Einblick und Ausblick im Tierheim in Ransbach-Baumbach
Von Elke Stockhausen
Tierheime sind oft der Ort, wo Tiere abgegeben werden, die daheim nicht mehr bleiben können. Gewollt oder ungewollt, das Ergebnis ist das gleiche. So hat auch das Tierheim in Ransbach-Baumbach Gäste mit unterschiedlichen Geschichten. Verbunden sind sie alle, denn sie sollen gefunden werden und ein Zuhause für immer bekommen.
Ransbach-Baumbach. Etwas außerhalb des Zentrums gelegen befindet sich ein kleines Tierheim der Glückshunde e.V. am Ende einer schmalen Straße. Es ist leise an diesem Tag, kein Kläffen, kein Jaulen. Und dennoch ist viel Leben hinter den Gittern, die den Bereich sicher eingrenzen.
Es ist ruhig, denn die Hunde sind nicht alleine. Viele Menschen sind dort, kümmern sich um die Vierbeiner, streicheln sie und sprechen mit ihnen. Ich treffe Petra Richter, die Leiterin, die sich gerade noch genauso um die Gäste im Außenbereich gekümmert hat, wie all die freiwilligen Helfer und die, für die es so etwas wie ihre Arbeit ist.
Offenherzige Begrüßung
Bevor wir uns begrüßen können, kommt Bully Kira auf mich zu. Offenherzig und um auf Hundemanier einfach mal nachzusehen, wer da zu Besuch kommt. Kira ist es auch, die uns "auf den Hund kommen" lässt. Kira wurde vom Tierschutz in das Tierheim gebracht, herausgenommen aus einer Konfliktsituation und wohl in einem schlechten Zustand. Sehe ich genau hin, dann erkenne ich, dass ihre Haut noch nicht ganz geheilt ist. Wie rohes Fleisch, so soll sie ausgesehen haben. Heute sind nur noch wenige entzündete Stellen vorhanden. Eine putzige kleine Hündin, noch nicht so weit, dass sie umziehen kann, aber sicher wird sie, wenn sie wieder ganz gesund ist, ihr Heim finden.
Die Pandemie und ihre Auswirkung
Elf Hunde sind hier, zwei weitere sind in Pflegestellen untergekommen. Und genau darum geht es. Hat sich die Aufnahme der Hunde verändert, hat Corona die Situation verändert? Momentan werden hier bis zu zehn Hunde im Monat abgegeben. Sicher nicht alle wegen der Pandemie und das daraus resultierende Auf und Ab in unserem Alltag.
Früher waren es nur ein bis zwei Hunde pro Monat. Wir beleuchten diese globale Dysfunktion, diese Zeit, in denen manche Menschen mehr Zeit haben, weil sie daheim sind und die Tatsache, dass wir trotz allem wissen, dass sich das irgendwann wieder ändert.
Richter berichtet, dass zu Beginn der Pandemie die Nachfrage nach einem Hund stieg. Dennoch ließ sie dann auch wieder nach. Die Leiterin sieht ein Problem, welches vielleicht einige Hunde mit Rückkehr zur Normalität - wenn Corona endemisch wird - treffen könnte. Sie passen dann womöglich nicht mehr in den Alltag und könnten in den Tierheimen wieder abgegeben werden.
Ein Hund würde oftmals angeschafft und dann "machen sich die Menschen keine Arbeit mehr", es mangele an Erziehung und gerade ein Junghund müsse konsequent angeleitet werden und lernen, damit er nicht irgendwann einmal ein Familienstörer, statt ein Familienmitglied wird. Es ist mehr als nur das Füttern und Impfen, wobei sogar dies oftmals vernachlässigt würde. So würden auch hier Mischling- und Rassehunde abgegeben, weil manch einer die Verantwortung für ein Tier nicht übernommen wolle.
Hilfe für das Tierheim
Ob Corona nun den zahlenmäßigen Anstieg der Abgabehunde bedingt, ist noch nicht abschließend geklärt. Es ist jedoch der Pandemie geschuldet, dass Spenden weniger wurden und Aktionen nicht stattfinden konnten, deren Erlös eine Hilfe gewesen wäre. Als die Flutkatastrophe 2021 das Ahrtal traf, wurde für sechs Monate keine finanzielle Spende mehr getätigt, was für Petra Richter absolut verständlich ist. Hilfe sollte immer dort erfolgen, wo Hilfe am notwendigsten ist.
Futterspenden und Ausstattungen für die Vierbeiner, die gibt es immer. Unterstützt von den Sozialen Netzwerken, von Sammelstellen im Einzelhandel - hier ist die Versorgung sehr gut. Nicht benötigtes Futter wird an die Tafel gespendet. Es fehlt jedoch an Helfern. Helfer, um die Hunde auszuführen. Sie ab und an ins Seniorenheim des Ortes zu bringen, denn die älteren Menschen freuen sich sehr über ihren Besuch. Auch der Kindergarten steht auf dem Programm. So ist Sozialisierung gewährleistet, Mensch und Hund profitieren von dieser Idee gleichermaßen.
In Ransbach-Baumbach kümmern sich drei Angestellte und 23 Ehrenamtliche um die Tiere. Sie teilen sich die Arbeit und scheuen auch keine Überstunden. Die Angestellten werden durch die Beiträge der rund 350 Mitglieder bezahlt. Und auch wenn die Öffentlichkeitsarbeit in den Sozialen Medien funktioniert, das Tierheim in Facebook vertreten ist und dort mehr als 14.800 “likes“ hat, stagniert die Mitgliederzahl. Bei diesem Thema schaut Petra Richter nachdenklich.
