Stadtrat Selters: Strafanzeige wegen eines Leserbriefs? Baumfällungen sorgen für Unruhe
Von Wolfgang Rabsch
Im Westerwald haben bis Ende Februar vielerorts die Kettensägen gesurrt, um noch schnell Bäume zu fällen, was ab dem 1. März wegen der Brut von Vögeln nicht mehr erlaubt war. Einige Aktionen wie zum Beispiel in Ebernhahn, Quirnbach und Selters haben zu großen Dissonanzen zwischen Bürgern, Firmen und Verwaltungen geführt.
Selters. Auf der einen Seite schreiben sich die Verantwortlichen Nachhaltigkeit und Umweltschutz auf ihre Fahnen, auf der anderen Seite werden alte Bäume gefällt, die Ortsbilder mitgeprägt haben und seit Generationen ihren Platz hatten. Seit Wochen wird über dieses Thema in der lokalen Presse berichtet.
Auch die Stadt Selters geriet in die Schlagzeilen, weil in einem Ratsbeschluss festgehalten wurde, zwei Bäume am John-Peter-Altgeld-Platz zu fällen, um die Renaturierung des Saynbachs durchzuführen. Bei der Beschlussfassung wurde konkret die amerikanische Eiche von der Fällung ausgeklammert, da beabsichtigt war, diese im Rahmen der demnächst folgenden Erdarbeiten umzupflanzen. Die Kostenzusage der SGD zur kostenneutralen Verpflanzung der amerikanischen Eiche lag seit dem 1. Februar schriftlich vor.
Warum ist der 1. März eines jeden Jahres wichtig beim Baumfällen?
Gemäß Paragraf 39 Bundesnaturschutzgesetz ist es vom 1. März bis zum 30. September verboten, Hecken, Bäume und Gebüsch zu roden, abzuschneiden oder zu zerstören. Zum Entsetzen vieler Bürger, aber auch einiger Stadtratsmitglieder lag die amerikanische Eiche am 1. März gefällt am Saynbachufer. Was war geschehen? Nach und nach drangen Details zum Fällen des Baumes nach außen. Stadtbürgermeister Rolf Jung hatte eine Förderzusage zum Umsetzen des Baumes bei der SGD beantragt, die jedoch bis zum 28. Februar angeblich nicht vorlag. So viel zur Vorgeschichte.
Stadtratssitzung am 13. März befasste sich mit diesem Thema
In der Stadtratssitzung vom 13. März 2023 wurde als Tagesordnungspunkt (TOP) eins eine Aussprache zum Fällen des Baumes angesetzt. Stadtbürgermeister Rolf Jung gab eine Erklärung ab, um nochmals die Umstände zu erläutern, die zum Fällen des Baumes führten. Er rechtfertigte das Fällen der amerikanischen Eiche damit, dass bis zum 28. Februar die Zusage der SGD zur Kostenübernahme einer Verpflanzung des Baumes schriftlich nicht vorlag. Bei der SGD und der Unteren Naturschutzbehörde hätte er mehrmals versucht anzurufen, doch die dafür Zuständigen wären nicht erreichbar gewesen. Unter enormem Zeitdruck stehend, habe er sich letztendlich dann gegen 17.30 Uhr schweren Herzens entschlossen, den Baum fällen zu lassen, um Kosten von der Stadt Selters abzuwenden. Zwischen 17.30 Uhr und 18 Uhr wären die Bäume in seinem Beisein gefällt worden. Um 18.19 Uhr hätte er eine Mail an Gremien und Ratsmitglieder geschickt, in der er mitteilte, dass die Bäume gefällt worden wären.
Anschließend ging Stadtbürgermeister Rolf Jung auf die in der lokalen Presse erschienen Leserbriefe von dem CDU-Ratsmitglied Savas ein. "Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht und wehre mich ganz entschieden gegen den Vorwurf in dem Leserbrief, ich hätte den Baum in einem Alleingang fällen lassen und dabei willkürlich gehandelt. Gegen diese unhaltbaren Vorwürfe werde ich mir strafrechtliche Konsequenzen vorbehalten."
Dennis Savas und Ralf Urban von der CDU-Fraktion ließen sich von der Strafandrohung nicht beeindrucken und befragten den Stadtbürgermeister, ob es dann überhaupt noch Sinn machen würde, Entscheidungen im Rat zu beschließen, wenn diese doch nicht umgesetzt würden, was nicht zum ersten Mal passiert sei. Sie blieben bei dem Vorwurf, dass Rolf Jung im Alleingang gehandelt habe, ohne Beigeordnete oder die Fraktionsvorsitzenden von seinem Vorhaben zu informieren. Bei der SGD hätte man auch eine Fristverlängerung erwirken können. Ebenso wäre es möglich gewesen, wenn man es gewollt hätte, das Umsetzen des Baumes aus der Stadtkasse zu zahlen. Egal wie, es wären sowieso immer Steuergelder gewesen, so ihre Meinung. Zu diesen Vorhaltungen antwortete der Stadtbürgermeister: "Es tut mir leid, wie es gelaufen ist, ich entschuldige mich dafür."
Heike Savas zur zweiten Beigeordneten der Stadt Selters gewählt
Danach beruhigten sich die Gemüter und Tagesordnungspunkt zwei wurde aufgerufen: Da Beatrix Schneider ihr Amt als zweite Beigeordnete der Stadt Selters aus persönlichen Gründen niedergelegt hatte, wurde eine Neuwahl notwendig. Als einzige Kandidatin wurde Heike Savas von der CDU vorgeschlagen, die sich auch zur Wahl stellte. In geheimer Wahl wurde abgestimmt mit folgendem Ergebnis: Für Heike Savas votierten acht Ratsmitglieder, vier stimmten mit Nein und vier weitere enthielten sich. Somit war Heike Savas zur zweiten Beigeordneten der Stadt Selters gewählt. Sie nahm die Wahl an und wurde anschließend von Stadtbürgermeister Rolf Jung ernannt und vereidigt. (Wolfgang Rabsch)
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