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Nachricht vom 11.04.2021    

Orgel in Hof erklingt künftig mit Bits und Bytes

Der junge Organist Leo Wildauer haut in die Tasten: Er spielt die ersten Takte der berühmten Toccata in d-Moll (BWV565) von Johann Sebastian Bach, und die Töne schallen wie eine Fanfare durchs Innere der Evangelischen Kirche in Hof.

Die Pfeifen, die Oliver Schmidt einsetzt, dienen nur noch der Optik. Ansonsten hat der Experte die Orgel der Evangelischen Kirche in Hof komplett auf digitale Technik umgerüstet. Fotos: Peter Bongard

Hof. Das Besondere: In der rund 60 Jahre alten Kirchenorgel, an der Leo Wildauer sitzt, befinden sich fünf Lautsprecher statt Tausender Pfeifen. Der königliche Klang ist trotzdem unverkennbar – nur eben digital statt analog: Die Evangelische Kirchengemeinde Bad Marienberg, zu der Hof gehört, setzt künftig auf eine virtuelle Kirchenorgel, die mit Bits und Bytes statt mit Wind und Pfeifen Klänge erzeugt.

Und das gelingt dem Instrument sehr überzeugend: Im Inneren der Orgel werkelt ein leistungsstarker PC mit der Software „Hauptwerk“. Das ist ein Programm, in dem die Klänge verschiedener (realer) Kirchenorgeln digital aufgenommen wurden. Spielen lassen sich diese Klangfarben über die Tastatur der Orgel in Hof. „Der Clou ist: Jeder einzelne Ton, jede einzelne Pfeife wurde mehrmals aufgenommen – mit unterschiedlichen Anschlagsstärken und –dauern, inklusive aller mechanischen Nebengeräusche“, erklärt Oliver Schmidt, dessen Unternehmen für den Umbau der Orgel verantwortlich ist. Um den Klang so realistisch wie möglich werden zu lassen, ertönt also nicht nur der Ton einer Pfeife, sondern auch das „Atmen“ des Balges, das Klappern der Tasten-Mechanik, die Windgeräusche – eben all das, was den Orgelklang lebendig werden lässt. „Man kann sogar eine Zufalls-Verstimmung programmieren. Eine echte Orgel hält schließlich auch nicht immer hundertprozentig die Stimmung“, sagt Oliver Schmidt. Das Ergebnis dieser Detailversessenheit: ein verblüffend authentischer Klang, den wohl nur noch geübte Hörer von dem einer echten Pfeifenorgel unterscheiden können.

Die Digitaltechnik hat aber noch einen anderen Vorteil: Die Orgel in Hof ist mit dem sogenannten MIDI-System ausgerüstet. MIDI ist ein Standard, der es erlaubt, dass elektronische Instrumente per Kabel miteinander kommunizieren. So kann der Organist beispielsweise einen Klavierklang über die Orgeltastatur spielen. MIDI hat aber noch einen anderen Vorteil, sagt Pfarrer Karl Jacobi: „Unser Organist könnte in der Woche ein Stück auf der Orgel einspielen, speichert das dann ab, und falls er am Wochenende verhindert ist, spiele ich diese Aufnahme einfach per Tastendruck ab.“

Doch das Wichtigste ist, dass das Instrument einen überzeugenden Orgelklang hat. Und das hat es – übrigens für deutlich weniger Geld im Vergleich zu einem ähnlich großen analogen Modell. Der digitale Umbau der Orgel schlägt mit rund 10.000 Euro zu Buche. Das klingt zunächst einmal viel. „Die alte Orgel hatte aber einen Reparaturstau von mindestens 20.000 Euro“, sagt Pfarrer Jacobi. „So gesehen haben wir also 10.000 Euro eingespart, und eine neue, klassische Orgel in ähnlicher Größe kostet gerne schon mal eine halbe Million.“ Außerdem fallen die jährlichen Wartungskosten weg, die bei einem mechanischen Instrument fällig werden. „Sollte an der digitalen mal was dran sein, kostet das in der Regel nicht viel“, sagt Oliver Schmidt. „Es gibt einen Drei-Jahres-Wartungsvertrag, und der Computer, der im Inneren arbeitet, löst sich ja nicht einfach so in Luft auf, sondern kann bei Bedarf nach einigen Jahren hochgerüstet werden.“



Dass viele Puristen solche digitalen Instrumente trotzdem nicht mögen, weiß Oliver Schmidt: „Das ist mir aber offen gesagt egal“, sagt der Experte, der selbst Organist und Chorleiter ist. „Schon vor 30 Jahren war die Technik so gut, dass eine elektronische Orgel in der Akustik einer großen Kirche schwer von einer klassischen auseinanderzuhalten war. Heute ist die Technik nochmal ein ganzes Stück weiter.“ Pfarrer Karl Jacobi pflichtet ihm bei: „Für den praktisch denkenden Pfarrer mit begrenzten Mitteln ist solch ein Instrument ein Geschenk.“ (bon)

Im Detail:
Pfeifen dienen in Hof nur noch der Optik
Die Klangfarben einer klassischen Kirchenorgel werden von unterschiedlichen Pfeifentypen erzeugt, die in sogenannten Registern zusammengefasst werden. Diese Register kann der Organist am Spieltisch ein- oder abschalten. Die digitalen Register an der Orgel in Hof werden mittels eines Touchscreens bedient. Viele der Pfeifenorgeln in den evangelischen Kirchen des Westerwalds haben zwischen ein- und zwei Dutzend Registern und somit mehrere Hundert, manchmal sogar mehrere Tausend Pfeifen. Auch in der Orgel in Hof befinden sich noch einige Pfeifen – allerdings nur an der Front, dem sogenannten Prospekt: Sie dienen rein optischen Zwecken und verbergen die Lautsprecher und die Technik, die sich im Inneren befinden.


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