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Nachricht vom 10.04.2022    

Vom Westerwald nach Mumbai: Chris Pfeiffer coacht indische Tischtennis-Topspielerin

Wenn es um Erfahrung als Tischtennis-Trainer, kann Chris Pfeiffer schon eine ganze Menge vorweisen. Sogar als deutscher Nationalcoach hat er bereits seine Brötchen verdient. Nun verschlägt es ihn rund 6800 Kilometer in östliche Richtung.

Chris Pfeiffer wird in gar nicht allzu ferner Zukunft Trainer der indischen Ranglistenersten Manika Batra. (Foto: privat)

Hof/Düsseldorf. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Dieses Sprichwort ist nicht unbedingt der Leitfaden, an dem sich Chris Pfeiffer orientiert. Weg aus einer festen und sicheren Anstellung unter dem Dach des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) und hinein in einen neuen Lebensabschnitt, der, rund 6800 Kilometer von Deutschland entfernt, wohl im nächsten Monat beginnt. Im indischen Moloch Mumbai (ehemals Bombay) wird der 33-jährige gebürtige Hachenburger seine Zelte als Trainer aufschlagen. Die Aufgabe ist exotisch und interessant zugleich: Er soll die Nummer eins des Landes im Frauenbereich, die 26 Jahre alte Manika Batra, auf die nächsten Olympischen Spiele in zwei Jahren in Paris vorbereiten. Hinter sich lässt Pfeiffer ein sicheres Engagement beim Dachverband.

Seit 1. Juli 2020 kümmerte er sich als Bundestrainer um den Nachwuchs im Jungenbereich (U 15/und teils U19) im Düsseldorfer Leistungszentrum, wo er sich zudem ein Büro mit Bundestrainer Jörg Roßkopf teilte. Zuvor hatte er sich weitere Sporen unter anderem als (Co)Coach beim FSV Kroppach (Frauen-Bundesligist), TTC Zugbrücke Grenzau (Männer-Bundesligist) oder dem heutigen Männer-Zweitligisten FSV Mainz 05 verdient. Aktiv spielte Pfeiffer unter anderem für Lautzenbrücken, den VfL Dermbach (bei Herdorf) und den FSV Kroppach. "Als ich jedoch gemerkt habe, dass es für den Weg nach ganz oben nicht reichen würde, habe ich die Trainerlaufbahn eingeschlagen", schaut er gewiss nicht im Zorn zurück.

Nächster Schritt in Karriere
"Der Weg nach Indien ist logischerweise der nächste Schritt in meiner Trainerkarriere", ist Pfeiffer sich sicher, die richtige Entscheidung für den Wechsel getroffen zu haben. Die zurückliegenden beiden Jahre seien gut gelaufen, "wir haben Strukturen geschaffen, auf denen sich aufbauen lässt. Die Jungs haben sich gut entwickelt." Als Herausforderung stellt er seine künftige Rolle dar. Eine Spielerin (und nur diese eine Spielerin) auf das herausragendste Event der Sportwelt überhaupt "zielgerichtet" zu trimmen, als "Privattrainer" sozusagen, reize ihn ungemein. Sein neuer Schützling nimmt derzeit bereits Rang 48 in der Weltrangliste ein und schied bei den Spielen im vergangenen Jahr in Tokio in der Runde der letzten 32 aus, was den geteilten 19. Platz bedeutete. 2016 in Rio de Janeiro war es noch ein wenig schlechter gelaufen. Ein erster Prüfstein, inwieweit die Kooperation klappt, erhofft sich Pfeiffer vom Auftritt Batras bei den Commonwealth Games im englischen Birmingham (28. Juli bis 7. August). Immerhin geht das indische Frauenteam als Titelverteidiger nach dem 3:1 im Finale über Singapur im Jahr 2018 bei den Spielen an der australischen Gold Coast an den Start.

Eine super spannende Sache
Generell verbindet Pfeiffer seinen neuen Posten nicht mit dem Begriff "Abenteuer. Das wird eine super spannende Sache, zumal ich noch ungebunden bin". Er habe schon nach der Schule seine Koffer packen und auswandern wollen. "Dass es nun gerade Indien geworden ist, na ja", sind vielleicht minimale Zweifel am Zielland nicht zu überhören. Trotz allem: Nun biete sich die Chance, als Trainer bei Olympischen Spielen zum elitären und kleinen Kreis derjenigen zu zählen, die ganz nah an den Matches dran seien. Erste telefonische Kontakte mit Batra sind bereits Geschichte. Dank des Studiums von Videomaterial hat sich Pfeiffer ein Bild von der Spielweise der in Neu-Dehli geborenen Rechtshänderin machen können, deren Spielsystem er als "nicht so häufig" bezeichnet. Dieses weiter zu entwickeln sei nicht so einfach, "da kann ich mich als Trainer beweisen. Aber das traue ich mir zu". Dass Batras sportlicher Weg auf Erfolg ausgerichtet ist, daran gibt es nach Pfeiffers Kenntnis keine Zweifel. Gemeinsam mit einem Sparringspartner, den er noch aus Mainzer Zeiten kennt und über den die Zusammenarbeit eingefädelt wurde, einem Athletiktrainer und der Akteurin selbst wird das Quartett eine große Wohnung beziehen, die gerade renoviert und dann zum Lebensmittelpunkt wird. "Ich freue mich, dass ich bald ein paar Fotos von der Unterkunft geschickt bekomme", hofft Pfeiffer. Der Weg zur Trainingshalle sei nicht allzu weit.



