Fritz Stephan GmbH in Gackenbach: Deutschlands Gesundheitsreserve "baut an"
Von Elke Stockhausen
Gackenbach, das kleine Dorf im Buchfinkenland, zählt knapp 600 Einwohner und zeugt dennoch von einer großen, wirtschaftlichen Präsenz im Westerwald. Seine Bekanntheit gründet auf der Tatsache, dass Corona ein beherrschendes Problem darstellte. Im Auftrag der Bundesregierung wurden 2020 bei der ortsansässigen Firma Fritz Stephan GmbH zehnmal mehr Beatmungsgeräte produziert als normal.
Gackenbach. Beatmungs- und Sauerstoffversorgungsgeräte für den klinischen Bereich werden bereits seit 1978 bei der Fritz Stephan GmbH hergestellt. Seit 1990 befindet sich der Firmensitz in Gackenbach. Die 170 Mitarbeiter des mittelständigen Unternehmens scheinen momentan etwas Ruhe zu haben. Während der Hochphase der Corona Pandemie gab es diese Ruhe nicht. Als verlässlicher Partner im Bereich Medizintechnik bestellte das Bundesministerium für Gesundheit (BGM) Beatmungsgeräte zur Versorgung der Bürger. 150 mobile Geräte sind schon in Gackenbach eingetroffen. Weitere 750 werden folgen. Hier reichen die Lagerkapazitäten der Firma nicht aus und es bedurfte der Erweiterung im Bereich Logistik. Der symbolische Spatenstich, für den auch die rheinland-pfälzische Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Daniela Schmitt den Spaten in die Hand nahm, erfolgte am Dienstag (8. November).
Das Versprechen, das mit dieser Erweiterung eingehalten werden kann, formulierte Geschäftsführer Bernd Höhne in seiner Begrüßungsrede so: "Wir haben uns damals nicht vor der Verantwortung gedrückt und die Herausforderung angenommen. Alle Mitarbeiter haben mit großem persönlichem Engagement dazu beigetragen, diese Geräte zur Verfügung zu stellen.“ Die Pandemie entwickelte sich nicht wie befürchtet. Solidarität in der Bevölkerung und das kluge Management der verantwortlich Handelnden, habe die Pandemie einigermaßen bewältigt, so Höhne.
Pandemielager als Gesundheitsreserve
Das BGM habe aus der Erfahrung gelernt und entwickelte gemeinsam mit der Stephan Fritz GmbH die Idee des „Pandemielagers“, die Gesundheitsreserve für Beatmungsgeräte, in der nun in naher Zukunft 900 mobile Beatmungsgeräte, einsatzbereit oder zerlegt, gelagert werden können. Ziel sei es, die 150 bereits lagernden Geräte binnen 48 Stunden an jeden Ort in Deutschland liefern zu können. „Im Falle einer neuen, vom Bundestag ausgerufenen Pandemie oder ähnlich großen Krise versprechen wir der Bundesregierung, innerhalb von acht Wochen 750 Beatmungsgeräte herzustellen und zu liefern“, klärte Höhne auf. Eine prekäre Versorgungslage, wie vor zwei Jahren, würde mit dem Bau der neuen Lagerhalle nicht mehr entstehen. Der Geschäftsführer stellte klar heraus, dass die Verantwortung seitens der Firma gerne übernommen würde und sie scheue nicht das Risiko hinter der Investition von 2,5 Millionen Euro für das Bauvorhaben.
Für Ministerin Daniela Schmitt war es ein „großes Herzensanliegen“, bei diesem Spatenstich dabei zu sein. In der Branche noch unbekannt, rührig und fleißig, bescheiden und dennoch Weltmarktführer, so beschrieb sie die Fritz Stephan GmbH. Es mache sie stolz, was im hohen Norden des Landes hergestellt würde. Im Blick auf die Gesundheitswirtschaft sei es nicht nur Biontec, welches hier ein starkes Unternehmen sei. Unternehmerisches Engagement habe sicher durch die Pandemie geholfen. Der Mittelstand sei auch immer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Soziale Verantwortung und die Schaffung von Arbeitsplätzen in ländlichen Gegenden stellte sie positiv heraus. „Eine tolle Leistung!“, fand die Ministerin.
Wirtschaftlicher Aufschwung
Die Reden der 1. Kreisbeigeordneten Gabriele Wieland, des 1. Beigeordneten der VG Montabaur Andree Stein und des Ortsbürgermeisters Hans Ulrich Weidenfeller festigten den Blick auf ein gutes Gelingen des Bauvorhabens und den damit verbundenen wirtschaftlichen Aufschwung. Wieland bedankte sich bei Familie Stephan, dem geschäftsführenden Gesellschafter Rainer Hafermann und Geschäftsführer Bernd Höhne zudem für den gewählten Firmenstandort. Es sei nicht selbstverständlich, dass eine aufstrebende Firma nicht in eine Großstadt oder ein Zentrum ginge. Sie sei froh und stolz, dass sich die Fritz Stephan GmbH zum Standort Gackenbach bekenne.
Die Zeit, in der despektierlich über die Region „Hinter den Bergen“ gesprochen wurde, sei vorbei, so Stein. Der Westerwald, die Verbandsgemeinde, das Buchfinkenland- eine gehörige Portion zum Erreichen der Prosperität habe die Fritz Stephan GmbH dazu beigetragen. „Wenn es Stephan gut geht, geht es Gackenbach gut“, mit diesen Worten beschrieb Ortsbürgermeister Weidenfeller die Situation treffend. Die Steuereinnahmen durch die Beatmungstechnik verzehnfachten sich für 2020 und brachten Gackenbach unerwartet hohe Gewerbesteuereinnahmen in den Haushalt.
Ein innovatives Unternehmen, das schon mit der Entwicklung eines Sauerstoffsättigungsreglers für Früh- und Neugeborene Erfolge schrieb und 2017 mit dem Sonderpreis des Wirtschaftsministeriums für Medizintechnik belohnt wurde. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass die Mitarbeiter mit Elan für ihren Arbeitgeber tätig sind. Es ist nicht nur die Fertigung der Geräte, viel Zeit wird in deren Wartung investiert. Jedes Gerät muss auf Funktionsfähigkeit überprüft werden, damit der hohe Qualitätsstandard eingehalten wird. Eve, so der Namen eines der mobilen Beatmungsgeräte, das innerhalb von einer Minute einsatzfähig ist. Die Bedienung optisch simpel gehalten und so in Stresssituation vom Klinikpersonal einfach zu bedienen. Die kompakte Bauweise ermöglicht auch den Einsatz in Feldlazaretten und temporär errichteten Notfallzelten.
Symbolischer Spatenstich
Der Spatenstich erfolgte gemeinschaftlich, wenn auch nur symbolisch, denn die Baumaschinen stehen bereits vor Ort. 3000 Kubikmeter Erdreich müssen bewegt werden, bevor die moderne Lagerhalle, ein Verschieberegal-Lager, gebaut werden kann. Platz für Sicherheit und die Möglichkeit, schnell zu handeln. In einem waren sich alle einig: Sie hoffen, dass der Zugriff auf diese Beatmungsgeräte nicht mehr erfolgen muss. (Elke Stockhausen)
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