalisierung des Angebots der Beklagten nicht ankomme.



Vorliegend könne sich die Beklagte auch nicht auf § 762 BGB berufen, weil diese Vorschrift nur greife, wenn die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt wird. Auch könne sich die Beklagte nicht auf § 817 S. 2 BGB berufen, wonach die Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn auch dem Leistenden ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt. Die Beklagte sei insoweit beweispflichtig geblieben, dass die Klägerin in subjektiver Hinsicht vorsätzlich verbotswidrig gehandelt oder sich der Einsicht in die Gesetzeswidrigkeit zumindest leichtfertig verschlossen hat. Ein lediglich objektiver Verstoß gegen das Verbotsgesetz genüge nicht.

Im Rahmen der persönlichen Anhörung der Klägerin ist die Kammer nicht zur der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin positiv wusste, dass Online-Glücksspiele in Deutschland (mit Ausnahme von Schleswig-Holstein) in dem streitgegenständlichen Zeitraum verboten waren. Die Klägerin habe sich problemlos auf der deutschsprachigen Webseite der Beklagten registrieren und auch die entsprechendenZahlungen vornehmen können. Im Übrigen drängt sich nicht ohne Weiteres auf, dass die gleichen Glücksspiele, die in Spielhallen und Casinos erlaubt sind, einem Totalverbot unterliegen, wenn sie im Internet angeboten und zudem in den Medien beworben werden. Hinzu kommt, dass die Beklagte über eine Lizenz in einem EU-Staat verfügt und ihre Leistungen in Deutschland frei zugänglich angeboten hat. Bei dieser Sachlage musste es sich für die Klägerin nicht aufdrängen, dass das aus dem europäischen Ausland stammende Online-Angebot verboten sein könnte. Schließlich seien die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt, weil die Beklagte beweisfällig geblieben ist, dass die Klägerin tatsächlich vor dem Jahr 2022 Kenntnis von der den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat. (PM)

Urteil vom 24.07.2023, Az.: 1 O 224/22 (nicht rechtskräftig)



Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Zwei Brände im ehemaligen Hotel Kannenbäckerland in Ransbach-Baumbach

Ransbach-Baumbach. Das einstige Hotel Kannenbäckerland in Ransbach-Baumbach wurde am Wochenende gleich zweimal von Flammen ...

Schwerer Verkehrsunfall auf der A3: Ein Toter und sechs Verletzte

Montabaur. Gegen 4.44 Uhr fuhr ein Pkw Ford am Sonntag die A 3 entlang, als der Fahrer nach links von der Fahrbahn abkam ...

Ministerrat beschließt Änderungen im Ehrensoldgesetz

Region. Der Ministerrat hat Innenminister Michael Eblings Vorschlag zugestimmt, das Ehrensoldgesetz zu ändern. Ziel ist es, ...

"Motorradtage 2024" im Stöffel-Park - Ein Festival für Zweiräder

Enspel. Die "Motorrad-Reise-Freunde Westerwald e.V." sind ein eingetragener Verein, dem sogar vom Amtsgericht Montabaur die ...

Riskantes Überholmanöver in Rennerod: Fußgänger und Hund entgehen knapp einer Kollision

Rennerod. Auf der Hauptstraße in Rennerod kam es am Nachmittag des 12. Mai 2024 zu einer Gefährdung eines Fußgängers durch ...

Brand in einer Lagerhalle: Entdeckung verhindert Katastrophe in Wirges

Wirges. Die Polizeidirektion Montabaur berichtete über einen Brand, der am Samstag (18. Mai) gegen 4 Uhr morgens, in einer ...

Weitere Artikel


Vortragsreihe über einfache Energiespartipps für den Alltag

Region. Die Reduzierung des Stromverbrauchs und der Heizenergie machen sich direkt im Geldbeutel der Verbraucher:innen bemerkbar ...

Naturschutzinitiative: Lasst die Wölfe leben

Region. „Auch der Wolf ist Teil der Biodiversität und muss geschützt werden. Er ist als Beutegreifer ein wichtiges Element ...

Westerwälder Rezepte - Gedeckte Birnentorte

Dierdorf. Zutaten:
Boden und Deckel:
200 Gramm Weizenvollkornmehl)
100 Gramm Vollkorn-Dinkel-Mehl
75 Gramm Mais (Gries)
1 ...

Radwanderung zum Altklosterhof

Limbach. Der Weg dorthin führt vom Wanderdorf Limbach zunächst nach Marienstatt, wohin die Heisterbacher Mönche ihr "Westerwaldkloster" ...

Deutsche Meisterschaft im Schneepflugfahren in Koblenz

Koblenz. Der amtierende Deutsche Meister stammt aus den Reihen der Niederlassung: Die beiden Rheinland-Pfälzer Matthias Rudolph ...

Handwerkskammer Koblenz: Ausbildungszahlen im Handwerk steigen deutlich

Koblenz. "Das ist ein starkes Signal und unsere zahlreichen Anstrengungen im Sinne der Fachkräftesicherung tragen Früchte", ...

Werbung