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Nachricht vom 16.07.2021    

Raubüberfall am Geldautomaten: Drei Jahre Jugendstrafe und Unterbringung

Horror in der Sparkasse: Der Diebstahl von 30 Euro, die er mit vorgehaltenem Messer einer Frau nach dem Gang zum Geldautomaten abgenommen hat, brachte einem Drogensüchtigen nun eine Verurteilung vor dem Jugendschöffengericht Montabaur ein. Seine Quittung: Drei Jahre Jugendstrafe und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.

Amtsgericht Montabaur. (Foto: Wolfgang Rabsch)

Montabaur. Da betritt im März 2021 eine 38-Jährige Frau aus Höhr-Grenzhausen auf dem Weg zum Brötchenholen nichtsahnend die Filiale der Sparkasse in Höhr-Grenzhausen, um Geld aus dem EC-Automaten zu ziehen. Was dann passierte, kann man nur mit dem Wort Albtraum beschreiben: Ein drogensüchtiger Junkie bedroht sie mit einem Küchenmesser, und fordert die Herausgabe des Geldes. Nun kam es deshalb zur Hauptverhandlung vor dem Jugendschöffengericht in Montabaur.

„Höflich“ sagte der Angeklagte in der Bank zu der Geschädigten: „Bitte tun Sie mir den Gefallen, und geben mir das Geld“, trotz dieser „höflichen“ Aufforderung hielt er der Frau das Küchenmesser in einem Abstand von wenigen Zentimetern vor den Bauch. Die Frau, obwohl in großer Angst und Panik wegen des Messers, übergab dem Angeklagten zunächst 20 Euro. Dieser Betrag reichte dem Angeklagten nicht, denn er sagte: „Ich habe gesehen, dass Sie mehr Geld abgehoben haben, geben Sie mir mehr Geld.“ Als die Geschädigte dem Angeklagten weitere 10 Euro übergab, nahm dieser das Geld und verschwand.

Horror in der Sparkasse

Der Angeklagte, der gefesselt in den Sitzungssaal geführt wurde, erzählte zu seiner persönlichen Situation, dass er unregelmäßig die Förderschule besucht habe, keine Ausbildung begonnen habe, arbeitslos sei, in den Tag hinein lebe, von der Allgemeinheit lebe, mit 15 Jahren seine Drogenkarriere gestartet sei, zum Schluss habe er bis zu fünf Gramm Gras geraucht, und bis zu viermal Amphetamine im Monat konsumiert habe. Seine Tage habe er bis zur Verhaftung mit Kiffen, Playmobilspielen und Fernsehen verbracht.

Die Strafliste (BZR) wies zwei Eintragungen aus, unter anderem wegen fahrlässiger Brandstiftung. Rechtsanwältin Sandra Buhr erklärt, dass der Angeklagte sämtliche Tatvorwürfe einräumt, die Verhaftung und die U-Haft sind ein tiefer Einschnitt in seinem Leben und ihm tue alles fürchterlich leid. Der Angeklagte: „Durch die Drogen war ich im Kopf total vernebelt, hatte mich nicht mehr unter Kontrolle, mit dem Geld der Frau bin ich sofort zu meinem Dealer gegangen."

Sehr einfühlsam belehrte der Vorsitzende Richter Dr. Orlik Frank die geschädigte Zeugin, dass sie mit ihrer Aussage vielleicht das Erlebte besser verarbeiten könne, und mit dem Fall abschließen kann. Die Zeugin war mit einem Mitarbeiter vom „Weißen Ring“ erschienen, weil sie vor der Verhandlung voller Angst und Unsicherheit war und Schutz suchte. Beeindruckend war die Aussage der Zeugin, die berichtete, dass sie schon einmal eine Gewalterfahrung erlebt habe, sie habe danach an Panikattacken und Schlafstörungen gelitten, deshalb sogar eine Therapie gemacht. „Als der Mann plötzlich neben stand und ich das Messer sah, geriet ich in Panik und hatte große Angst. Darum gab ich dem Mann Geld, als er dieses von mir forderte“, berichtete die sichtlich um Fassung bemühte Zeugin. Eine vom Angeklagten angebotene Entschuldigung nahm die Zeugin nicht an. „Dazu sehe ich mich nicht in der Lage.“



Gescheiterte Existent mit „Null Bock“ auf Arbeit und Schule
Die Sachverständige vom Nettegut in Weißenthurm schilderte den Angeklagten als Drogensüchtigen, der nichts auf die Reihe bekommen habe, und weiter von der Stütze leben wollte. Bei der Exploration habe er freiwillig über sich gesprochen, er litt sehr unter der Trennung der Eltern. Danach habe er sich immer solange bei der Mutter oder beim Vater aufgehalten, bis er rausgeschmissen wurde. Er hatte keine Lust auf Arbeit, keine Lust auf Schule, sozusagen „Null Bock auf alles“, was mit Strukturen zu tun hatte. Mit 16 Jahren kam auch noch Alkoholkonsum zu den Drogen dazu, am liebsten Wodka oder Whiskey. Eine psychische Erkrankung liegt vor. Die Anwendung der §§ 20 und 21 Strafgesetzbuch (StGB) (Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen und verminderte Schuldfähigkeit) verneint die Sachverständige, jedoch ist gemäß § 64 StGB eine Unterbringung in eine Entziehungsanstalt angebracht.

Die Jugendgerichtshilfe regt Anwendung von Jugendstrafrecht wegen erheblicher Reifeverzögerungen des Angeklagten an, als Sanktion eine Jugendstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden kann, § 64 StGB (Unterbringung) wäre sinnvoll.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft Koblenz beantragt Verhängung einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, sowie Anordnung des § 64 StGB. Rechtsanwältin Buhr hielt dagegen eine milde Bewährungsstrafe für angemessen. In seinem letzten Wort schloss der Angeklagte sich seiner Verteidigerin an.

Urteil im Namen des Volkes
Nach eingehender Beratung mit den Schöffen verkündete Richter Dr. Frank das Urteil: Jugendstrafe von drei Jahren wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung, zudem wird die Unterbringung angeordnet und der Haftbefehl aufrecht erhalten.

In seiner Urteilsbegründung nahm Dr. Frank kein Blatt vor dem Mund: „Machste viel, kriegste viel“, schrieb er dem Angeklagten ins Stammbuch. Wer die Tat verharmlosen will, der solle sich nur einmal das Leiden des Opfers vor Augen führen. Er könne nicht verstehen, dass bei Raubdelikten teilweise Verwarnungen, Bewährungsstrafen oder gar Einstellungen erfolgen würden. Gerade Jugendlichen und Heranwachsenden müsse klargemacht werden, dass solch schwere Straftaten mit aller Härte bestraft werden müssen, darum habe das Jugendschöffengericht auch das Strafmaß erhöht.

Trotzdem soll der Angeklagte durch die Unterbringung bei einer Langzeittherapie die Chance erhalten, sein Leben, und damit seine Drogenabhängigkeit in den Griff zu bekommen. Beim Jugendschöffengericht in Montabaur würde auf jeden Fall eine klare Linie befolgt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (Wolfgang Rabsch)


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