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Pressemitteilung vom 16.11.2022    

Arbeitsmarkt im Westerwald soll inklusiver werden

Die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen im Westerwaldkreis lag im Oktober noch auf einem hohen Niveau, ist aber rückläufig. Mit 213 registrierten Arbeitssuchenden ist dies die geringste Zahl seit den ersten Auswirkungen der Corona-Pandemie. Gegenüber dem Vorjahr ging sie um 47 Personen oder 18,1 Prozent zurück.

Bereits 2019 war Landesbehindertenbeauftragter Matthias Rösch im Westerwaldkreis unterwegs bei einer ganztägigen Inklusionsrundreise zum Thema Arbeit - damals auf Einladung des Forums Soziale Gerechtigkeit. (Foto: Uli Schmidt)

Westerwaldkreis. Da diese offizielle Statistik nur ein geringer Teil der Menschen mit einem Handicap abbildet, die eine angemessene Arbeit suchen oder sich beruflich verändern wollen, dürfen die Anstrengungen nach Ansicht des Netzwerkes „Senioren- und Behindertenrat Südlicher Westerwald“ (SBR-SÜW) nicht nachlassen, den Arbeitsmarkt in der Region inklusiver zu gestalten.

Da das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) derzeit an gesetzlichen Regelungen zur Verbesserung der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt arbeitet und beispielsweise die beschäftigungspflichtigen Betriebe, die keinen einzigen behinderten Menschen beschäftigen, verstärkt beteiligen will, bleibe die Hoffnung, dass diese Reformschritte wirken und die Chancen für Menschen mit einer Behinderung bei den Arbeitgebern erhöhen.

12.475 nicht besetzte Arbeitsplätze
Landesweit sind von fast 46.000 Pflichtarbeitsplätzen, die in Unternehmen ab 20 Beschäftigten mit einem Menschen mit Behinderung besetzt werden müssen, 12.475 nicht besetzt. Daraus ergibt sich eine Beschäftigungsquote von vier Prozent. Im Westerwaldkreis sind 1.573 Menschen mit einem Handicap auf solchen Arbeitsplätzen beschäftigt. „Den vielen Unternehmen und Verwaltungen, die ihre Pflicht erfüllen und den Menschen mit einem Handicap eine Chance geben, gilt unser Dank“, so Uli Schmidt als Koordinator des Netzwerkes. Jedoch bestehe trotz aller damit verbundener Herausforderungen in dieser Krisenzeit die Hoffnung, dass auch diejenigen Arbeitgeber künftig ihre Verpflichtung besser erfüllen, denen das bisher aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich war.

Der SBR ist überzeugt, dass viele Arbeitgeber in der Region mehr schwerbehinderte Menschen einstellen und beschäftigen wollen. Dies scheitere aber oftmals an fehlenden Kenntnissen über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten oder Einsatzmöglichkeiten von schwerbehinderten Menschen in ihren Betrieben. Um diese Barrieren aufzulösen, wurden im neuen Teilhabestärkungsgesetz die Aufgaben der „Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber“ (EAA) eingeführt.

Die neuen Ansprechstellen sollen Arbeitgeber informieren, beraten und unterstützen bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen. Sie wurden eingerichtet, um proaktiv und unabhängig vom Einzelfall für die Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu werben, Unterstützungsmöglichkeiten aufzuzeigen und eine Lotsenfunktion in Bezug auf die anderen beteiligten Leistungsträger und Stellen wahrzunehmen.

Im Westerwaldkreis wird diese neue Funktion seit Juni wie bisher schon der Integrationsfachdienst (IFD) vom Diakonischen Werk ausgefüllt. EAA-Mitarbeiter Tim Herrmann ist erfreut über das große Interesse an Unterstützung bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im Kreis: „Wir arbeiten in enger Kooperation mit der Arbeitsagentur, Job-Center, dem Integrationsamt, der Deutschen Rentenversicherung, der IHK und der Kreishandwerkerschaft sowie der Wirtschaftsförderungsgesellschaft“, so Herrmann hoffnungsvoll.



Inklusives Arbeiten ohne Barrieren
Ein zentraler Punkt wird bei den Bemühungen sein, wie es in Zukunft besser gelingen kann, Menschen mit einer Behinderung ein inklusives Arbeiten ohne Barrieren zu ermöglichen. Dazu gibt es im Kreis einige (noch zu wenige) Inklusionsfirmen, die in ihrer Mitarbeiterschaft einen hohen Teil von „Behinderten“ beschäftigen und dafür eine finanzielle Unterstützung bekommen. Eine davon ist die Wäscherei Delfin der Hachenburger Service Gesellschaft gGmbH (HSG), die sich über fehlende Aufträge nicht beklagen kann: „Wir haben gut zu tun und beenden bald ein erfolgreiches Jahr 2022“ so HSG-Geschäftsführer Erhard Hauptmann. Er wies daraufhin, dass die für solche Unternehmen hohe Pflichtquote bei der HSG erfüllt wird und zeigt sich verwundert, dass noch immer nicht auch andere Unternehmen den Schritt zur Inklusionsfirma gehen.

Bei der Entwicklung zu einem inklusiven Arbeitsmarkt ist auch das Budget für Arbeit zu berücksichtigen. Es ist im Bundesteilhabegesetz verankert und bietet Menschen mit Behinderung eine Alternative zur Werkstatt. Viweca, die Abteilung für Arbeitsmarktintegration der Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn, unterstützt Werkstattbeschäftigte dabei seit vielen Jahren. So konnten 40 Personen aus der Werkstatt heraus in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse im Rahmen des Budgets für Arbeit vermittelt werden. Die Arbeitgeber erhalten dauerhafte Zuschüsse vom Sozialhilfeträger zum Ausgleich für die Leistungsdifferenz und die personelle Unterstützung am Arbeitsplatz.

„Dieses Instrument bewährt sich weiterhin und ermöglicht dauerhafte, gute Arbeitsverhältnisse“, beschreibt Dagmar Theis, Leiterin der Viweca, das Budget für Arbeit. Für Werkstattbeschäftigte bietet Viweca darüber hinaus Außenarbeitsplätze und Praktika, um der Perspektive Inklusion ständig einen Schritt näher zu kommen. Aktuell werden knapp 30 Personen dauerhaft außerhalb der Caritas-Werkstätten durch die Jobcoaches der Viweca in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes unterstützt. Auch diese Form der Teilhabe bietet Menschen mit Behinderung ein hohes Maß an Integration.

Alle Beteiligten teilen die Auffassung, dass es weiterer Anstrengungen, Impulsen und Instrumenten für die Erreichung eines inklusiven Arbeitsmarktes in unserer Region bedarf. Gute Beispiele sollten verstärkt nach außen getragen und anderen Mut zu eigenem Tun machen. Hier gibt es noch manche Stolperfallen und Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Der SBR-SÜW will dazu beitragen und plant für das kommende Jahr eine ganztägige Inklusionsrundreise mit dem Landesbehindertenbeauftragten Matthias Rösch zum Thema Arbeitsmarkt durch den Westerwaldkreis – wer dabei als Gastgeber mit im Boot sein will oder sonst dazu eine Idee hat, kann sich gerne melden bei Uli Schmidt unter uli@kleinkunst-mons-tabor.de. (PM)


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