Kreistag Altenkirchen: Verkauf eines Teils der Weba-Stammstrecke genehmigt
Schon seit vielen Jahren wird gefordert, Materialtransporte, wo und wann immer möglich, von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Im Kreis Altenkirchen kann sich eine weitere solche Möglichkeit nunmehr auftun. Ein Teil der Stammstrecke der Westerwaldbahn wird verkauft.
Altenkirchen. Noch stehen die Signale lange nicht auf „freie Fahrt“. Bis es soweit überhaupt ist, werden gewiss einige Jahre ins Land ziehen. Aber die Grundlage ist geschaffen. Der Altenkirchener Kreistag stimmte in seiner Sitzung am späten Montagnachmittag (19. Dezember) ohne Widerspruch dem Verkauf des Teils der Stammstrecke (Gleisgrundstücke) der kreiseigenen Westerwaldbahn (Weba) zwischen Steinebach-Bindweide und dem Endpunkt in Weitefeld zu. Der Transport von Material auf diesem Abschnitt war am 31. Juli 2017 eingestellt, der rund sechs Kilometer lange Abschnitt vom Landesbetrieb Mobilität entwidmet, ein Bahnübergang bei Elkenroth des Gleisbettes „beraubt“ und höhengleich an die querende und sanierte Landesstraße angepasst worden. Als nächster Schritt erfolgt die Ausschreibung für den Verkauf, die in der ersten Januar-Hälfte veröffentlicht werden soll, so dass Ende Januar oder Anfang Februar, so betonten Tobias Gerhardus als für die Weba zuständigem Ersten Beigeordneten der Altenkirchener Kreisverwaltung und Weba-Geschäftsführer Oliver Schrei unisono, Klarheit über mögliche Kaufinteressenten herrsche. Die Firma Westerwälder Holzpellets GmbH (WWP) aus Langenbach (bei Kirburg) und die Ortsgemeinde (OG) Elkenroth hatten jeweils ihre Kaufabsichten bereits bekundet, die Fraktionen von SPD, Bündnisgrünen, FDP und Die Linke den Antrag auf Verkauf der Gleisgrundstücke ins Gremium eingebracht, für die Bernd Becker (SPD) die Initiative der „Ampel und links“ begründete: „Der Kreis ist rechtlich verpflichtet, an den Meistbietenden zu verkaufen. Es gäbe daneben nur die Option nicht zu verkaufen. Daran kann die Westerwaldbahn und damit der Kreis kein Interesse haben, weil alle Sicherungspflichten und der Rückbau bei der Westerwaldbahn verbleiben würden.“
Löwenanteil in OG Elkenroth
In der Gemarkung der OG Elkenroth liegt der Löwenanteil der zu veräußerten Flächen (62.385 von knapp 99.000 Quadratmetern). Während WWP die Trasse instand setzen und, so der Plan, noch bis zum Betriebsstandort verlängern möchte, um Rundholz für die Weiterverarbeitung anliefern zu lassen (aus den „Resten“ werden Pellets gepresst), möchte die OG Elkenroth einen Radweg auf dem Schotterband in ihrer Gemarkung bauen. Die Weba profitiert für den Fall des Verkaufs an WWP, weil sie Trassennutzungsgebühren für die Etappe zwischen Scheuerfeld (Abzweig von der Siegroute und Start- und Endpunkt des Weba-Eigentums) und Steinebach-Bindweide kassieren darf. „Im Vergleich der beiden in Rede stehenden Vorhaben kann jedenfalls festgestellt werden, dass im Hinblick auf Klima- und Umweltschutz die Planungen der Firma Westerwälder Holzpellets als nachhaltig und zukunftsträchtig eingeschätzt werden können“, hieß es in dem Antrag des Quartetts weiter. Über eine mögliche Kaufsumme wurde nichts verlautet. WWP-Geschäftsführer Markus Mann möchte ungeachtet des weiteren Verlaufs des Verfahrens auf jeden Fall den natürlichen Rohstoff bis zum „Bahnhof“ Rosenheimer Lay liefern lassen. Dafür wird der Übergabepunkt im kommenden Jahr noch umgebaut. Richtige Bahnhöfe entlang der Strecke zwischen Steinebach-Bindweide und Weitefeld existieren nicht mehr. Nach Vorstellungen Manns würde sich die Trasse, um den Firmensitz in Langenbach zu erreichen, an der 380-KV-Stromleitung orientieren, die sich über die Höhen des Westerwaldes zieht. Auch anderen Unternehmen könne die Nutzung ermöglicht werden.
Sanierung unabdingbar
Parallel ist die Weba gefordert, in den Abschnitt zwischen Scheuerfeld und Steinebach-Bindweide zu investieren, auf der derzeit in erster Linie die Triebwagen der Daadetalbahn fahren, um Werkstatt, Tankstelle und Waschstraße am Firmensitz zu erreichen. In die Betriebssicherheit dieses Teilstücks müssten wohl, so Weba-Geschäftsführer Oliver Schrei Mitte des Jahres, „zwischen zwei und drei Millionen Euro“ gesteckt werden. Fördermittel könnten aus verschiedenen Töpfen bis zu einer Höhe von maximal 85 Prozent fließen. Die Weba ihrerseits wird indes nicht mehr selbst in den Güterverkehr einsteigen – auch, weil sie nicht mehr über den erforderliche Fahrzeugpark verfügt. Altenkirchens Erster Kreisbeigeordneter Tobias Gerhardus und Schrei hatten vor wenigen Monaten gleichlautend die Kosten für die Wiederinbetriebnahme des jetzt in Rede stehenden Fahrstreifens auf „sieben bis acht Millionen Euro“ veranschlagt. Darin enthalten sei die technisch geforderte Aufrüstung für mindestens drei Bahnübergänge mit Schranken- und Blinklichtanlagen. Wie lange erforderliche Genehmigungsverfahren grundsätzlich überhaupt dauern, vermochte damals niemand zu sagen.
Stahlcoils für Schütz
Die Weba hatte bekanntlich Ende des Jahres 2017 laut politischem Willen den Güterverkehr auf der damals noch hauseigenen Holzbachtalstrecke zwischen Altenkirchen und Selters eingestellt, auf der in erster Linie die Anlieferung der Stahlcoils für die Firma Schütz in Selters erfolgt war. Die Route ging wenig später in den Besitz der Lappwaldbahn (Weferlingen/Sachsen-Anhalt) über, die den Abschnitt sanierte, so dass Schütz weiterhin angedient werden kann. Rund 230.000 Tonnen Fracht wurden pro Jahr von der Weba transportiert. Die Geschichte der Weba-Strecke (Scheuerfeld - Hoher Westerwald) reicht bis zur Eröffnung im Jahr 1913 zurück, der Schienenstrang diente zuallererst und vorrangig dem Transport von Erzen bis ins Jahr 1931. Vor und im Zweiten Weltkrieg wurde er sogar über Friedewald und Emmerzhausen hinaus bis zum Flughafen auf der Lipper Höhe geführt, der Verkehr aber schon bald wieder eingestellt. (vh)
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