Mehrbachtal: Grundstein für Aus- und Umbau der Kläranlage gelegt
Der Umbau und die Erweiterung der Kläranlage Mehrbachtal ist eines von zwei Leuchtturmprojekten, die die Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld tief in die Taschen greifen lässt. Nach derzeitigem Stand fallen Kosten in Höhe von rund 11,6 Millionen Euro an.
Hirz-Maulsbach. Idyllisch ist es im Tal des Mehrbachs zwischen Mehren und Niedermaulsbach als Teil der Ortsgemeinde Hirz-Maulsbach eigentlich das runde Jahr über. Mit der Ruhe ist es aber für womöglich mehr als 24 Monate nun vorbei. Und auch die schlechte und enge Kreisstraße wird für einen gewissen Zeitraum ein wenig mehr Fahrzeuge verkraften müssen. Die Werke der Verbandsgemeinde (VG) Altenkirchen-Flammersfeld lassen die Kläranlage Mehrbachtal (Gemarkung Hirz-Maulsbach) umbauen und erweitern. Die Arbeiten haben bereits begonnen und sollen alles in allem bis Ende des Jahres 2024 der Vergangenheit angehören. Der Bauherr hat Kosten in Höhe von 11,6 Millionen Euro veranschlagt. Neben diesem Leuchtturmprojekt in den Grenzen der großen VG ist der Bau des neuen Hallenbades auf der Altenkirchener Glockenspitze das alles Überragende und übertrumpft diesen Ansatz kostentechnisch mit womöglich circa 18 Millionen Euro noch deutlich. Ist das Projekt am Ufer des Mehrbachs Wirklichkeit geworden, stellt es eine Reinigungseinheit dar, die knapp 8000 Einwohnergleichwerten entspricht. Im Gegenzug wird die 1984 in Betrieb genommene Teichkläranlage in Hasselbach außer Dienst gestellt. Künftig werden die Ortsgemeinden Hasselbach, Weyerbusch, Werkhausen (bislang auf Hasselbach fixiert), Ersfeld, Fiersbach, Forstmehren, Hirz-Maulsbach, Kircheib, Kraam und Mehren jeweils "ihr" Abwasser in die erweiterte Säuberungsstation schicken, die seit dem Jahr 2000 arbeitet.
Deutlich bessere Reinigung
"Die Abwasserbeseitigung ist eine Pflichtaufgabe einer Verbandsgemeinde", erklärte Fred Jüngerich als Bürgermeister der VG am Donnerstagvormittag (8. September) bei der Grundsteinlegung, der Aus- und Umbau stärke den lokalen und überregionalen Umwelt- und Naturschutz. Die Vorflut, also der Mehrbach, werde in einen besseren Zustand versetzt, als Folge dessen auch die Wied und der Rhein. "Wir werden eine deutlich effizientere Reinigung erzielen. Jeder Cent ist also goldrichtig angelegt", ergänzte er und betonte, dass bei der Vergabe der einzelnen Gewerke, wenn heimische Firmen zum Zuge kämen, die lokale Wirtschaft gefördert werde, "das Geld bleibt in der Region". Jüngerich dankte darüber hinaus Staatssekretär Dr. Erwin Manz aus dem Mainzer Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität, das das Vorhaben mit einmal 3,0 ("Geschenk") und einmal 3,6 Millionen Euro (Darlehen) fördert. Dazu kämen noch 600.000 Euro von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und 400.000 Euro aus Bundesmitteln. Manz freute sich, dass die VG die Chance genutzt habe, "etwas neu aufzustellen, zumal die Kläranlage in die Jahre gekommen ist". Die geplante Reinigung werde effizienter und kostengünstiger. Das führe auch zu einer geringeren Beitragsbelastung für die Bürger. Er erinnerte daran, dass sich EU-weit bis zum Jahr 2027 alle Gewässer in einem guten Zustand zu befinden hätten, und dass die VG für die Novellierung der Abwasserverordnung, die noch ausstehe, bestens vorbereitet sei. Alexander Schulz-Pflugbeil, Geschäftsführer des Unternehmens Enwacon Engineering (Bonn), das gemeinsam mit der Firma Rheinplan Ingenieurgesellschaft für Wasser- und Abwassertechnik (Bonn) für die Planung verantwortlich zeichnet, erläuterte, dass die Teichkläranlagentechnik nicht mehr den aktuellen Erfordernissen entspreche. Sie hätte ihre Hochzeit in den 1980- und 1990er-Jahrer gehabt. Ein Erdbecken der Anlage in Hasselbach werde zu einem Regenrückhaltebecken umfunktioniert. Inzwischen sei bereits ein erforderlicher neuer Sammler zwischen Hasselbach und Forstmehren fertiggestellt. Um den zunehmenden Starkregenereignissen gerechnet zu werden, sei dieser als Stauwasserkanal mit einem Durchmesser von 1,40 ausgelegt worden, so dass die Kläranlage entlastet werde. Ebenfalls als Stauwasserkanal sei ein Abschnitt am Mehrener Sportplatz definiert. Mit Blick auf die Anlage, die auf einer limitierten Fläche entstehe, meinte Schulz-Pflugbeil: "Alles wird sehr, sehr energieeffizient für eine nachhaltige und sichere Abwasserentsorgung für die nächsten Jahrzehnte."
