Charlotte Candrix - mit dem Bob aus dem Westerwald zur Meisterschaft
Von Elke Stockhausen
17 Jahre ist Charlotte alt und sie hat schon viel erlebt. Eine Jugendliche, die ihre freie Zeit dem Sport widmet und mittlerweile einen großen Namen trägt. Seit 2018 hat sie im Bobfahren ihre Leidenschaft gefunden und schon einige Erfolge feiern dürfen.
Hachenburg. Schnell ist sie unterwegs, sogar ganze 130 Kilometer pro Stunde schnell. Und die verblüffende Schnelligkeit liegt ebenso in der Kürze der Zeit, in der sie begann, den Bob für sich zu entdecken. Begonnen vor vier Jahren stand Charlotte mittlerweile in der Junioren Weltmeisterschaft im Zweierbob schon auf dem Treppchen.
In ihrer Heimat Hachenburg bedeutet Training keinen Tag auf der Bobbahn, denn für ein Training am Gerät trifft man Charlotte nur in Winterberg. Ein typischer Trainingstag ist in Hachenburg in der Rundsporthalle, wo sie sich vorbereitet und ihr Work-out absolviert. Charlotte fand bereits als kleines Kind zum Sport. Der Vater, der von Leichtathletik begeistert war und Kugelstoßen liebte, die beiden Brüder, die auch Fußball und Tischtennis spielten; sie alle waren hier Vorbilder. So erwähnt Charlotte, dass ihr Bruder Lorenz ein erfolgreicher Leichtathlet war.
Obwohl es das Schwimmen war, das sie als kleines Kind begeisterte und auf ihrem Trainingsplan stand – es war die Leichtathletik, die sie immer parallel verfolgte. Aktuell ist sie Rheinland-pfälzische Meisterin im Kugelstoßen. Sie lächelt, während sie das erzählt und ganz nebenbei noch erwähnt, dass auch der Diskus zu ihren Favoriten zählt. Wie kommt dann der Bob ins Spiel? Die Erklärung ist einfach – das Training im Bereich der Leichtathletik und das der Bobfahrer ähneln sich. Viele Leichtathleten wechseln zu diesem Wintersport.
Der Zweierbob
In der Saison 2018/2019 entdeckte Charlotte Candrix den Bob. Die Anfänge des Bobfahrens fanden im Monobob statt. Sie war alleine verantwortlich für die Beschleunigung beim Start, für das Lenken und Bremsen. Und so beginnen die meisten, erklärt sie. Im dritten Jahr dieser Disziplin wechselte sie zum Zweierbob, der sie in kurzer Zeit, in der vierten Saison, in der Wertung weit nach oben brachte. Sie trüge die Verantwortung, sagt sie, denn ihre Anschieberin kann während der Fahrt nicht eingreifen. Der Sieg gehöre beiden, darauf besteht Charlotte, denn der perfekte Start ist wichtig. Sie sind ein Team. Es ist ihr und ihren Teamkolleginnen wichtig, dass zumindest eine von ihnen auf dem Treppchen steht. Denn dann ist es in diesem Moment ein Freuen miteinander. Und auch wenn eine Anschieberin getauscht wird, diese Entscheidung wird vom Bundestrainer getroffen, ist das kein Problem. Alle seien gut trainiert und die Chemie stimme, erzählt sie. In dieser Saison hat sie drei Anschieberinnen zur Seite. Sie puschen ihre Leistung gegenseitig, sie stehen zueinander und es ist eine Harmonie, ganz ohne Neid.
Die Frage nach dem traurigsten Moment – zweifelsfrei der Sturz auf ihrer Heimatbahn in Winterberg. Ein Fahrfehler vor Kurve 13, das Touchieren der Vorbande und die verzögerte Annahme ließen den Bob im ersten Lauf stürzen und das Debüt im Europacup im Dezember 2021 war beendet.
