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Pressemitteilung vom 30.11.2022    

Wirtschaft im Westerwaldkreis: "2023 wird große Herausforderung"

"Wir spüren eine große Unruhe bei den Betrieben in der Region und in deren Belegschaften. Alle haben auf die eine oder andere Weise Sorge um ihre Zukunft". Mit diesen Worten fasst die Vorsitzende des Beirates der IHK-Regionalgeschäftsstelle Montabaur, Laura Heuchemer, die aktuelle Stimmung der Wirtschaft im Rhein-Lahn-Kreis und den Westerwaldkreis zusammen.

(Logo: Archiv)

Montabaur. In der regulären Herbsttagung IHK-Regionalgeschäftsstelle Montabaur berieten die 17 Vertreter aus Industrie, Handel und Dienstleistung kürzlich über die Lage und Perspektiven der regionalen Wirtschaft. Während einer Pause bei den Haushaltsberatungen im Bundestag war zeitweise die Bundestagsabgeordnete Dr. Tanja Machalet (SPD) aus Berlin per Video zugeschaltet, um sich unmittelbar über die Lage der hiesigen Wirtschaft zu informieren.

2023 werde eine große Herausforderung
„Einerseits sehen wir eine fast bewundernswerte "Wir packen es an"-Haltung in den Unternehmen. Andererseits stellen nach der Corona-Pandemie mit Lockdowns nun die explodierenden Energiekosten, unterbrochene Lieferketten, generell steigende Preise, das Fehlen von Fach- und mittlerweile sogar Arbeitskräften sowie jetzt auch stark steigende Zinsen diese vor teilweise fast unlösbare Aufgaben“, so die Beiräte. Es sei nun vordringliche Aufgabe in den Betrieben, diese soweit möglich Krisen-fest zu machen und Kostenoptimierung zu betreiben. In vielen Unternehmen sei allerdings schon das Gros an Optimierungsmöglichkeiten ausgeschöpft. 2023 werde für diese zu einer großen Herausforderung. Die IHK-Beiräte halten eine Insolvenzwelle für sehr wahrscheinlich. Das gelte wegen der massiv steigenden Baufinanzierungs- und Energiekosten auch für den privaten Bereich.

Der in den letzten Jahren trotz Pandemie die Konjunktur tragende Bausektor werde wegen der steigenden Zinsen nun auch stark betroffen sein. Der Beirat geht von weiteren Leitzinssteigerungen in der Größenordnung von 0,75 Prozent aus. In Zeiten, in denen auch der Wohnungsbau deutlich forciert werden müsse, sei dies Gift. Schon jetzt werde ein Rückgang bei den privaten Baufinanzierungen in Höhe von 40 Prozent registriert. Ähnliches müsse für die Investitionsgüterindustrie vor allem auf den heimischen Märkten erwartet werden. Die Unternehmen würden nun nochmal genau kalkulieren müssen, was an Ersatz- oder Modernisierungsinvestitionen in der näheren Zukunft überhaupt noch realisierbar sei. Schon jetzt würden Projekte verschoben. Die Beschaffungssteuerung und mithin die langfristige Planung mit der entsprechenden Kalkulation sei ausgesprochen schwierig. Mit Blick auf die Notwendigkeit von Investitionen in die Nutzung alternativer Energieträger sei diese Entwicklung sehr problematisch.

Steigender Personalmangel in Hotellerie und Gastronomie
In der Hotellerie und Gastronomie mache sich der Personalmangel mehr und mehr bemerkbar. Viele Fachkräfte sind nach den Schließungen in der Corona-Krise nicht wieder in die Branche zurückgekehrt. Bewerbungen seien Mangelware, weshalb offene Stellen nicht nachbesetzt werden könnten. Hinzugekommen seien die Verdopplung der Einkaufspreise sowie der deutliche Anstieg der Personalkosten. Die Folge: Reduzierte Öffnungszeiten in den Restaurants, die teilweise Abkehr vom à-la-carte-Geschäft und die Hinwendung zu festen Menüs zu festen Zeiten, Catering- und Eventangeboten. Nach Einschätzung der Beiräte der IHK-Regionalgeschäftsstelle Montabaur seien in der Gastronomie weitere Preisanpassungen zu erwarten.



Der Nachfragerückgang bei den Verbrauchern treffe den Einzelhandel hart. „Wer als privater Haushalt eine Verdopplung bis Vervierfachung der Strom- und Heizkosten verkraften muss, ist gezwungen, woanders massiv zu sparen“. Das mache sich dann bei den Ausgaben für Kleidung, Nahrungsmitteln und sonstigen Gütern des täglichen Bedarfs bemerkbar. Wenn zusätzlich die Kosten und damit Preise im Lebensmittelhandel massiv steigen, verstärke sich dieser Effekt sogar noch – so die Befürchtungen des IHK-Gremiums der Unternehmer aus der Region.

Thema war auch die kürzlich beschlossene Strompreisbremse, die ab dem kommenden Jahr greifen soll. Grundsätzlich sei diese aus Sicht der regionalen Wirtschaft zu begrüßen. Das Gesetz sei aber mit derart heißer Nadel gestrickt worden, dass bei dessen Umsetzung – Stichwort: Erlösabschöpfung – mit einem Chaos gerechnet werden müsse, das zu massiven Ungerechtigkeiten führen werde. Der Beirat bat die zugeschaltete Bundestagsabgeordnete Dr. Machalet, sich des Themas vor Ort in Berlin anzunehmen. Dr. Machalet sagte zu, dieses in die Fachgremien zwecks Klärung hineinzutragen.

Ebenfalls auf der Agenda des IHK-Beirates standen in dessen Herbstsitzung Bürokratie- und Genehmigungshemmnisse auf regionaler Ebene, die schwierige Ausbildungssituation mit allgemeinschulisch schlecht ausgebildeten jungen Menschen vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und die Steuerpolitik der Kommunen. Letztere werde mit wachsender Sorge beobachtet. Es verstärke sich der Trend, dass die kommunalen Steuern und Abgaben steigen. Beispielhaft wurde dies an den jüngsten Beschlüssen in Bad Marienberg und Bad Ems besprochen, wo die Hebesätze sowohl für die Grundsteuern wie die Gewerbesteuer 2023 teilweise um bis zu 100 Punkte angehoben werden sollen.

„In der jetzigen Situation Unternehmen und Bürger zusätzlich derart zu belasten, ist ganz schlecht.“ Die IHK-Beiräte warnen davor, weiter an der kommunalen Einnahmenschraube zu drehen. Steuererhöhungen damit zu begründen, dass seitens der Landesebene gefordert werde, die kommunale Finanzkraft stärker auszuschöpfen, sei wohlfeil. „Wer so argumentiert, riskiert, dass Unternehmen vor Ort diese bald nicht mehr aufbringen können. Man sägt damit an dem Ast, auf dem man sitzt. Lassen Sie das sein!“, so der abschließende Appell der IHK-Beiräte an die Kommunalpolitik. (PM)


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