Werbung

Nachricht vom 08.12.2016    

Schüler setzten sich kritisch mit Volkstrauertag auseinander

Ist Krieg nötig, um Krieg zu bekämpfen? Ist Friedfertigkeit eine Utopie? Und brauchen wir heute noch einen Tag, an dem wir Kriegsopfern gedenken, obwohl in Deutschland seit Jahrzehnten Frieden herrscht? Fragen, die eine 11. Klasse des Gymnasiums in Kannenbäckerland noch immer beschäftigen: Die Schüler des Leistungskurses Geschichte hatten den diesjährigen Volkstrauertag in Höhr-Grenzhausen mitgestaltet, doch bei vielen hat dieser 13. November einen schalen Beigeschmack hinterlassen.

Die evangelische Pfarrerin Monika Christ (2. von links, neben Pfarrer Alfred Much (links) und Stadtbürgermeister Michael Thiesen) hatte zur Diskussionsrunde mit den Höhr-Grenzhäuser Gymnasiasten eingeladen. Fotos: Peter Bongard

Höhr-Grenzhausen. Sie und andere Besucher fanden es unangemessen, dass an solch einem Tag an die Notwendigkeit von Kriegen erinnert wurde. Aus diesem Grund hat die evangelische Pfarrerin Monika Christ nun zu einer Diskussion mit Schülern und deren Lehrerin Sarah Neidhardt, Stadtbürgermeister Michael Thiesen und ihrem katholischen Kollegen Alfred Much eingeladen, um noch einmal in Ruhe und aller Offenheit über den Volkstrauertag zu sprechen.

Das bedeutet auch, ehrlich über dessen Sinnhaftigkeit zu diskutieren. Schließlich ist das öffentliche Interesse an der Gedenkfeier für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft nicht nur in Höhr-Grenzhausen überschaubar, und Jugendliche bleiben der Veranstaltung oft komplett fern. Ist der Volkstrauertag in unserer Gesellschaft also überhaupt noch zeitgemäß? „Auf uns Jugendliche wirkt er manchmal veraltet“, gibt zum Beispiel Kester zu, einer der Schüler des Geschichts-Leistungskurses. „Er spricht eher diejenigen Menschen an, die direkt vom Krieg betroffen waren – und davon gibt es inzwischen immer weniger.“ Dabei ist das Thema keines, was mit einer bestimmten Generation verknüpft sein darf, findet Kester, denn Kriege sind leider zeitlos. Seine Mitschülerin Linda glaubt ebenfalls, dass der Volkstrauertag ein Problem mit seiner Außenwirkung hat. „Frieden stiften ist nicht nur eine Sache der älteren Generation, sondern geht uns alle an. Was das betrifft, müsste rund um den Volkstrauertag mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden.“

Auch Pfarrerin Christ findet, dass der Volkstrauertag über die Köpfe der jungen Leute hinweggeht: „Gerade die jungen Menschen sollten sich für solch eine Veranstaltung einsetzen und auch in deren Planung und Konzeption mit einbezogen werden“, findet sie.

Ideen dafür haben die Jugendlichen: Schon dieses Jahr haben sie sich im Geschichtsunterricht intensiv auf den Tag vorbereitet und zwei bewegende Fluchtgeschichten erzählt – eine aus den Zweiten Weltkrieg und eine aktuelle. Geschichten, die sich auf erschreckende Art und Weise gleichen und die zeigen, dass das Gedenken an die Opfer von Krieg und Verfolgung zeitlos ist. „Es ist wertvoll und wichtig, dass es den Volkstrauertag gibt“, fasst der katholische Pfarrer Alfred Much zusammen. „Die Frage ist nur, wie wir ihn gestalten können, sodass er auch künftige Generationen berührt.“



WW-Kurier Newsletter: So sind Sie immer bestens informiert

Täglich um 20 Uhr kostenlos die aktuellsten Nachrichten, Veranstaltungen und Stellenangebote der Region bequem ins Postfach.

