Mord an eigener Mutter in Altenkirchen? Prozess hat begonnen
Von Wolfgang Rabsch
Die Tat schockte den gesamten Westerwald: Ein 61-Jähriger Mann aus Altenkirchen soll seine Mutter ermordet haben. Jetzt begann am Landgericht Koblenz der Prozess. Was wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten genau vor? Und was hat das rechtsmedizinische Gutachten ergeben?
Altenkirchen. Diese Nachricht verbreitete sich nicht nur in der Kreisstadt, sondern auch darüber hinaus, in Windeseile. Nach ersten Gerüchten, und wenig Informationen durch die Staatsanwaltschaft Koblenz kam trotzdem ans Tageslicht, dass es sich um einen besonders brutalen Angriff auf das Leben der eigenen Mutter gehandelt haben soll. Der Prozess findet nun vor der dritten Strafkammer des Landgerichts Koblenz statt, unter dem Vorsitz von Richterin Raab. Dem Angeklagten ist Rechtsanwalt Michael Hürth aus Koblenz als erfahrener Pflichtverteidiger beigeordnet.
Was wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor?
Der Angeklagte soll laut Staatsanwaltschaft seiner Mutter, während diese schlief, mit einem Pflasterhammer mindestens zehnmal auf den Kopf, und ins Gesicht geschlagen haben. Damit nicht genug: Er soll seiner Mutter mittels eines Küchenmessers mit einseitiger Klinge siebenmal in den Hals gestochen haben. Die Staatsanwaltschaft stellte das Mordmerkmal der Heimtücke fest, da die Mutter schlief, und somit keinerlei Chancen hatte, sich zu wehren. Heimtückisch handelt ein Täter, wenn er die zum Zeitpunkt seines Angriffs beim Opfer bestehende Arg- und Wehrlosigkeit bewusst zur Begehung der Tat ausnutzt.
Vor der Tat kam es häufig zu Streitigkeiten zwischen dem Sohn und der Mutter, dabei ging es um finanzielle Probleme mit dem gemeinsam betriebenen Kiosk, wegen der Miete und der Rente, aber auch wegen der Freundin des Angeklagten, mit der die Mutter wohl nicht einverstanden war.
Nach Verlesung der Anklage stellte die Vorsitzende fest, dass keine Erörterungen zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung (Deal) stattgefunden haben.
Rechtsanwalt Hürth erklärte, dass noch eine Einlassung zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und zum Tathergang nach der Erstattung der Gutachten durch die forensischen und psychiatrischen Gutachter, erfolgen soll.
Es wurde in die Beweisaufnahme eingetreten, Zeugen waren zunächst nicht geladen, aber die Gutachterin der Rechtsmedizin an der Universitätsklinik Mainz, Dr. Schwarz war anwesend und erklärte anschließend ihr Gutachten.
Brutale Tatausführung aus Wut und Hass auf die Mutter?
Die Gutachterin berichtete, dass der Leichnam zwei Tage nach der Tat in der Rechtsmedizin in Mainz obduziert wurde. Die zentralen Verletzungen befanden sich linksseitig am Kopf und am Hals des Opfers. „Man kann sagen, dass der Schädel zertrümmert war, Schädelknochen waren nicht mehr vorhanden. Teile des Gehirns waren ausgetreten und im Zimmer verstreut. Am Hals konnten sieben Einstiche festgestellt werden, davon waren drei Stiche so tief, dass dadurch die Halsschlagader verletzt wurde, auch der Kehlkopf und die Speiseröhre wurden verletzt. Mit Sicherheit kann nicht festgestellt werden, ob das Opfer noch lebte, als die Stiche ausgeführt wurden. Die Schläge mit dem Pflasterhammer wurden immer auf eine Stelle ausgeführt, die ebenso wie die Stiche mit geringer Dynamik ausgeführt wurden. Beide Verletzungskomplexe an Kopf und Hals, waren jeder für sich tödlich, es kann aber auch die Kombination aus stumpfer und scharfer Gewalt angenommen werden, die zum Tod führten.“
Da der Angeklagte behauptete, in der Zeit vor dem Tatgeschehen von seiner Mutter mit einem Besenstiel geschlagen worden zu sein, erfolgte auch eine äußere Untersuchung des Angeklagten. Schwere Verletzungen waren nicht feststellbar, lediglich einige kleine Kratzer am Hals und an Stirn, sowie an Rücken und Bauch, die jedoch bereits verkrustet waren und abheilten. Die Sachverständige erklärte zusammenfassend, dass keinerlei Hinweise auf Schläge vorhanden sind und dass es sich bei den Kratzern um unspezifische Verletzungen handelt.
An dieser Stelle wurde die Verhandlung unterbrochen, die am 5. Oktober mit der Erstattung des psychiatrischen Gutachtens fortgesetzt werden soll. Der AK-Kurier wird weiter berichten.
Einschätzung des Artikel-Verfassers:
Entscheidend für den weiteren Verlauf der Hauptverhandlung wird das Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen sein. Es wird aller Wahrscheinlichkeit darauf hinauslaufen, dass der Angeklagte gemäß Paragraf 63 Strafgesetzbuch in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wird (zum Beispiel im Nettegut in Weißenthurm/Andernach), wenn festgestellt wird, dass die Tat im Zustande der Schuldunfähigkeit, oder verminderten Schuldfähigkeit begangen wurde.
Wenn man der forensischen Gutachterin genau zugehört hat, fand in diesem speziellen Fall ein sogenannter „Overkill“, eine Übertötung statt. Dafür spricht, dass der Angeklagte mit einem Messer noch weiter auf seine Mutter einstach, obwohl sie aufgrund der Hammerschläge wahrscheinlich bereits tot war. Da die Schläge und Stiche mit großer Brutalität ausgeführt wurden, muss ein über einen langen Zeitraum aufgestauter Hass auf die eigene Mutter der Auslöser für den sinnlosen Mord gewesen sein. (Wolfgang Rabsch)
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