Altenkirchener Spiegelzelt: Wenn Simon & Garfunkels Tophits wieder erwachen
Die Songs dieses Duos sind einfach unsterblich: Simon & Garfunkel haben vor 50, 60 Jahren Lieder geschaffen, die noch immer gut zu hören sind. Wer sich an ihnen versucht, ist immens gefordert. Die "Simon & Garfunkel Revival Band" beherrscht die Stücke ihrer Vorbilder in nie gekanntem Gleichklang.
Altenkirchen. Von den Zuhörern hat sich keiner die Augen verbunden. Wäre das der Fall gewesen, hätte er immense Probleme gehabt, Original von Cover zu unterscheiden. Die "Simon & Garfunkel Revival Band" wandelt bei ihrem Auftritt im Altenkirchener Spiegelzelt beinahe passgenau auf den Vorlagen, die das US-amerikanische Folk-Rock-Duo in den 1960- und 1970er-Jahren erschaffen hat. Und wenn dennoch die eine oder andere Nuance der Abweichung zu hören ist, ist sie gewollt, womit das Quartett aus Erfurt den vielen Welthits bisweilen seinen ureigenen Stempel aufdrückt. "Feelin’ groovy" heißt ihr Programm, und dass sich die Besucher rund zwei Stunden lang an diesem Dienstagabend (30. August) einfach nur wohl und gut unterhalten fühlen, wird Wirklichkeit. Da passt alles. Frontmann Michael Frank alias Paul Simon und sein kongenialer Partner, Guido Reuter (Art Garfunkel), lassen schon rein optisch die längst vergangenen Zeiten wieder aufleben, weil Reuter gut einen halben Kopf größer ist als Frank. Wie auch damals ist Spektakuläres auf der Bühne nicht ihr Ding. Minimalismus prägt das Geschehen. Ohne sich großen Brimboriums bedienend, setzt die Formation auf stimmliche Fertigkeiten, über die die beiden inzwischen 80 Jahren alten Weltstars staunen würden, und auf musikalische Extraklasse. Frank und Reuter sind weit davon entfernt, den schmalen Grad, auf den sie sich gesanglich mit "Bridge over troubled Water", "Cecilia" oder "The Boxer" begeben, zu verlassen.
Ein wenig rockiger gefällt
"The Sound of Silence" kommt ein wenig rockiger daher, was dem Stück nicht unbedingt schadet. Dass mehr Power durchaus in Ordnung ist, hat vor geraumer Zeit schon David Draiman als Sänger der Metal-Band "Disturbed" aus Chicago bewiesen, dessen Version des Klassikers die Erinnerungsabteilung im Gehirn gewiss nicht verlassen muss. Wie Frank & Co. sich nahezu identisch mit sanften und leidenschaftlichen Balladen ihrer Idole auseinandersetzen können, beweisen sie bei "Scarborough Fair" oder "Bright Eyes", die an Authentizität kaum zu überbieten sind. Der Schwenk zu Simons Solo-Album "Graceland" aus dem Jahr 1986, das westliche Folk- und Popmusik mit afrikanischen Tönen vereint, lässt die Zuhörer immer intensiver ins Konzert eintauchen. "Diamonds on the Sole of her Shoes" und vor allen Dingen "You can call me Al" wirken wie ein Befreiungsschlag, der das Mitklatschen im Stehen intensiviert, mehr Lockerheit bringt und in der Interaktion die Freude am Auftritt bei den Vier auf der Bühne steigert. So jedenfalls lässt sich die Mimik der Gruppe deuten.
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Zwei weitere klasse Musiker
Apropos Abstecher: Auch Simons Anleihen in der musikalischen Welt Südamerikas wie in "El Cóndor pasa" oder einer Extraversion von "Cecilia", mit Flötenunterstützung Reuters, liefern die Beweise für die extrem hohe Qualität in dem breit aufgestellten Repertoire derjenigen, die das Erbe der ehemaligen Schulfreunde, die beide im Jahr 1941 geboren wurden, nicht in der Versenkung verschwinden lassen wollen. Dieses Ansinnen wird aber nicht nur von Frank und Reuter getragen. Sebastian Fritzlar als sozusagen "Fast-Zehnkämpfer", weil beinahe an ebenso vielen Instrumenten geschult und im Einsatz, und Ingo Kaiser (Schlagzeug und Percussion) helfen ebenfalls, die Trennung zwischen Ur- und Neuversion vergessen zu machen/lassen, weil sie einfach nicht auszumachen ist. Was die beiden "drauf" haben, beweisen sie in einem mehrminütigen Intermezzo und völlig losgelöst von der Setliste, nachdem sich Frank und Reuter heimlich, still und leise hinter die Bühne zurückgezogen haben. Dass es nach wie vor Fans der von Simon geschriebenen Stücke gibt, zeigt ein Blick auf die kommenden Auftritte der Formation, die an mehr als an zwei Händen abgezählt werden müssen.
Ein wenig Dialog
Schaffen es zu Beginn Frank und Reuter, die Bühne auch ohne viel zu sagen zu betreten, ihre Musik ganz einfach sprechen zu lassen, tauschen sie sich doch nach und nach untereinander ein wenig aus. Da geht es beispielsweise in nicht ernst gemeintem Sinn darum, ob sie nach der (für den Zuhörer gefühlt zu langen Pause) überhaupt wieder das Konzert fortsetzen. Immerhin wird die Frage nach gut 20 Minuten geklärt, weil der zweite Teil mit dem Klassiker "Mrs. Robinson" aus dem Spielfilm "Die Reifeprüfung" (1967/Dustin Hoffman/Anne Bancroft) startet. Und die vermeintliche Diskussion, ob "50 Ways to leave your Lover" traurig (Frank) oder nicht (Reuter) sei, verebbt ganz einfach, denn der Titel ist prompt an der Reihe. Ob es nun 50 Varianten (Gründe) braucht, um sich von seinem Liebhaber zu trennen, sei einmal dahingestellt. Meistens genügt nämlich nur eine einzige… (vh)
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