Ministerpräsidentin Dreyer erlebt Westerwald-Brauerei als überaus nachhaltig
Sommertouren stehen seit Jahren auf den To-do-Listen von Politikern, die sich weitab von ihren angestammten Büros über dieses und jenes vor Ort informieren möchten. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer besuchte während ihrer zweitägigen "Im-Land-daheim-Tour" Leuchttürme der Nachhaltigkeit wie die Westerwald-Brauerei in Hachenburg.
Hachenburg. Das Wetter ist ideal, mal schnell ein kühles Blondes die Kehle herunterfließen zu lassen. Temperaturen um die 27 Grad bei leicht bewölktem Himmel verleiten am Dienstagnachmittag (30. August) einfach dazu, ein Gläschen Pils, das dazu noch in Steinwurfweite gebraut wird, sich gegen den Durst zu genehmigen. Selbst der hohe Gast aus Mainz, Ministerpräsidenten Malu Dreyer, probiert im Innenhof der Westerwald-Brauerei in Hachenburg den lokalen Gerstensaft, ehe sie sich vom Geschäftsführer des Unternehmens, Jens Geimer, bei einem Rundgang die einzelnen Schritte der Bierherstellung erläutern lässt. Die Firma, gegründet 1861 und seit fünf Generationen in Familienbesitz, ist die letzte Station auf Dreyers „Im-Land-daheim-Tour“, die sie an zwei Tagen zu Leuchttürmen in Sachen Nachhaltigkeit geführt hat.
Klimaneutral durch Kompensation
So berichtete Geimer, dass die Brauerei seit 1. Oktober des vergangenen Jahres als 100-prozentig klimaneutral durch Kompensation gilt. Das treffe nicht nur auf die Herstellung der Biere zu, sondern auch auf sämtliche Dienstleitungen und das komplette Unternehmen. Somit sei es nach Scope 1, 2 und 3 zertifiziert (so werden drei Bereiche definiert, denen Emissionen zugeordnet werden können). Da es noch nicht gelinge, Emissionen komplett zu vermeiden, „werden Umweltprojekte weltweit unterstützt“. Umweltschutz habe „für uns als Lebensmittelhersteller“ schon jeher einen großen Stellenwert, denn die vier Rohstoffe zum Brauen seien reine Naturprodukte. „Bereits 1985 haben wir den Bundesumweltschutzpreis erhalten und auch danach immer wieder Initiativen für den aktiven Umweltschutz gestartet und gefördert“, ergänzte Geimer.
Um 50 Prozent gesenkt
Mit stetigen Investitionen in Produktion und Energieversorgung konnte die Westerwald-Brauerei nach eigenen Angaben ihren CO2-Fußabdruck in den zurückliegenden Jahren bereits um 50 Prozent senken. Als Highlights auf diesem Weg steht die komplett neue Energieversorgung mit den ausgetauschten Kälte- und Dampfkesselanlagen im Jahr 2017 und das neue Sudhaus, das Ende 2020 in Betrieb genommen wurde. Unter dem Strich ergaben sich Einsparungen beim Strom (40 Prozent) und beim Gas (30 Prozent). Ein weiterer großer Schritt zur Reduzierung der Treibhausgase, so Geimer, sei die Umstellung von der Bügel- und die neue Drittel-Flasche, mit der viele Voll- und Leergut-Transporte weggefallen seien. „Wir brauen alle unsere Biere nunmehr in Hachenburg“, fügte er an. Selbst der Produktionsstandort der T-Shirts für den Verkauf im Shop sei analysiert worden – mit dem Ergebnis, dass die Firma Trigema (Burladingen), die ebenfalls für ihre Klimaaffinität bekannt ist, diesen Part übernommen habe. Derzeit werden Flüssiggastanks mit einem Fassungsvermögen von 29 Tonnen gebaut, um einem möglichen Erdgasmangel vorzubeugen. „Ohne Gas können wir kein Bier brauchen“, lautete Geimers einfache Darstellung.
Viele kleine Maßnahmen
Darüber hinaus ergänzen viele kleine Maßnahmen die eingeschlagene Richtung: So wurde die Umstellung der Beleuchtung auf LED-Varianten genannt. Das Abwasser dient vom Ende des Jahres an zum Betrieb einer Biogas-Anlage. Der Fuhrpark, der für Vertriebsmitarbeiter und Führungskräfte bereitsteht, wird bereits aus der Steckdose betankt, aus denen Öko-Strom fließt, den die Firma Mann Energie aus Langenbach (bei Kirburg) einspeist. Auf der anderen Seite muss das Unternehmen pro Jahr aber 450 Tonnen CO2 (Kohlensäure) einkaufen, um den Betrieb im Leitungsnetz zu garantieren, die, so Geimer, „über das Dach wieder verschwinden“. Auch beim eigentlichen Brauen werde Kohlensäure benötigt. Dass sich die Bemühungen in Sachen Klimaschutz auszahlen, ist noch nicht beim Kunden so richtig präsent. Der Verbraucher zahle keinen Euro mehr, „nur weil wir klimaneutral sind“. Geimer kritisierte, dass viele große Unternehmen mit Klimaneutralität werben würden, aber nur auf Teile dieser Firmen das Prädikat zutreffe. Die „Hachenburger“ ist ebenfalls in Sachen Abfallmanagement besser aufgestellt als vor Jahren. Die Menge des zu recycelnden Materials konnte deutlich ausgeweitet werden. Alles in allem zeigte sich Geimer zuversichtlich: „Aus jeder Krise werden sich Chancen ergeben.“ Dreyers Fazit fiel kurz, aber prägnant aus: „Ein Kompliment an alle, das war sehr beeindruckend.“ Nachhaltigkeit könne nur gelebt werden, „wenn die Spitze es will“. (vh)
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