Forum Westerwald thematisiert Wettbewerbsfähigkeit durch Erneuerbare Energien
Nach einer zweijährigen Pause durch die Coronapandemie lud die Friedrich-Ebert-Stiftung am 1. Juni wieder zum „Forum Westerwald“ ein. Das Thema des Abends lautete: „Wettbewerbsfähigkeit unserer Region nachhaltig stärken: Erneuerbare Energien und Energieeffizienz“.
Enspel. Wie wichtig sind Erneuerbare Energien für die heimische Wirtschaft und was sind die Hürden? Diese Frage war zentrales Thema des Abends, zu dem die Friedrich-Ebert-Stiftung ausgewählte Gäste in die Alte Schmiede im Stöffel-Park geladen hatte. Nach einem Vortrag des heimischen Unternehmers Markus Mann und ein paar Worten des Umweltstaatssekretärs Michael Hauer führte Abgeordneter und Landtagspräsident Hendrik Hering durch die anschließende Diskussion und den Abend.
Nach der Begrüßung durch Brigitte Juchems, Leiterin des Regionalbüros Rheinland-Pfalz/Saarland der Friedrich-Ebert-Stiftung, in welcher sie die Wichtigkeit einer Energiewende für Wirtschaftsunternehmen in den Fokus stellte, begann Markus Mann von Mann Naturenergie mit einem Impulsvortrag zum Thema „Energie, die nicht die Welt kostet!“. Der Unternehmer und Vorreiter in Sachen Energienutzung und Klimaneutralität konnte anhand einiger Beispiele verdeutlichen, dass eine rasche Energiewende häufig nicht an dem Unwillen der Menschen und Unternehmen, sondern vielmehr an bürokratischen Hürden liegt. Während sein Betrieb autark aus Erneuerbaren Energien läuft und bis zum Jahresende sogar viel E-Lkws seinen Fuhrpark an über 30 E-Fahrzeugen erweitern werden, zeigte er sich erschrocken darüber, dass kaum ein Unternehmen überhaupt den eigenen CO2-Fußabruck und den damit Verbundenen Impact kenne. „Über 80 Prozent der für Fotovoltaik geeigneten Dachflächen sind in Deutschland ungenutzt. Wären diese mit Solaranlagen versehen, könnte der Bedarf für das ganze Land gedeckt werden. Man muss endlich tun, und nicht verhindern“, appellierte er an Gäste und Politik. Er wünscht sich eine Wende, wie sie schon zu Zeiten der Entwicklung von Kühlschränken oder Autos vonstatten ging – innerhalb von zehn Jahren hatten diese die vorherigen Alternativen gänzlich verdrängt.
Auch Michael Hauer, Staatsekretär des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität des Landes Rheinland-Pfalz, fand in seinem Impulsvortrag klare Worte. Die aktuelle Abhängigkeit von Erdgas aus dem Ausland liegt in Rheinland-Pfalz deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Die Kosten für einen Haushalt sind durch den Krieg in der Ukraine um 125 Prozent auf mehr als das Doppelte gestiegen. Eine Situation, die dringend einen Notfallplan erfordere, denn die Energie sei ja nicht plötzlich „mehr wert“, sondern schlicht teurer. Um eine Abhängigkeit zu verringern, müsse man neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und dem Abbau bürokratischer Hürden auch die Industrieunternehmen im Auge behalten, die eine Transformation von Erdgas- oder Methaneinspeisung zu Wasserstoff durchlaufen müssten. Da man den Bedarf an Wasserstoff nur zu 10 Prozent selbst decken könne, sei hier allerdings auch wieder eine Abhängigkeit unumgänglich – jedoch eine klimafreundlichere.
Die Angst vieler Menschen vor einer schlechteren Versorgung bei Erneuerbaren Energien konnte er letztlich auch entkräften, denn Deutschland liegt in dem Bereich auf Platz 2 hinter der Schweiz und hatte im letzten Jahr insgesamt nur etwas über zehn Minuten einer „Versorgungslücke“ bei den reinen Erneuerbaren Energien. Bei der Auswahl geeigneter Flächen steht durch die neuen Gesetze der Naturschutz in Zukunft auch nicht mehr als KO-Kriterium über dem Klimaschutz, sondern beide werden gleichgestellt. Auch Hauer begrüßt den Abbau bürokratischer Hürden, um eine Energiewende im Großen und Kleinen zu forcieren. Denn um das Ruder rumzureißen, sei jeder gefordert, egal ob Unternehmen oder Privathaushalt.
Wie groß die Hürden häufig sind, wusste der Gast Thomas König zu berichten. Er ist Werksleiter bei der Firma Soprema in Oberroßbach. Nachdem das Unternehmen Stromanteile einer Windkraftanlage kaufte, dauerte die Genehmigung der Verlegung eines Stromkabels zum Werk, um diesen Strom auch nutzen zu können, ganze drei Jahre. Die Inbetriebnahme eigener Windkraft- oder Solaranlagen sei ebenfalls mit einer hohen Bürokratie verbunden, sowohl für Unternehmen als auch für Privatleute. Dies wusste auch Hendrik Hering zu berichten, der sich sehr für eine Energiewende einsetzt und viele Unternehmen und Kommunen im Westerwald unterstützt. „Die Investitionsbereitschaft erlebe ich als wahnsinnig hoch, wenn die Hürden nicht wären. Es liegt gar nicht mal an fehlender Bereitschaft oder fehlenden Mitteln, sondern fehlenden Möglichkeiten“, weiß Hering.
Ein ganz anderes Problem brachte Katharina Schlag von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Westerwaldkreis in die Diskussion ein. „Bei all den Wünschen und Plänen klingt das natürlich gut, aber es ist eben aus vielen Gründen nicht so leicht umsetzbar. Wenn ein Unternehmen beispielsweise eine Fotovoltaik-Anlage errichten möchte, stellt sich die Frage: Wer macht´s? Es fehlen ja auch die Materialien und Handwerker für die Umsetzung“, erzählte sie aus ihren Erfahrungen mit Unternehmen. Auch die Stimmen nach einer De-Globalisierung und dem Zurückholen von Industrie in die Region, wie Mann und Hauer als Möglichkeit einer Verlagerung der Wertschöpfungskreisläufe in den Raum stellten, empfindet sie als nicht so einfach wie es klingt, denn auch da bliebe die Frage: wer macht´s? Fachkräfte seien ebenfalls teilweise schwierig zu finden.
Die lebhafte Diskussion mit vielen Impulsen und Ideen, aber auch Wünschen, zeigte neben einigen Möglichkeiten einer Energiewende auch die Probleme auf. Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis oft mit vielen Hürden verbunden. Am Ende waren sich allerdings alle einig, dass dringend etwas passieren muss – sowohl in der Umsetzung, als auch in der Schaffung unbürokratischer Lösungen. Denn gerade in Hinblick auf die Zukunft ist es wichtig, dass unsere Energie nicht die Welt kostet.
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