Planungen begannen 2018
Bereits im Jahr 2018 waren gemeinsam mit Rheinplan-Enwacon die ersten Planungen zur Optimierung der veralteten Anlagen in Hasselbach und Mehrbachtal aufgenommen worden. Im Ergebnis wurde die Zusammenlegung beider Einheiten favorisiert. Kern der neuen Kläranlage werden zwei SBR-Reaktoren sein, die einen zweistraßigen, redundanten und damit sicheren Betrieb erlauben. Zum einen war dies eine Auflage der Strukturgenehmigungsdirektion Nord (SGD Nord), zum anderen spart das kompakte Verfahren Investitionskosten, weil keine zusätzlichen Bauwerke und Flächen benötigt werden. Vorhandene Bauwerke und Gebäude werden in das neue Konzept eingebunden. Auch die Entsorgungskosten für den Klärschlamm können künftig minimiert werden. Dieser wird maschinell entwässert und so im Volumen reduziert. Die restlichen Mengen werden in der noch zu bauenden thermischen Verwertung der Kommunalen Klärschlammverwertung Region Altenkirchen in Wallmenroth "bearbeitet". Das SBR-Verfahren, welches in der Fachwelt auch als "Sequenzing Batch Reactor" bezeichnet wird, verinnerlicht alle Prozesse entlang einer Zeitachse. Ähnlich eines Waschmaschinenprogramms werden in Teilschritten die Abwassermengen (anaerobe, anoxische als auch aerobe Prozesse) in einer bestimmten und programmierten Zeit in einem Bio-Reaktor gereinigt.
Zwei lange Netze der Werke
Die Verbandsgemeindewerke Altenkirchen-Flammersfeld unterhalten für rund 36.000 Einwohner zwei riesengroße Netze - Wasserversorgung: verkaufte Wassermenge (in erster Linie bezogen über die Wasserversorgung Kreis Altenkirchen) circa 1,70 Millionen Kubikmeter (Jahr 2021), 14 Hochbehälter, 380 Kilometer Leitungsnetz. Im Durchschnitt verbraucht ein Einwohner in Deutschland 121 Liter Wasser pro Tag. Der rheinland-pfälzische Durchschnitt liegt bei 119 Liter. Der Wasserverlust im Jahr 2021 lag bei circa 6,59 Prozent (rund 116.500 Kubikmeter). Abwasserbeseitigung: Abwassermenge circa 5,5 Millionen Kubikmeter (Jahr), betrieben werden zwei Kläranlagen (für je rund 20.000 Einwohnerwerte), eine Kläranlage (6000 Einwohnerwerte), fünf Pflanzen- und zwei Teichkläranlagen, 28 Pumpwerke und vier Verbindungen zu benachbarten Verbandsgemeinden, 115 Regenbauwerke, 600 Kilometer Leitungsnetz und circa 16.000 Hausanschlüsse. Die historischen Anschaffungskosten werden mit 79 Millionen Euro (Wasserversorgung) und 197 Millionen Euro (Abwasser) angegeben. (vh)
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