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Nachricht vom 05.06.2021    

Geriatrie muss ganzheitlich vorgehen

So ist es nur folgerichtig, dass die Krankenhausgesellschaft St. Vincenz die Geriatrie am St. Vincenz Diez deutlich stärkte und aus der Sektion mit 15 Betten eine Hauptabteilung mit 40 Betten machte.

Doktor Cornelia Lippold, Chefärztin der Geriatrie in Diez. Fotos: St. Vincenz

Diez-Limburg. Warum Medizin für alte Menschen vor allem Teamarbeit ist, welche Herausforderungen, aber auch welche Chancen in dieser Arbeit liegen, darüber informiert Chefärztin Dr. Cornelia Lippold in einem Rückblick auf ihre ersten 100 Tage am St. Vincenz Diez:

War die Erweiterung der Geriatrie eine richtige Einschätzung der Klinikleitung? Hat sich diese Prognose bereits nach so kurzer Zeit bestätigt?
Lippold:
Ja. Wir haben trotz der dritten Welle der Covid-Pandemie genügend Anfragen zur Aufnahme, so dass wir nach Covid von einer stabilen Auslastung der angestrebten 40 Betten ausgehen und in der Folgezeit über eine weitere Erweiterung nachdenken können.

Welche Rolle nimmt die Geriatrie in der Versorgung der Region ein?
Lippold:
Bislang nahmen wir während der dritten Corona-Welle der Covid-Pandemie aus Kapazitätsgründen überwiegend Patientinnen und Patienten aus anderen Krankenhäusern zur Weiterbehandlung auf. Mein Wunsch ist es, vermehrt ältere Akutpatienten aus der Region aufzunehmen.

Wie wirkt sich die unmittelbare Nachbarschaft mit der Inneren Medizin am Standort Diez aus, ist dies ein Benefit für Ihre Arbeit?
Lippold:
Dies ergibt sich schon aus den Grundausrichtungen der Geriatrie mit speziellen Konzepten für ältere Menschen und den sich daraus ergebenden Fachfragen zur Kardiologie oder Gastroenterologie. In diesem Kontext ist das direkte Zusammenwirken mit der Inneren Abteilung unter Dr. Amani ein großer Vorteil, wir praktizieren hier Medizin auf kurzem Wege.

Wie bewerten Sie rückblickend Ihre erste Zeit am St. Vincenz Diez?
Lippold:
Wir hatten einen starken Start, obwohl Corona natürlich die Aufnahmemodalitäten und Behandlungsmöglichkeiten, aber auch die Neubeschaffung notwendiger Hilfsmittel wegen der langen Lieferzeiten deutlich erschwert hat. Gleichzeitig müssen wir noch einiges verändern, auch im Blick auf unsere Wahrnehmung. Wir sind eine Akutgeriatrie, keine rein rehabilitative Einrichtung. Das heißt, Patienten müssen immer akut stationär behandlungsbedürftig sein, um aufgenommen werden zu können.

Welcher Bedarf hat sich seit Ihrem Start hier als besonders dringlich herausgestellt, welche diagnostischen und therapeutischen Bereiche werden besonders angenommen?
Lippold:
Mit der geplanten Erweiterung unseres „Geräteparks“ werden wir auch ein größeres Spektrum an physikalischen Therapien anbieten können. Physiotherapeutische Maßnahmen wirken sich gerade auch bei alten Menschen sehr positiv aus. Zudem wird die Erweiterung der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen die Qualität der Behandlung weiter erhöhen.

Was hebt die Geriatrie von anderen Angeboten ab? Welches sind Ihre besonderen Behandlungsschwerpunkte?
Lippold:
Der ganzheitliche diagnostische und therapeutische Ansatz: Der geriatrische Patient ist multimorbide mit Erkrankungen aus mehreren Fachbereichen. Die verschiedenen Krankheitsbilder müssen diagnostiziert und die Behandlung aller einzelnen Erkrankungen muss sorgfältig aufeinander abgestimmt werden (Stichwort Polypharmazie, Medikamenteninteraktion). Im Gegensatz zu manch anderen Fachbereichen wird in der Geriatrie nicht nur medikamentös behandelt. Die Behandlung gelingt nur im Team: Ärzte, Pfleger, Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen, Seelsorger und Ernährungsberater gehören dazu. Deshalb sind die wöchentlichen Teamkonferenzen gerade in unserem Bereich so eminent wichtig.



Neben der Behandlung der Grunderkrankungen liegt der Behandlungsschwerpunkt in der Mobilisierung der Patienten, damit sie wieder größtmögliche Selbstständigkeit erlangen, um möglichst wieder in die häuslichen Verhältnisse zurückkehren zu können. Falls noch Hilfsbedürftigkeit besteht, wird zusätzlich die weitere Versorgung des Patienten geplant und organisiert.

Welche Herausforderungen und Chancen sehen Sie für die Zukunft der Geriatrie in Diez?
Lippold:
Ganz grundsätzlich ist und bleibt es in Zeiten von Corona eine Herausforderung, mit den vielen erforderlichen Einschränkungen Geriatrie zu betreiben. Darüber hinaus ist es wie in fast allen anderen medizinischen Bereichen essentiell, ausreichend ausgebildetes Fachpflegepersonal zu akquirieren. Gleichzeitig sehe ich mit der stetigen Zunahme der Anzahl an älteren Patienten auch Chancen: Dass sich zum Beispiel zunehmend die Einsicht durchsetzt, dass die Förderung des älteren Menschen noch möglich und sinnvoll ist.

Was ist für Sie persönlich so faszinierend an der Arbeit mit alten Menschen?
Lippold:
Die Dankbarkeit der Patienten ist immer wieder besonders berührend. Darüber hinaus kann man viel von der Erfahrung der älteren Menschen lernen, vor allem im Blick auf die Gelassenheit im Umgang mit Dingen, die unabänderlich sind…

Was liegt Ihnen in der Behandlung Ihrer Patienten besonders am Herzen?
Lippold:
Im Rahmen ihrer Möglichkeiten die besonderen Wünsche der Patienten zu erfüllen: größtmögliche Selbstständigkeit, größtmögliche Schmerzfreiheit und Zufriedenheit.

Was liegt Ihnen im klinischen Alltag besonders am Herzen?
Lippold:
Höchste Priorität hat es für mich, neben dem „Papierkrieg“ noch möglichst viel Zeit „am Patientenbett“ zu verbringen.

Gibt es ein Leitmotiv für Ihre Tätigkeit?
Lippold:
Man kann den Körper nicht ohne die Seele heilen und die Seele nicht ohne den Körper. (PM)



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