Pressemitteilung vom 15.02.2022
Wind im Haar, Wald im Blick: Führung zur Waldentwicklung
Sonntags um 10 Uhr an der Köppelhütte. Zu einer Führung der besonderen Art hatte Carsten Frenzel eingeladen, Produktleiter für Waldinformation und Umweltbildung von Landesforsten. 25 Teilnehmer waren gewillt, zäh und entschlossen nach frostiger Nacht dem Wetter zu trotzen.
Montabaur. Keine Winterdepressionen, leichte Grade im Plus bei absolutem Sonnenschein und ordentliche Windgeschwindigkeit ließen den Teilnehmern die Möglichkeit, den Köppel mal ganz anders zu betrachten. Sogar eine Österreicherin, die gerade in der Gegend ist, wollte mit. Geboten wurde Fernsicht pur bei einem kurzweiligen Gang über das karge Gelände. Nur Kenner verlaufen sich hierhin, um bewusst die triste Waldfläche in den Fokus zu nehmen.
Heute stehen der Anpflanzung der Fichten auf der Montabaurer Höhe viele misstrauisch gegenüber. Doch wer denkt noch an die einstmalige Entwaldung für die unersättlichen Kannenöfen im Kannenbäckerland, die Holzkohlegewinnung für die Blei- und Silberhütten an der Lahn, die Reparationshiebe nach den Weltkriegen, den Wiederaufbau nach dem Dreissigjährigen und dem Zweiten Weltkrieg? Waldbewirtschaftung wurde an anderen Maßstäben gemessen als wir es heute tun. Es brauchte schnell nachwachsende Rohstoffe. Carsten Frenzel spannt den Bogen ins Hier und Jetzt: Was bedeuten 30 oder 50 Jahre in einem Baumleben?
Beim Spaziergang über den Klimawandelpfad des Forstamtes Neuhäusel entlang des Bannberscheider Markwaldes wollte Frenzel zunächst zeigen, wie sich die Natur nach dem Absterben der Fichtenwälder selbst hilft. Das konnte er gut anhand von Jungwäldern, die nach dem Sturm Xynthia 2010 gewachsen sind: Viele Fichten und Birken mit einzelnen Lärchen, Kiefern und Vogelbeeren. Auch Buchen, wenn Altbäume in der Nähe sind oder diese gepflanzt wurden. Doch hat dieser Wald eine Zukunft angesichts des immer heißer werdenden Klimas? Dies sei nicht der Fall, denn keine dieser Baumarten vertrage höhere Temperaturen bei geringeren Niederschlägen. Allenfalls die Buche mag noch in deutlich kleineren Anteilen als heute dabei sein.
Also was tun? Das Angebot der Natur annehmen und durch Pflanzungen von trockentoleranteren Baumarten ergänzen, so die Devise der Förster vor Ort. Das können heimische Laubbäume wie Traubeneiche, Wildkirsche, Elsbeere oder Feldahorn sein, aber auch Nadelbäume wie Weißtanne oder Douglasie seien möglich. Diese allerdings nicht mehr flächig, sondern nur in Mischung mit Laubbäumen. Eine Frage werde beim Ruf nach mehr Wildnis und Natürlichkeit jedoch oft ausgeblendet: Wo soll all das Holz herkommen, da Deutschland schon jetzt viel Holz und Holzprodukte einführen muss? Gerade die Verfügbarkeit von Nadelholz spiele dabei eine entscheidende Rolle. Die Entscheidungsweite beträfe zudem 75 bis 100 Jahre und darüber hinaus. Ohne Pflanzungen werde es nicht gehen, da zu wenige Baumarten in der Nähe seien, was besonders im fast vegetationslosen abgestorbenen Eschelbacher Fichtenwald deutlich werde. Benötigt würden aber schnell Bäume zur direkten CO2-Bindung wie auch ihr Holz zum Ersetzen energieintensiver Baustoffe wie Beton, Stahl oder Aluminium.
Kein Handy klingelte, Eindrücke wurden fotografiert. Werner Sauer als sehr am Wald Interessierter betonte: "Mich haben Sie in Ihren Bann gezogen!" Anne Löning aus Montabaur, die nicht so oft im Wald unterwegs ist, ergänzte: "Dieser heutige Rundweg war für mich so kurzweilig und spannend - es macht Lust darauf, sich mehr mit dem Thema Waldentwicklung zu beschäftigen."
Die gleichen Highlights, gepaart mit Wissen, Wind und Wald, bietet das Forstamt Neuhäusel an folgenden Terminen an: 13. März (nur noch Restplätze) und 10. April, jeweils um 10 Uhr nach Anmeldung unter cfrenzel@wald-rlp.de . Fragen zum Wiederbewaldungsthema können gerne weiterhin Förster Frenzel auch unter der Bürgertelefonnummer 06131 844200666 gestellt werden. (PM)
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