Atomkraftgegner empfangen Bundeskanzlerin Angela Merkel
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel war am Montagabend zu Gast in Betzdorf und sprach auf der Wahlkampfveranstaltung der CDU in der Stadthalle. Sie wurde von etwa 800 Demonstranten empfangen, die gegen die Laufzeitverlängerung demonstrierten.
Betzdorf. Gegen 19.15 Uhr traf Bundeskanzlerin Angela Merkel in Betzdorf ein, um die CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner und die beiden Landtagskandidaten Dr. Josef Rosenbauer und Dr. Peter Enders aus dem Kreis Altenkirchen zu unterstützen. Die Bundeskanzlerin wurde von gut 800 Demonstranten lautstark begrüßt, die am späten Nachmittag mit einem "Montagsspaziergang" durch die Betzdorfer Innenstadt ihren Unmut über die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke zum Ausdruck brachten und den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie forderten. Sie skandierten "Atomenergie: abschalten! Atompolitiker: abwählen!"
Marion Pfeiffer von den Bündnisgrünen aus Betzdorf, Landtagskandidatin Anne Neuhof und Eveline Lemke, Spitzenkandidatin der Grünen, versuchten vergebens, der Bundeskanzlerin eine Torte mit der Aufschrift "Atomenergie? Nein danke" zu überreichen. Abgeschirmt von Sicherheitskräften und Mitgliedern des CDU-Ortsverbandes Kirchen bahnte sich die Kanzlerin eilig den Weg in die Stadthalle. Mit dem Besuch der Bundeskanzlerin war erstmals in der Geschichte des Landkreises Altenkirchen ein amtierender Bundeskanzler zu Gast in der Siegstadt. Während Angela Merkel in der Stadthalle mit großem Beifall empfangen wurde, formierte sich auf den Straßen vor und während ihres Besuches der Protest gegen die Atomenergie.
Das Aktionsbündnis gegen die Laufzeitverlängerung der AKWs in Deutschland hatte zu der Demonstration in Betzdorf aufgerufen, der sich auch das Aktionsbündnis Hachenburg um ihren Sprecher Harry Neumann angeschlossen hatte. "Wir fordern die Energiewende, jetzt!", rief Marion Pfeiffer den Demonstranten am Betzdorfer Busbahnhof zu. Die Katastrophe von Fukushima sei "Ausdruck menschlicher Überheblichkeit", lenkte Neumann den Fokus auf die Naturkatastrophe in Japan, deren Opfer man mit einer Schweigeminute gedachte. Das Gerede vom Restrisiko und der Atomkraft als Brückentechnologie sei schlichtweg zynisch, sagte er zu den Demonstranten, diese Technologie führe in den Tod. "Alle Atomkraftwerke müssen vom Netz", forderte er, man müsse endlich auf erneuerbare Energien setzen. Auch SPD-Kandidat Dr. Matthias Krell sprach sich für einen schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomenergie aus. Die Reaktorkatastrophe sei der erneute Beweis, dass Atomenergie nicht beherrschbar sei. Der Atomkonsens von Rot-Grün müsse nun die Grundlage bilden für den Ausstieg aus der Atomenergie, so Krell. Der Umstieg auf erneuerbare Energien biete vielfältige Chancen, die es zu nutzen gelte.
Über die B 62 und die Hindenburgbrücke führte der Demonstrationszug in die "Atomfreie Zone" gegenüber der Stadthalle, wo auf der anschließenden Kundgebung lautstark die Energiewende gefordert wurde. Allen voran kritisierten Eveline Lemke, Spitzenkandidatin der Grünen, und Atomkraftgegner Joachim Scheer die Energiepolitik der CDU. Scheer schilderte seinen Kampf gegen das Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich, das Ende der 1980er Jahre vom Netz und danach nicht mehr in Betrieb genommen wurde. "Wir hoffen, dass wir erheblich dazu beitragen können, dass die Atomkraftwerke abgeschaltet werden", betonte er. Es dürfe kein Atomkraftwerk mehr in Deutschland noch sonst wo auf der Welt gebaut werden, forderte auch die Spitzenkandidatin der Grünen, Eveline Lemke. Auch nach der Wahl müsse man auf der Straße Druck ausüben, die Montagsdemonstrationen fortsetzen, rief sie den Demonstranten zu.
"Das Restrisiko heißt CDU", skandierte Lemke weiter, die die Bundeskanzlerin für ihre Haltung in der Atompolitik scharf kritisierte. Mit der Laufzeitverlängerung sei ein gesellschaftlicher Konsens aufgekündigt worden. Nach der Katastrophe in Japan wolle man nun von einer Stromlücke nichts mehr wissen, stellte sie die Kehrtwende der Bundesregierung in Frage. Und auch die Demonstranten fanden dazu klare Worte. "Schluss mit der Heuchelei!", "Vom Todesengel zum Umweltengel? Und nach der Wahl? Angela?" oder "Merkel, wir wissen wo dein Kraftwerk steht" hatten sie auf ihre Transparente geschrieben. Zugleich richtete die Spitzenkandidatin der Grünen den Blick auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Die Wahl in Rheinland-Pfalz sei richtungsweisend und werde mit darüber entscheiden, wie schnell eine Energiewende herbeigeführt werden könne. „Frau Merkel, schlagen sie das Kapitel Atomkraft zu“, lautete ihr eindeutiger Appell am Ende der Kundgebung. (Thorben Burbach)
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