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Ausstiegsklausel in Vertrag
Zunächst einmal ist Pfeiffers Vertrag auf ein Jahr befristet, wobei er sich kaum Sorgen macht, dass er wirklich nur zwölf Monate auf dem Subkontinent arbeiten muss, denn "eigentlich sollte ich bei Olympia dabei sein". Zudem gewährt der Kontrakt ihm eine Ausstiegsklausel mit einer Frist von drei Monaten. Und für den Fall, "dass es auseinandergeht, bin ich abgesichert. Also muss ich mir keine Gedanken machen, den sicheren Job beim DTTB aufgegeben zu haben." Dass er mit Land, Leuten und Umständen nicht klar kommt, glaubt Pfeiffer nicht. "Ich gehe davon aus, dass ein gewisser Lebensstandard geboten wird, denn ich arbeite ja nicht für eine Entwicklungshilfe." Diese Annahme gründet er auf den Fakt, dass der Staat Indien immens viel für den Sport tue. "Manika ist ein Superstar in ihrer Heimat, hat auch per Vertrag Adidas an ihrer Seite."

Tischtennis-Schwellenland
Überhaupt sieht Pfeiffer den Tischtennissport auf dem aufsteigenden Ast. Er bescheinigt Indien den Status eines "Tischtennis-Schwellenlandes, das sich positiv entwickelt" – auch weil diese Sportart einen höheren Stellenwert als in Deutschland habe. In Asien rangiere die Nation an vierter Stelle hinter China, Japan und Südkorea. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis sie eine Tischtennis-Nation sei. "Noch gibt es keine Strukturen wie im DTTB", ergänzt Pfeiffer, "aber jedes Jahr werden nationale Meisterschaften ausgetragen, schon länger spielen nationale Ligen, die jedoch durch Corona eingebremst wurden." Auch "relativ wilde Turniere" würden ausgetragen, "zudem finden immer mehr Unternehmen Interesse und geben Geld." Speziell auf Manika bezogen, werde sie sich auf stärkere Konkurrenz aus dem Nachwuchsbereich einstellen müssen. So glaubt Pfeiffer, dass die 1,70 Meter große Akteurin, derzeit im besten Tischtennis-Alter, möglicherweise in Paris mit der Zielvorgabe Erreichen des Viertelfinals den letzten Auftritt im Zeichen der fünf Ringe absolvieren könnte. "Man muss realistisch sein", analysiert er, "zu 100 Prozent wird sie bestimmt nicht mehr zwei oder drei olympische Turniere bestreiten."

Visum liegt noch nicht vor
Nach Ankunft in Mumbai wird sich Pfeiffer, der derzeit noch auf die Erteilung seines Visums wartet, nicht direkt auf die Arbeit stürzen. Zwei Wochen hat er sich Zeit für die Akklimatisation gegeben, um auch die täglichen Abläufe im Team Batra zu analysieren. Danach wird es in die Vollen gehen. Die Übungseinheiten sollen sich täglich über fünf bis sechs Stunden erstrecken, ein bis zwei Stunden kommen hinzu, die mit Gesprächen und Videoanalysen ausgefüllt sein sollen. Material, um vor Ort auch vernünftig arbeiten zu können, sei vorhanden. "Das kann ich mir notfalls auch noch schicken lassen", fügt er an. Zwei bis drei Reisekoffer will Pfeifer, der sich nach einem Studium an der DOSB-Trainerakademie in Köln (Campus Deutsche Sporthochschule) "Diplom-Trainer des Landes Nordrhein-Westfalen" nennen darf, am Check-in-Schalter aufgeben. Bezogen auf die Sportart Nummer eins in Deutschland, den Fußball, wäre er Fußballlehrer. Zuvor hatte Pfeiffer nach dem Abitur am Gymnasium in Marienstatt sein Lehramtsstudium (Geografie und Biologie) vor dem Bachelor abgebrochen.

Weniger Zeit bei der Familie
So geht Pfeiffers Blick ganz klar nach vorne, "man muss sich darauf einlassen", sagt er, die Menschen seien, wie er gehört habe, sehr, sehr herzlich, auch eine Menge Natur gebe es zu sehen. "Ich freue mich ganz einfach", bringt er seine Gedanken auf den Punkt, wohl wissend , dass das Land große Probleme hat, es in den Städten viele Elendsviertel gibt. So werden in den kommenden Monaten auch die Stippvisiten bei seiner Familie in Hof, "wo ich immer wieder vorbei schaue", gänzlich gestrichen, bleiben seine Mutter und seine beiden jüngeren Geschwister ob seiner neuen Aufgabe vielleicht mit ein wenig Bauchgrummeln zurück. (vh)



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