Hightech im Selterser Kindergarten
Der städtische Kindergarten Sonnenschein in Selters ist derzeit gespickt mit technischen Geräten, die zeigen sollen, ob ein ausgeklügeltes System von Luftreinigern tatsächlich in der Lage ist, die Aerosole in der Luft zu minimieren. Die Else Schütz Stiftung ermöglicht das Pilotprojekt.
Selters. „Die Else Schütz Stiftung hat einen engen Bezug zu Selters, weil hier die Zentrale des Stammkonzerns ist“, erklärt Geschäftsführer Dr. Johann Christian Meier, „daher halten wir es für sehr wichtig, das Risiko für eine Infizierung der Kinder zu reduzieren.“ Er macht deutlich, dass besonders die kleinen Kinder durch Corona eingeschränkt seien, weil sie keine Masken tragen könnten und keine Impfung in Sicht sei. Dr. Meier hat sich selbst umfangreich über die Effektivität der Geräte informiert, aber in der Kita will er es genau wissen und ergänzt: „Zeigt der Praxistest, dass die Geräte wirksam sind, signalisiert die Else Schütz Stiftung die Bereitschaft, die Kosten für deren Anschaffung zu übernehmen.“
Kitaleiterin Elke Pollatz sieht in den Geräten die Chance für etwas mehr Normalität im Leben der rund 80 Kinder und dankte der Else Schütz Stiftung für deren Engagement. Hanno Steindorf, der 1. Beigeordnete der Stadt Selters und somit Vertreter des Trägers der Einrichtung, sieht besonders in Kitas einen hohen Bedarf an Luftreinigung: „Im Gegensatz zu Schulkindern können die Kleinkinder keine Masken tragen, brauchen die körperliche Nähe und sind viel mehr in Bewegung, was Aerosole aufwirbelt“. Ihm ist die Luftreinigung auch langfristig wichtig, denn auch Erkältungskrankheiten und Allergien seien weit verbreitet, plagten die Kinder und sorgten für einen hohen Krankenstand bei den 17 Erzieherinnen.
Matthias Baun von der Firma DEMA-airtech GmbH erklärte das Wirkungsprinzip der Geräte: Infektionen finden zu 99 Prozent in Räumen statt. Viren lagern sich an Aerosolen an, also kleinen Partikeln und Tröpfchen in der Luft, verbleiben dort lange und können schwebend weite Strecken zurücklegen. Die aufgestellten Geräte sollen nun diese Aerosole aus der Luft entfernen. Dass sie das effektiv tun, ist in vielen Laborsituationen bewiesen worden. Messungen sollen jetzt nachweisen, ob dies auch in den komplizierten Raumsituationen einer Kita mit Stellwänden, kleinen Raumecken und Fahnen an der Decke funktioniert.
Für die Messung ist Diplom-Ingenieur Wolfgang Schreier vom SGS Institut Fresenius zuständig. Er bringt künstliche und völlig ungefährliche Test-Aerosole über Ventilatoren in den Raum ein. 10 bis 20 Mal mehr Teilchen fliegen nun durch die Luft des Kita-Flurs. Nun misst er, wie lange es dauert, bis die aufgestellten Geräte die Luft auf die ursprüngliche Qualität gereinigt haben. Dabei wird die Luft bis zu fünf Mal komplett ausgetauscht, man merkt es an einem leichten Luftzug im Raum. Erste Messung zeigen, dass die Raumluft nach 30 bis 45 Minuten wieder gereinigt ist. Das sei ein gutes Ergebnis, meint Schreiner. Er macht klar, dass die Geräte die CO2-Belastung nicht verändern können und Lüften trotzdem nötig sei.
Matthias Baun baut einen Luftreiniger auseinander und weist daraufhin, dass diese Technik schon seit Jahrzehnten im Einsatz sei. Er zeigt den Vorfilter, der Fusseln und Haare abhalten soll und den dahinterliegenden eigentlichen Luftfilter, der alles herausfiltert, was größer ist als 2,5 Mikrometer, das sind 0,0025 Millimeter. Aber auch noch kleinere Partikel werden aufgefangen. Ein weiterer Filter aus Aktivkohle soll organische Schadstoffe wie Formaldehyd aufhalten, und ein mit Titandioxid beschichtetes und mit UV-Licht bestrahltes Aluminiumgitter wirkt desinfizierend, weil es am Gitter zu einer chemischen Reaktion, der Fotokatalyse, kommt, die chemische Schadstoffe zersetzt. Neben den Filtern sorgt ein Plasmafeld dafür, dass die Viren und andere Schwebestoffe mit Teilchen beschossen und somit zerstört werden.
Ein Luftreiniger für den Einsatz in der Kita kostet je nach Größe und Bauart zwischen 1.000 und 4.000 Euro. Die Messung soll auch zeigen, in welchen Räumen der Einsatz sinnvoll ist. Die Papierfilter könne man rund ein Jahr benutzen, sie würden währenddessen sogar effektiver, weil die festgesetzten Partikel die Poren verkleinerten, erklärt Baun. Anschließend könne man sie bedenkenlos wegwerfen.
Und was sagen die Kinder dazu? Elke Pollatz erzählt, dass die Kinder durchaus verstehen, dass die Geräte die Luft sauber machen. Sie seien ziemlich sensibel und könnten Corona-Regeln bei der Toilettennutzung ganz gut einhalten. Beim Spielen wären die Regeln aber schnell vergessen. „Kinder brauchen die gegenseitige Nähe, und wir dürfen ihnen auch keine Angst machen“, sagt Elke Pollatz. (PM)
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