Wäller Markt soll noch in diesem Sommer starten
Von Wolfgang Tischler
Der Onlinehandel boomt. Er hat im Jahr 2020 um satte 23 Prozent zugelegt. Die Westerwälder Einzelhändler können mittels des Wäller Markts davon profitieren. Dies war auch Thema in der jüngsten Ratssitzung der VG Dierdorf. Zahl der Unterstützer nimmt kontinuierlich zu.
Bad Marienberg. „Hilfe, meine Kunden kaufen online. Was nun?“ Diese Frage stellen sich derzeit viele Einzelhändler auch im Westerwald. Der Marketingexperte und Berater für das regionale Bündnisprojekt „Wäller Markt“, Wendelin Abresch, skizzierte bei einer „Phönix“-Veranstaltung zum Thema „Marketing-Mix und Online-Verkauf die neuesten Zahlen: Der Umsatz aus dem Online-Handel in Deutschland hat sich im Jahr 2020 mit 73 Milliarden Euro netto um 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht (Studie IFH Köln E-Commerce). Dieser Trend wird sich fortsetzen, denn das Kundenverhalten hat sich drastisch verändert: Konsumenten schätzen bequemes, schnelles und passgenaues Einkaufen.
„Viele, die während der Pandemie erstmals online gekauft haben, werden dabeibleiben. Und das wird zu Lasten des stationären Einzelhandels gehen, wenn er sich nicht zusätzlich für den Online-Verkauf aufstellt“, heißt es zum Beispiel aus dem Kreishaus Neuwied von Landrat Achim Hallerbach. Auf der anderen Seite gibt es den klaren Trend des Einkaufs vor Ort. Beides ist vereinbar mit dem „Wäller Markt“.
Als genossenschaftlich betriebene, digitale Verkaufsplattform ist er ein Beispiel für einen regionalen Online-Marktplatz mit Erfolgsaussichten: Denn für ihn haben sich die drei Landkreise Altenkirchen, Neuwied und Westerwald mit ihren rund 512.000 Einwohnern zusammengeschlossen. So kann ein Marktgebiet entstehen, das ein ausreichend breites Sortiment von 200 bis 300 Händlern und ein Schaufenster für alle Gewerbetreibenden bietet. Damit verbunden ist eine eigene Lieferlogistik. Und das hat viele Vorteile für die ganze Region: Die regionalen Erzeuger und mittelständischen Händler bleiben erhalten, Leerstände werden vermieden, Ausbildungs- und Arbeitsplätze existieren weiterhin.
Vor diesem Hintergrund kam auch das Projekt auf die Tagesordnung des Verbandsgemeinderates in Dierdorf. Gebietskörperschaften können zwar kein Genossenschaftsmitglied werden, jedoch ist eine Förderung in Form eines Zuschusses möglich. Der mit der Kommunalaufsicht abgestimmte Richtwert liegt bei 0,50 Euro je Einwohner. Für die VG Dierdorf bedeutet dies ein Zuschuss von 5.500 Euro. Im Interesse des heimischen Einzelhandels stimmt der Rat mehrheitlich der Förderung zu.
Die Wäller Markt eG meldet bereits mehr als 200 Mitglieder und das Genossenschaftskapital wuchs schon auf über 100.000 Euro an. Ein positives Signal kommt auch aus der Bevölkerung. Viele Mitglieder haben als Privatperson Anteile gezeichnet und somit signalisiert, dass die Konsumenten auf einen solchen Marktplatz warten. Unterstützung kommt auch von den Gewerbevereinen, die ihren Mitgliedern empfehlen dem Wäller Markt beizutreten.
Für alle Einzelhändler, die noch keinen Online-Shop haben, rät Marketingexperte Abresch, sich drei Fragen zu stellen: Bringe ich die nötige Konsequenz auf, zwei bis drei Jahre in den Aufbau eines Online-Shops zu investieren, bis er sich finanziell lohnt? Wo sitzen meine Kunden – richte ich mich regional oder national aus? Will ich online als Unterstützung für das stationäre Geschäft oder als zweites Standbein? Sein Fazit: Der „neue stationäre Handel“ muss seine Stärken ausspielen und gleichzeitig neue Attribute bedienen: inspirierender, emotionaler, digitaler und nachhaltiger. Der lokale Bezug wird für den Handel immer wichtiger.
(woti)
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