Wohlgemerkt: berührt, nicht befremdet. Während der jüngsten Gedenkfeier in Höhr-Grenzhausen stand während einer Rede die These im Raum, dass Krieg die einzige Methode sein kann, Krieg zu zerstören und im Umkehrschluss Friedfertigkeit gegenüber Despoten wirkungslos ist. Solche Aussagen liegen den Schülern auch noch zwei Wochen später schwer im Magen: „Dadurch fühlten wir uns in unserem Appell nach Toleranz und Frieden nicht ernst genommen“, fasst Kester seine Gefühle und die seiner Altersgenossen an jenem Vormittag im November zusammen. „Schließlich geht es am Volkstrauertag darum, der Opfer von Kriegen zu gedenken und zum Frieden zu mahnen. An solch einem Tag daran zu erinnern, dass Krieg manchmal sein muss, finde ich schräg.“ Zumal die jüngere deutsche Geschichte zeigt, dass es anders geht, sagt Stadtbürgermeister Michael Thiesen: „Die deutsch-französische Freundschaft ist doch ein wunderbares Beispiel dafür, wie selbst Erzfeinde durch Versöhnung einen tiefen Frieden ohne Waffen schaffen können.“

Das Gespräch im Gymnasium hat also gezeigt, dass Trauer und Gedenken auch in unserer Zeit noch ihren Platz haben müssen. Das Mahnen für Frieden ist heute so wichtig wie damals; der Einsatz für die Verfolgten aktueller denn je. (bon)


Lokales: Höhr-Grenzhausen & Umgebung

Jetzt Fan der WW-Kurier.de Lokalausgabe Höhr-Grenzhausen auf Facebook werden!

Weitere Bilder (für eine größere Ansicht klicken Sie bitte auf eines der Bilder):
   


Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Zwei Brände im ehemaligen Hotel Kannenbäckerland in Ransbach-Baumbach

Ransbach-Baumbach. Das einstige Hotel Kannenbäckerland in Ransbach-Baumbach wurde am Wochenende gleich zweimal von Flammen ...

Schwerer Verkehrsunfall auf der A3: Ein Toter und sechs Verletzte

Montabaur. Gegen 4.44 Uhr fuhr ein Pkw Ford am Sonntag die A 3 entlang, als der Fahrer nach links von der Fahrbahn abkam ...

Ministerrat beschließt Änderungen im Ehrensoldgesetz

Region. Der Ministerrat hat Innenminister Michael Eblings Vorschlag zugestimmt, das Ehrensoldgesetz zu ändern. Ziel ist es, ...

"Motorradtage 2024" im Stöffel-Park - Ein Festival für Zweiräder

Enspel. Die "Motorrad-Reise-Freunde Westerwald e.V." sind ein eingetragener Verein, dem sogar vom Amtsgericht Montabaur die ...

Riskantes Überholmanöver in Rennerod: Fußgänger und Hund entgehen knapp einer Kollision

Rennerod. Auf der Hauptstraße in Rennerod kam es am Nachmittag des 12. Mai 2024 zu einer Gefährdung eines Fußgängers durch ...

Brand in einer Lagerhalle: Entdeckung verhindert Katastrophe in Wirges

Wirges. Die Polizeidirektion Montabaur berichtete über einen Brand, der am Samstag (18. Mai) gegen 4 Uhr morgens, in einer ...

Weitere Artikel


DRK Krankenhaus Altenkirchen-Hachenburg: Ehrung und Abschied

Altenkirchen/ Hachenburg. Für 14 Mitarbeiter des DRK Krankenhauses Altenkirchen-Hachenburg hieß es, Abschied vom Berufsleben ...

Start der Baumaßnahme zu Seniorenzentrum St. Franziskus

Selters. Ergänzt wird das Angebot durch eine angegliederte Tagespflege mit zwölf Plätzen. Das geplante Gebäude wird seinen ...

LKW-Fahrer und Autofahrer flüchtig – Zeugen gesucht

Mündersbach. Am Mittwoch, 7. Dezember, um 6.20 Uhr ereignete sich in der Koblenzer Straße in Mündersbach ein Verkehrsunfall, ...

Überbetriebliche Friseurausbildung im neuen Gewand

Region. Friseurmeister aus allen Teilen Deutschlands besuchten in diesen Tagen bei der Handwerkskammer (HwK) Koblenz ein ...

Ehrungen Fußballverband Rheinland beim SV Mörlen

Mörlen. Im Auftrag des FVR und des Fußballkreises nahm Willi Simon, Vorstandsmitglied des Fußballkreises WW/S nun die Ehrungen ...

Verleihung des Sport-Obelisken 2016 an Hans-Werner Rörig

Gehlert. Region. Aus diesem Grunde wurde im Jahr 1996 der Sport-Obelisk vom Innen- und Sportminister Walter Zuber gestiftet, ...

Werbung