Anwohner kritisieren hohes Aufkommen an Schwerlastverkehr
Von Thomas Sonnenschein
Ohne Unterlass donnern schwere Lastkraftwagen durch die kleine Ortsgemeinde Rothenbach. Die Anwohner sind entnervt und ratlos. Harald Ulrich vom SPD OV Westerburger Land lud Lutz Nink vom LBM Diez und den Westerwälder SPD-Abgeordneten Hendrik Hering ein zum Anwohnergespräch.
Rothenbach. Die B255 geht von Montabaur aus bis zum Hahner Stock voll ausgebaut an allen kleineren Ortschaften vorbei. Weiter nach Süden, wo sie zur B49 wird, sogar durchgehend bis nach Koblenz. Nach Norden hin merkt angesichts der Dichte an Lastkraftwagen jeder Verkehrsteilnehmer sofort, wo das ausgebaute Teilstück aufhört. Der erste Ort, durch den die B255 dann wieder mitten hindurchführt, ist Rothenbach. Kein Fahrbahnteiler bremst die Verkehrsgeschwindigkeit, ein LKW nach dem anderen durchquert die kurvenreiche Ortsgemeinde.
Anwohner Heinz-Dieter Dreier wurde der zunehmende Verkehrslärm, vor allem nachts, zur Qual. Er investierte auf eigene Kosten viel Geld in Schallschutzfenster. Jetzt kann er zwar besser schlafen, aber er hat den Verdacht, dass viele Verkehrsteilnehmer, auch Lastwagen, viel zu schnell durch den Ort fahren, vielleicht, weil sie zuvor von Süden her über viele Kilometer keinen weiteren Ort passieren mussten. Gerüchte machten im Dorf die Runde, wonach ein ehemaliger Gastwirt seine Gäste nach Hause gefahren hat, damit sie nicht auf der B255 überfahren werden. Als Dreier dann eine Mutter beobachtete, die ihr Kind zum Kindergarten bringen wollte und angesichts der Verkehrsdichte Schwierigkeiten hatte, die Hauptstraße zu überqueren, platzte ihm der Kragen. Er wandte sich an den Bürgermeister Holger Bäcker und an Harald Ulrich, den Vorsitzenden der SPD OV Westerburger Land, und forderte eine Lösung. Ulrich organisierte eine Bürgerfragerunde direkt am Ort des Geschehens, bei der mehrere Anwohner ihre Anliegen direkt bei Lutz Nink, dem Leiter des Landesbetriebes Mobilität (LBM) Diez, Ortsbürgermeister Holger Bäcker und dem SPD-Abgeordneten Hendrik Hering vortragen konnten.
Bäcker realisierte zuvor in Zusammenarbeit mit der Verbandsgemeinde Westerburg eine einwöchige Messung und Zählung des Verkehrs. Die Messung ergab, dass die Geschwindigkeit weitestgehend eingehalten wurde, der Schnitt liegt bei 51 Stundenkilometern. Die Messung wurde an einem langen Wochenende bis einschließlich Montag durchgeführt, wodurch nur am Montag 9.500 Fahrzeuge binnen 24 Stunden gemessen wurden. Weitere Anwohner kritisierten dies aufgrund des Feiertages als nicht aussagekräftig genug und wollen weitere Messungen und Zählungen. Immerhin ergab Bäckers Ergebnis einen tatsächlichen Anteil von rund 25 Prozent Schwerlastverkehr. Dies bedeutet für die kleine Ortsdurchfahrt alleine für den gemessenen Montag eine Belastung von knapp 100 LKW pro Stunde, und das rund um die Uhr.
„Das ist natürlich eine große Belastung“, stimmte Hendrik Hering zu und bejahte, dass Rothenbach eine Umgehung brauche. Allerdings würden bis zur Realisierung noch viele Jahre vergehen. Nink bekräftigte, dass es derzeit nicht einmal im Ansatz dazu irgendwelche Planungen gebe. Der kilometerlange Ausbau südlich von Rothenbach sei natürlich auch attraktiv für die Verkehrsteilnehmer, ist also auch einer der Gründe, weshalb das Verkehrsaufkommen stetig steige. Neben den kommunalen Zählungen gäbe es auch eine Bundesverkehrszählung, die alle fünf Jahre aktualisiert werde. Die Tendenz sei klar erkennbar, eine Reduzierung sei derzeit leider völlig ausgeschlossen.
Bäcker bat Nink darum, dass der LBM unterstützend in Rothenbach eine längerfristige Zählung des Verkehrs und eine Messung der Geschwindigkeit zeitnah durchführen möge. Sollte sich entgegen der ersten Messungen ergeben, dass die Geschwindigkeit zu hoch ist, würde ein Fahrbahnteiler am Ortseingang beantragbar sein. Alternativ käme ein Tempolimit während der Nachtruhezeiten von 30 Stundenkilometern in Frage. Bei entsprechendem Antrag prüft der LBM, inwieweit das zweckdienlich sein wird. Ein derartiges Tempolimit ist in der Regel ab einem Verkehrsaufkommen von 10.000 Fahrzeugen je Stunde möglich, angesichts des hohen Schwerlastverkehr-Anteils sei es aber auch schon früher realistisch, äußerte sich Nink. Zudem seien Lärmsanierungen für Privatanlieger zu 70 Prozent zuschussfähig. Allerdings würden dafür aufwendige Pegel-Messungen in jedem betroffenen Zimmer notwendig.
Ein Fußgängerüberweg hingegen sei nicht förderfähig, da in dem Dorf zu wenige die Straße überqueren müssten. Für einen Zebrastreifen sind mindestens 50 Fußgänger pro Stunde Voraussetzung. Anders sieht es mit einer Querungshilfe aus, also eine kleine Verkehrsinsel in der Straßenmitte, um Fußgängern ein leichteres Überqueren zu ermöglichen. Hier gibt es nur die Bedingung, dass auf beiden Seiten der Querungshilfe eine Fahrbahnbreite von mindestens 3,60 Metern bleibt, damit auch ein Schneepflug hindurchpasst.
Bäcker wird das jetzt systematisch durchdenken müssen. Die Straße ist dafür nicht breit genug. Schon wegen einer Bushaltestelle gibt es Platzprobleme im Ort. Hering regte an, möglicherweise Häuser mit Leerstand an der B255 aufzukaufen, um von deren Grundstück etwas Platz zu schaffen. Unter Umständen sei dies auch förderfähig.
In der Quintessenz kommen also mehrere Möglichkeiten in Frage, die aber allesamt das Problem nicht aus der Welt schaffen, sondern bestenfalls abmildern können. Die Anwohner zeigten sich dennoch zufrieden, immerhin wurden sie mit ihrem Problem von entscheidender Stelle gehört. (Thomas Sonnenschein)
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