Westerwälder Feuerwehren kehren aus Krisengebiet zurück
Am späten Montagabend kehrt nahezu das gesamte Kontingent der Westerwälder Einsatzkräfte aus dem Krisengebiet im Landkreis Ahrweiler an die Heimatstandorte zurück. Mehr als 1.300 Westerwälder Feuerwehrleute waren seit dem 14. Juli im Krisengebiet im Wechseldienst im Einsatz.
Westerwaldkreis. Im Gepäck haben die erschöpften Retter nicht nur verschmutzte und stark beanspruchte Einsatzmaterialien, sondern vielmehr auch eindrückliche Bilder, die Verwüstungen und vor allem menschliches Leid in einem Umfang zeigen, welches sich die Einsatzkräfte niemals hätten ausmalen können.
Auch war neben den Kräften der Feuerwehr ein großes Aufgebot an Sanitätskräften aus den Schnelleinsatzgruppen des Westerwaldkreises vor Ort, die aber bereits wieder zurück in ihren Unterkünften sind. Vor Ort im Einsatz sind noch die Kräfte der THW Ortsverbände Montabaur und Westerburg sowie das Personal der Technischen Einsatzleitung des Kreises, welches gemeinsam mit Kräften aus den Kreisen Altenkirchen, Neuwied und dem Rhein-Lahn-Kreis für den Bereitstellungsraum am Nürburgring verantwortlich ist.
Rückblick: Es ist der 14. Juli, als um 18.23 Uhr die Anforderung einging, umgehend den Löschzug der Kreisbereitschaft des Westerwaldkreises für einen überörtlichen Einsatz im Landkreis Ahrweiler in Marsch zu setzen. Der Zug aus dem Westerwaldkreis wird um je einen Löschzug aus den Kreisen Altenkirchen, Neuwied und dem Rhein-Lahn-Kreis sowie einen Logistikzug und ein Modul Führung ergänzt und bildet dann die überörtliche Kreisbereitschaft aus dem Leitstellenbereich Montabaur mit knapp 130 Kräften und rund 30 Fahrzeugen.
„Auf dem Marsch nach Ahrweiler konnten wir uns noch nicht vorstellen, was uns dann kurz später erwartet“, erklärt Tobias Haubrich, stellvertretender Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Westerwaldkreises. „Aber spätestens, als uns auf der Anfahrt die erste Lageschilderung und die Anforderung erreichte, dass wir weitere Boote sowie den Teleskoplader der Feuerwehr Selters in Marsch setzen sollen, wussten wir, dass wir nicht nur zum Leerpumpen von Kellern unterwegs sind.“
In Ahrweiler angekommen, überschlugen sich die Ereignisse, die einzelnen Züge wurden aufgeteilt. Die Westerwälder erhielten den Auftrag nach Dernau zu einer Gebäudeexplosion mit vermissten Personen zu fahren. Doch die Anfahrt war nicht so einfach möglich, da die Zufahrtsstraßen nicht mehr passierbar waren. Über die Weinberge wurde eine Zufahrt nach Dernau erkundet. Vor Ort angekommen, stieg das Wasser so rasant an, dass man die Fahrzeuge wieder in sichere Bereiche zurückverlegen musste.
„Wir hatten gegen die Wassermassen keine Chance“, berichtet Matthias Stein, der als stellvertretende Wehrleiter der VG Wirges in der ersten Einsatznacht den Westerwälder Löschzug anführte. „Wir mussten Bilder und Szenen miterleben, die noch heute so surreal sind. Menschen saßen mit Taschenlampen auf Dächern und kämpften ums Überleben.“
Quasi mit Sonnenaufgang konnten die Westerwälder in den Ort mit Booten und mit dem wattfähigen Teleskoplader der Selterser Wehr vordringen. „Eine ausgehangene Haustür und eine angeschwemmte Gartenbank wurden auf der Gabel des Laders fixiert und als Rettungsgerät genutzt. So konnten wir viele Menschen retten und in Sicherheit bringen“, erklärt Stein weiter.
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Gemeinsam mit einem Team des Bundeswehrzentralkrankenhauses wurden die Personen betreut und später zu einer Betroffenensammelstelle oder in ein Krankenhaus abtransportiert. Leider kam aber auch für einige Menschen jede Hilfe zu spät. Auch die Aufgabe der Bergung von einer größeren Anzahl an Verstorbenen gehörte zur Aufgabe der Floriansjünger.
In der Folge wurde das Westerwälder Kontingent um weitere Kräfte aus allen Verbandsgemeinden ergänzt. Teilweise kamen die Kräfte auch in anderen Orten zum Einsatz. Der Gefahrstoffzug des Kreises sorgte zum Beispiel für eine Wasch- und Duschmöglichkeit für die Bevölkerung in Bad Neuenahr und betrieb diese über Tage.
„Wir haben insbesondere in den Folgetagen vieles mit Kameraden aus Kirchheim-Bolanden und dem Donnersbergkreis sowie dem THW in Dernau bewegen können. Keller wurden leergepumpt, mit der Räumung von Häusern und Straßen wurde begonnen. Es hat sich eine gewisse Verbundenheit zur Gemeinde Dernau und den Betroffenen gebildet“, berichtet Thomas Schenk-Huberty, Wehrleiter aus der VG Wirges, der nach der ersten Nacht die Abschnittsleitung in Dernau übernahm und von einem Kontingent aus Bayern abgelöst wurde.
Die Technische Einsatzleitung des Westerwaldkreises um den stellvertretenden Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) Tobias Haubrich führt gemeinsam mit Kräften aus den Kreisen Altenkirchen, Neuwied und dem Rhein-Lahn-Kreis seit Beginn an den Bereitstellungsraum für die nachrückenden Kräfte. Der erste Bereitstellungsraum im Stadtgebiet Bad Neuenahr musste frühzeitig wegen Überflutungsgefahr ausgegeben werden.
Danach zog der Tross zu Haribo in die Grafschaft um und nachdem hier das Platzangebot zu gering war, wurde der Nürburgring für die nachrückenden Kräfte als Sammelraum eingerichtet. „Wir sind mit dem Auftrag losgezogen, einen Raum zur Aufnahme von 500 bis 800 Einsatzkräften einzurichten“, berichtet Haubrich. „Im Teamwork mit THW, Sanitätsdienst und Bundeswehr sowie insbesondere durch die große Unterstützung des Teams vom Nürburgring ist am Nürburgring inzwischen ein Übernachtungshotel mit 4.500 Betten eingerichtet, in dem die überörtlichen Kräfte nach getaner Arbeit einrücken und sich erholen können.“ Das Team um den Bereitstellungsraum hofft, bis kommenden Sonntag aus dem Einsatz herausgelöst zu werden.
Der Westerwaldkreis hat aktuell bereits weitere Kontingente zusammengestellt, die bei Bedarf in Ahrweiler wieder zum Einsatz kommen können. Gleiches gilt für die Kreisbereitschaft. Hier gilt es jetzt Material und Fahrzeuge wieder einsatzbereit zu machen und Kräfte zu tanken, um für eine mögliche Ablöse der anderen Kontingente wieder zur Verfügung zu stehen. (PM)
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