Der Bobsport bringt sie an viele Orte, ein Highlight ist für sie der internationale Wettkampf. Der Gewinn der Bronze-Medaille bei der Junioren Weltmeisterschaft in Innsbruck-Igls ist momentan der Erfolg, der sie nach vorne bringt. Die großen Momente begründen sich auch im Spaß, den es ihr macht, im Bob den Eiskanal zu durchfahren. Und dass sie ganz ohne Druck an den Wettkämpfen teilnimmt, kein Zwang zum Erfolg besteht – der Ehrgeiz generiert sich in ihr selbst.
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Das Training
Ihr Trainer ist in Paderborn, er steht nicht neben ihr. Wenn sie sich treffen, dann in Winterberg. Die ausgearbeiteten Trainingspläne erhält sie digital, auch in Form von Trainingsvideos. Und das funktioniert sehr gut. Vor der Wettkampfwoche ist das Training angepasst und es wird mehr auf den Kraftaufbau geachtet. Während des Interviews arbeitet sie konzentriert an den Geräten und springt mit einem Gewicht im Arm auf einen Kasten, konzentriert auf jede Bewegung. Sie erzählt, dass auch ihr Vater sie bei der Vorbereitung unterstütze. Neben dem Krafttraining und dem Erhalt der Schnelligkeit kommt auch der Anschiebewagen zum Einsatz. Dieser steht im Stadion in Burbach und stand diesmal nicht auf dem Programm.
Charlotte ohne Sport
Doch die junge Charlotte ist mehr als nur Sport. Sie sang im Chor und versuchte es mit Blockflöte, aber es ist am Ende immer der Sport, der ihr mehr läge. Ihren Ausgleich findet sie in der Zeit, die sie mit ihren Freunden verbringt. Normalerweise hat sie drei Tage in der Woche kein Training, das gibt ihr die Zeit für das Leben einer Jugendlichen ihres Alters. Sie kocht gerne, isst kein Fleisch, wenn auch gerne Fisch. Und Essen, so sagt sie, zähle auch zu ihren Hobbys, denn sie äße viel. Sie muss auf ihr Gewischt achten und könnte sogar mehr wiegen, denn der Bob sollte etwa 340 Kilo auf die Waage bringen, wenn Anschieberin und Lenkerin in ihm sitzen. Und das eigene Gewicht, die eigene Muskelmasse, ist besser als der Ballast, der in den Bob gelegt werden müsste. Charlotte geht gerne spazieren, sieht die Kleinigkeiten und genießt den Moment der Stille. Sie liebt die Natur und die frische Luft. Natürlich ist da auch die Schule, die sie nie aus den Augen verliert. Und manchmal, nach einem anstrengenden Schultag, muss auch sie sich ausruhen.
Charlotte ist dankbar
Sie ist dankbar für die Unterstützung ihrer Eltern. Sie fahren sie nach Winterberg, holen sie auch wieder ab – rund 400 Kilometer Autofahrt sind es dann jedes Mal. Beide stehen hinter ihr und unterstützen den Sport, halten ihr den Rücken frei. Wenn sie auf einem Wettkampf ist, sitzen die Eltern vor dem Bildschirm und ihr Vater schreibt die Ergebnisse mit. Mitfiebern? Das steht in diesen Momenten ganz oben.
Sie ist auch dankbar, dass ihre Freunde verstehen, wenn sie einmal keine Zeit hat und sie nur telefonieren oder miteinander schreiben können. Und natürlich helfen auch sie, teilen die Lerninhalte der Schule. Ihre Lehrer versorgen sie mit all den wichtigen Unterlagen, damit sie nichts verpasst. Charlotte ist in der elften Klasse und mit den Leistungskursen Französisch, Biologie und Geografie gibt es viel zu lernen. Und auch das schafft sie. Abends im Hotel ist es dann nicht der Fernseher, sondern der Unterrichtsinhalt, der sie beschäftigt.
Und wir drücken die Daumen
Der Saisonabschluss rückt näher und es geht nach Altenberg in Sachsen. Dort findet am 11. und 12. Februar neben der Deutschen Meisterschaft auch die Deutsche Juniorenmeisterschaft statt. Sie sei entspannt, sagt sie und viele von uns werden auch gespannt sein und mitfiebern.
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