Die Tiere im Fokus
Die Sorgenhunde: Sind das Hunde, wie beispielsweise Bully Kira? Richter verneint das, denn kranken Hunden werde geholfen und sie würden gesund gepflegt. Es sind all die, die schon lange hier sind, schon länger als ein Jahr diesen Ort als ihr Zuhause akzeptiert haben. Es bereitet der Leiterin “Frust und Traurigkeit“. In einem Nebensatz erwähnt Petra Richter, dass die meisten Stationen eine Gebühr von bis zu 300 Euro fordern, wenn ein Hund abgegeben wird. Hier nicht, denn so möchte man in Ransbach-Baumbach vermeiden, dass die Tiere ausgesetzt werden.
122 Fundkatzen alleine im Jahr 2021
Das Stichwort ausgesetzt führt zum Thema Katzen. Allein 2021 nahm das Tierheim 122 Fund- und Abgabekatzen auf, 81 von ihnen waren noch Kitten. Und es sind nicht nur Straßenkatzen, auch Rassekatzen befinden sich immer wieder darunter. Während unseres Gesprächs kommen zwei Fundkatzen hier an. Mit Sorgfalt und Abstand zu den anderen Katzen kommen sie in die Quarantäne-Boxen. Bevor sie in das Katzengehe dürfen, müssen sie erst untersucht werden. So wäre eine Infektion mit aggressiven Viren eine Katastrophe. Im Katzengehe befindet sich noch ein weiteres Kätzchen in einem abgetrennten Bereich. Hier fehlt nur noch eine Stuhlprobe um Wurmfreiheit zu garantieren. Dann darf auch sie zu ihren Artgenossen. Diese haben in ihrem Freilauf gewiss keine Langeweile. Ein Kletterparadies mit Höhlen und vielen Kratzbäumen. Manchmal, so Petra Richter, müsste man schon lange suchen, bis man sie alle wiederfindet.
Hunde und Katzen befinden sich hier im Mühlenweg. Zehn Hasen sind in Pflegestellen untergebracht. Tiere, die hier keinen Platz finden, werden teilweise bei den Angestellten und Helfern daheim umsorgt. Und das sind nicht nur Kleintiere, zu denen auch Farbratten gehören können. Auch trächtige Katzen finden so einen ruhigen Platz. Für die Helfer heißt das, dass die Arbeit immer ein Teil ihres Lebens ist.
Kein Mini-Job
Und wie ist die Arbeitszeit für die Leiterin des Tierheimes? 14 Stunden pro Woche, so die Idee. Doch das reicht nicht. Neben den offensichtlichen Arbeiten wie Füttern, Häufchen entsorgen und die Koordination all der Arbeiten am Tier, stehen die Öffentlichkeitsarbeit und die notwendigen Formalitäten des Vereines auf Ihrer to-do-Liste. Zwei Stunden täglich benötigt sie für Kommunikation und die Aktualisierung der Präsenz im Internet und auf Facebook.
Ein Neubau soll mehr Platz für die Tiere schaffen
Neben all dieser Arbeit denkt Richter auch über die Zukunft der Einrichtung nach - den Neubau des Tierheimes. Das Grundstück sei schon gesichert, führt sie aus und mit bereits erhaltener finanzieller Unterstützung und Spendenzusagen verfüge der Verein für das Bauvorhaben über rund 415.000 Euro. Das Ministerium für Umwelt, Ernährung, Energie und Forsten in Mainz erwarte allerdings 450.000 Euro Eigenkapital um das Vorhaben zu unterstützen. 35.000 Euro fehlen also noch. Zur Zeit betrügen die Gesamt-Baukosten rund 1,8 Millionen Euro, so Petra Richter. Trotz dieser finanziellen Bürde, schaut sie hoffnungsvoll nach vorne.
Ein Appell
Platz für noch mehr Tiere? Was möchte sie nach draußen rufen? Es sei für Richter absolut in Ordnung, dass viele einem Hund aus dem Ausland ein Zuhause geben, denn Tierschutz ist global und auch sie würde Hunde aus dem Ausland vermitteln.
Richter formuliert einen Appell an die Vernunft aller, die ein Tier in ihre Familie aufnehmen möchten: "Überlegt Euch gut, wie Ihr mit Euren Tieren umgeht. Ein Tier ist kein Plüschtier.“ Es hieße abzuwägen, ob Zeit genug da ist und ob ein Urlaub oder das Ende der Pandemie diesem Lebewesen noch immer genug Zeit und Raum biete. Aus diesem Grund vermittelt das Tierheim zur Weihnachtszeit keine Tiere. Es sei kein Ort, an dem man ein Weihnachtsgeschenk fände, so die Leiterin.
Wir sprechen lange, voller Emotionen. Bully Kira, die neugierige und freundliche Hündin, ist auch beim Verabschieden dabei. Sie wird ihr Körbchen finden. Und bis dahin bedarf es der Unterstützung für sie und die anderen Hunde und Katzen.
Warum nicht den Versuch starten und einen Spaziergang mit Begleitung ganz neu erleben? So kann jeder einen Hund für einen Moment zu einem Glückshund machen. Informieren kann man sich hier. (Elke Stockhausen)
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