Pressemitteilung vom 23.12.2022
Ende einer Senioreninitiative? "555er" bangen um Mitglieder
Alles hat seine Zeit - die der "555er" im Buchfinkenland scheint vorbei zu sein! Galt das Projekt "555 Schritte - fit bis ins höchste Alter" viele Jahre als ebenso beispiel- wie modellhaft für die soziale und sportliche Teilhabe von hochaltrigen Menschen auf dem Land, so scheint das Projekt jetzt zu "sterben".
Buchfinkenland. Die Teilnehmenden ü-80-Senioren der ersten Stunde ab 2009 aus Hübingen, Gackenbach und Horbach sind inzwischen über 90 und viele von ihnen leider bereits verstorben. Andere können altersbedingt keine 555 (oder auch nur 111) Schritte mehr gehen und sich wegen körperlichen Einschränkungen auch an anderen Aktionen nicht mehr beteiligen.
Waren mit der Gruppe bei den monatlichen Treffen vor Corona noch bis zu 70 Senioren bei den verschiedenen Aktivitäten unterwegs, so konnten jetzt beim Jahresabschluss in der Buchfinkenlandhalle in Hübingen nur noch gut ein Dutzend dabei sein. Erschwerend kam hinzu, dass aus dem beteiligten Seniorenzentrum Ignatius-Lötschert-Haus in Horbach wegen eines erneuten Coronafalles niemand teilnehmen konnte. Davor musste aus dem gleichen Grund ein bereits vorbereitetes Treffen mit einem Vortrag zur Ernährung von Senioren im Saal des Gasthauses „Zum grünen Baum“ mit Martinsbrezelessen ganz abgesagt werden.
Problem: Das Akquirieren neuer Mitglieder
Für das größte Problem beim Fortbestand der 555er fanden die Organisatoren aus dem Altenheim und dessen Förderverein sowie vom örtlichen Sportverein und Westerwald-Verein keine Lösung: die Gründergeneration von vor 13 Jahren war immer treu dabei, aber neue „Buchfinken“ und Gäste aus umliegenden Dörfern ab 80 Jahre kamen in den zurückliegenden Jahren keine dazu. Offensichtlicher Grund: sie wollten noch nicht zu den „ganz Alten“ gehören! Ein Argument, dass die Organisatoren des Projektes sogar irgendwie verstehen – aber nicht akzeptieren - können. Folge davon ist nämlich, dass es vermutlich im Frühjahr kein nächstes Treffen der 555er gibt.
„Wo sind sie geblieben, die einst so vielen 555er? Aber wir freuen uns über diejenigen, die gekommen und an unseren Mobilitätshilfen interessiert sind“, meinten dann zur Begrüßung in der Buchfinkenlandhalle Michael Attelmann und Daniel Schmitt als Rehafachberater der Sanitätshaus Wittlich GmbH mit Sitz in Bendorf und Zweigstellen unter anderem in Montabaur. Sie hatten über ein Dutzend neue Modelle von Rollatoren und Rollstühlen mitgebracht und vorgestellt. Diese durften dann in dem in der Halle aufgebauten Parcours getestet werden.
In einem intensiven Gespräch wurden dann viele Fragen zum Thema Mobilitätshilfen beantwortet, wie: was ist denn für mich der richtige Rollator, wieviel bezahlt die Krankenkasse dafür und gibt es bald auch E-Rollatoren? Zur letzten Frage wurde von den beiden Reha-Fachleuten angemerkt, dass sich E-Rollatoren im Gegensatz zum E-Fahrrad nicht durchgesetzt haben, da es keine Nachfrage danach gibt. Besonders interessant für die Teilnehmenden war ein ausgestellter E-Scooter, der von vielen getestet wurde. „Man weiß ja nie, wofür es gut ist, so ein Ding schon zu kennen“, meint einer der Senioren.
Anschließend warteten in der benachbarten „Westerwaldstube“ schon Kaffee und Kuchen. Dabei berichtete zunächst Gemeindeschwester Barbara Spiegelhoff über ihre Arbeit in der VG Montabaur und im Buchfinkenland. „Ich bin als Kümmererin in den Dörfern tätig und versuche bei Bedarf schnell Hilfe zu vermitteln“, so die Referentin. Als Problem nannte sie, dass sich niemand bis ins hohe Alter wirklich alt fühlt, und dann sei es ganz plötzlich ganz dringend oder schon zu spät und sie könne nur noch den Pflegestützpunkt um Hilfe bitten. „Das ist wie hier bei den 555ern: die Ü-80er fühlen sich noch nicht alt genug dafür und plötzlich ist der Anschluss verpasst!“
Nach Anregungen dazu, wie man mit einem alten Tennisball leichte sportliche Übungen im hohen Alter machen kann, durfte auch diesmal das übliche „Heimatquiz“ nicht im Programm fehlen. Franz-Josef Jung kam dabei zunächst zurück auf das Schwerpunktthema des Nachmittags und wollte wissen „Wie hat sich die Anzahl der Rollatoren in Deutschland in den letzten 10 Jahren entwickelt?“ Mit der Antwort: „Verzehnfacht!“, gab sich der Quizmaster zufrieden. Fast alle wussten dagegen die richtige Antwort auf die Frage nach dem Gründer des Genossenschaftswesens in Person des Wäller Sozialreformers Friedrich Wilhelm Raiffeisen.
Wie geht es weiter?
Abschließend wurde engagiert darüber diskutiert ob und wie es mit den 555ern weitergehen kann. Fazit: alle Teilnehmenden wollen, dass es eine Zukunft gibt, aber unter den gegebenen Bedingungen macht das mit immer weniger beteiligten Senioren aus dem Altenheim und den Dörfern drumherum keinen Sinn. Als Koordinator des Projektes stellte Uli Schmidt abschließend fest: „Es gibt bereits Ideen für etwas Neues, aber auch das geht nur mit vielen interessierten Senioren“. Er stellte in Aussicht, dass sich die Organisatoren aus den Vereinen und die Betreuungskräfte aus dem Seniorenzentrum zu einem Workshop treffen, um gemeinsam zu überlegen, ob und wie es eventuell es weitergehen wird! An Ideen und Engagement für die Zukunft fehlt es jedenfalls bei den Verantwortlichen nicht. Info gerne beim 555er-Orgateam unter uli@kleinkunst-mons-tabor.de. (PM)
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