Gedenk-Lesung für Krimiautor Gerhard Starke
Von Wolfgang Rabsch
Sehr überraschend verstarb im Januar der pensionierte Kriminalhauptkommissar Gerhard Starke. Ihm zu gedenken wurde eine Lesung aus seinen Büchern in der Stadthalle von Ransbach-Baumbach durchgeführt.
Ransbach-Baumbach. Der verstorbene Kriminalhauptkommissar und Autor Gerhard Starke war in seiner aktiven Zeit jahrzehntelang Mitglied der Mordkommission des Polizei-Präsidiums Koblenz. Mit dem Beginn des Ruhestands begann für Gerhard Starke ein gewünschter Unruhestand, denn er verfasste fünf Bücher, die spektakuläre Tötungsdelikte aus seiner aktiven Zeit zum Thema hatten. Nebenher hatte er verschiedene Fernsehauftritte, unter anderem bei „Aktenzeichen XY ungelöst“, „Fahndungsakte“ und Kommissare Südwest“.
Ihm zu gedenken wurde eine Lesung aus seinen Büchern in der Stadthalle von Ransbach-Baumbach durchgeführt, veranstaltet von Christoph Kloft, dem Verleger seiner Bücher. Für Franz Obst, einen langjährigen Freund von Gerhard Starke und renommierten Strafverteidiger, zudem durch viele Rechtsformate bei RTL aus dem Fernsehen bekannt, war es eine Selbstverständlichkeit, aus dem letzten Buch von Gerhard Starke zu lesen. Stadtbürgermeister Michael Merz, ebenfalls ein langjähriger Bekannter des Verstorbenen, begrüßte die Besucher in der Stadthalle, würdigte nochmals Gerhard Starke und gedachte ihm mit einer Minute des Schweigens. Zunächst las Christoph Kloft aus einem Buch, in welchem der Mord an einem fünfjährigen Mädchen geschildert wurde.
„Da läuft mein Scirocco“
In einem Ort der Vordereifel lebte ein Ehepaar glücklich mit ihrer Tochter Nena. Sie betrieben eine Bäckerei, er in der Backstube, sie bediente den Laden. Sie liebten ihre Tochter über alles. Eines Tages war Nena spurlos verschwunden, eine sofort eingeleitete Suche, an der sich Feuerwehr, Polizei und freiwillige Helfer beteiligten, blieb zunächst erfolglos. Nun wurde auch die Mordkommission aus Koblenz eingeschaltet, die mit der Vernehmung von Personen aus dem Umfeld der Bäckerei begannen.
So kam man auch auf eine Frau, die mit ihrem Sohn Holger in einer Wohnung auf dem Hinterhof der Bäckerei lebte. Gerhard Starke suchte die Wohnung auf und begann die Mutter zu befragen. Ihm fiel auf, dass die Frau sehr viel redete, ein regelrechter Wortschwall ergoss sich, was ihn stutzig machte. Er wollte sich die Räumlichkeiten ansehen, zu welchem Zweck sie auch in den Keller gingen. Und die Frau redete und redete – nur belangloses Zeug. Beim Verlassen des Kellers konnte Starke unter der Kellertreppe zunächst zwei Kindersandalen und weiße Kniestrümpfe erkennen, die aus einem zusammengerollten Teppich zu sehen waren. In diesem Teppich befand sich der Leichnam von Nena.
Unglaubliche Aussagen bei der Vernehmung
Obwohl Starke die Leiche entdeckt hatte, schwadronierte die Frau immer weiter, erst durch einen Ur-Schrei von Starke verstummte sie. Durch den Schrei kamen dann weiter Kollegen in den Keller, und die kriminaltechnischen Untersuchungen wurden eingeleitet. Mutter und Sohn wurden verhaftet, da sie als Täter in Betracht kamen. Die anschließenden Vernehmungen brachten schier unglaubliche Aussagen zutage. Der Sohn hatte den Wunsch, seinen Traumwagen, einen VW-Scirocco, zu besitzen. Doch dazu fehlte das nötige Geld. So schmiedeten Mutter und Sohn den barbarischen Plan, die kleine Nena zu entführen und zu töten, um von der Bäckerfamilie Lösegeld zu erpressen. Es ist nicht zu fassen, was die Mutter zu Protokoll gab. Immer, wenn die beiden Nena über den Innenhof laufen sahen, sagte die Mutter zu ihrem Sohn: „Holger, da läuft dein Scirocco.“ So wurden die Entführung und Tötung von Nena geplant. Nena wurde in die Garage gelockt und dort von Holger getötet. Details sind in dem Buch beschrieben. Holger, der Kindsmörder, hatte sogar mit der Freiwilligen Feuerwehr nach Nena mitgesucht.
Die Strafen vom Landgericht in Koblenz
Vor der Strafkammer des Landgerichts in Koblenz wurden folgende Urteile verkündet: Die Mutter wurde wegen Beihilfe zum Mord zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Sie ist kurze Zeit nach dem Haftantritt an Krebs im Gefängnis verstorben. Der Sohn Holger wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt. Er bekam die zulässige Höchststrafe von zehn Jahren Jugendstrafe, die er auch vollständig verbüßt hat. Holger ist inzwischen ein freier Mann.
An den Reaktionen mehrerer Zuhörer war zu erkennen, wie die Schilderung des Mordes sie aufwühlte, manche schlugen die Hände über dem Kopf zusammen, oder schüttelten immer wieder den Kopf.
Franz Obst las aus dem Roman von Gerhard Starke
Im zweiten Teil der Lesung kam nun Franz Obst zu Wort. Er las einige Passagen aus dem Debütroman „Sie sollten doch nur tanzen“ von Gerhard Starke. Der Roman spielte im Westerwald und in Koblenz, also mit Lokalkolorit. In der spannenden Geschichte wird der Leser in ein Netz von Intrigen und menschlichen Abgründen entführt, dabei offenbart sich eine Welt, in der nichts so ist, wie es zu sein scheint.
Wenn Gerhard Starke von oben aus zugesehen hat, dann dürfte er mit der ihm zu Ehren ausgerichteten Veranstaltung sehr zufrieden gewesen sein.
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