Orgel meets Sopran - meisterliches Konzert in der Abteikirche im Kloster Marienstatt
Von Wolfgang Rabsch
Wenn sich die Abteikirche im Kloster Marienstatt in einen Konzertsaal verwandelt, das Publikum nach Ende des Konzerts aufspringt und minutenlang stehende Ovationen bereitet, dann muss etwas Außergewöhnliches passiert sein. Einen solchen Jubel erlebt das altehrwürdige Kirchenschiff auch nicht alle Tage. Was war der Grund für diesen Jubel?
Streithausen. Frater Gregor, der künstlerische Leiter des Musikkreises der Abtei Marienstatt, neudeutsch würde man sagen „Mastermind“, zugleich auch Organisator der beliebten Konzerte in der Abteikirche, hatte zum zweiten Triduum eingeladen. Ursprünglich sollten die Sopranistin Julia Kleiter und der Speyerer Domorganist Markus Eichenlaub das Konzert gestalten. Doch kurz vor dem Konzert erhielt Frater Gregor die traurige Nachricht, dass die Sopranistin erkrankt sei. Damit stürzte das ursprünglich geplante Konzertkonzept zusammen und Frater Gregor musste versuchen, innerhalb kürzester Zeit, einen adäquaten Ersatz zu engagieren.
Natürlich lebt auch ein Frater in einer digitalen Welt und ist bestens vernetzt. Es grenzt trotzdem fast an ein Wunder, als es ihm gelang, dass nicht nur der Domorganist Rolf Müller zusagte, sondern auch die hervorragende Sopranistin Elisabeth Menke. „Ersatz“ ist in diesem Zusammenhang fast eine künstlerische Beleidigung, denn das, was beide Künstler boten, war auf allerhöchstem Niveau angesiedelt.
Ein Konzert der Extraklasse - ein Programm der Extraklasse
Georg Friedrich Händel (1685-1759) Haec est Regina Virginum, How beautiful are the feet of them, If God is for usaus: „The Messiah“
Johann Sebastian Bach (1685-1750) Präludium Es-Dur, BWV 552/I, Quia respexit aus: „Magnificat“
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) Doch der Herr, er leitet die Irrenden recht, op. 112, Nr.1, Meine Seele dürstet nach Gott, op. 42, Allegro con brio aus: Orgelsonate Nr. IV, B-Dur, op. 65/4), Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Prophetenaus: Oratorium „Paulus“
Elisabeth Menke/ Rolf Müller Freie Improvisation „Ich mach ein Lied aus Stille und Septemberlicht“
Felix Mendelssohn Bartholdy Allegro maestoso e Vivace aus: Orgelsonate Nr. IV, B-Dur, op. 65/4
Gabriel Fauré (1845-1924) Pie Jesu, Domine aus: Requiem op. 48
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Alleluja aus: „Exsultate, jubilate“ KV 165
Kenner und Liebhaber kirchlicher Musik kommen bei diesem ausgewählten Programm voll auf ihre Kosten. Entsprechend hoch waren auch die Erwartungen, die, das kann man mit Fug und Recht behaupten, vollumfänglich erfüllt wurden. Es ist erstaunlich, wie beide Künstler zusammengefunden haben und ein Konzert ablieferten, welches von keinerlei Schwächen getrübt wurde. Ganz im Gegenteil, Orgel und Sopran verschmolzen zu einer Einheit, die keinen Raum für irgendwelche Missverständnisse ließ.
Elisabeth Menke vereint alle Tugenden in sich, die von einer Sopranistin erwartet werden. Mit ihrer wunderbaren Stimme, die auch über das C hinausgehende Töne erreichte, in Verbindung mit ihrer ausdrucksstarken Mimik und Gestik, zwischen leidend und leidenschaftlich, war es für die Zuhörer ein ungetrübter Genuss, ihr zuhören.
Rolf Müller stand der Sopranistin in Nichts nach. Er ist ein international erfolgreicher, und gefeierter Organist, der durch Auftritte bei vielen Festivals, bei großen Kirchenfesten, bei Rundfunkkonzerten, CD-Aufnahmen, und als Dirigent bei Oratorien in dem Genre Kirchenmusik sich einen überragenden Ruf erarbeitet hat. Die neue Rieger- Orgel im Kloster Marienstatt hatte seinen Meister gefunden, der im wahrsten Sinne des Wortes alle Register zog.
Die begeisterten Zuschauer und Zuhörer erlebten ein Konzert auf hohem Niveau, trotzdem gab es einen Höhepunkt: Es betraf die Improvisation von Sopran und Orgel „Ich mach ein Lied aus Stille und Septemberlicht“. In diesem Stück bewiesen beide Künstler ihr gutes Miteinander, indem sie sich den Ball der Dominanz, und zugleich des Zurückhaltens, abwechselnd zuwarfen, und dabei Orgel und Stimme zu einem Ganzen verschmelzen ließen.
Der Beifall der völlig begeisterten Zuhörer war so fordernd, dass dieser als eine Bitte um eine Zugabe verstanden wurde, die gerne von den glücklichen Künstlern erfüllt wurde. So kamen die Konzertbesucher zuallerletzt noch einmal in den Genuss, ein Stück von Georg Friedrich Händel zu hören „Engel, ewig licht und schön“ („Angel, ever bright and fair“). Viele Konzertbesucher standen auch noch nach dem Ende des Konzerts in der Kirche zusammen, um ihre Gefühle und Eindrücke von dem Erlebten auszutauschen.
Konzerthinweis:
Orgeltriduum - III. Konzert Sonntag, 11. September, 15.15 bis 16.15 Uhr, Ort: Abteikirche.
Thomas Ospital, Titularorganist an St. Eustache (Paris) spielt Werke von Buxtehude, Franck, Vierne, Durufle, Escaich und Improvisationen. (Wolfgang Rabsch)
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