Prozess wegen Messermord in Neuhäusel wird weiterverhandelt
Von Wolfgang Rabsch
Unter dem Vorsitz von Richter Rupert Stehlin fand ein weiterer Fortsetzungstermin vor dem Landgericht Koblenz wegen der Ermordung einer 21-jährigen Soldatin in Neuhäusel statt. Im Mittelpunkt der Ganztagssitzung standen Gutachter der Rechtsmedizin der Universitätsklinik Mainz, die Aussage eines Ermittlers, der die Handys des Angeklagten und des Opfers auswertete, so wie ein Adhäsionsantrag der Nebenklage.
Neuhäusel. Dem 32-jährigen Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt, am Abend des 9. Dezember 2022 seine ehemalige Lebensgefährtin aus Verärgerung, weil diese ihm keine weitere Chance hinsichtlich einer Liebesbeziehung mehr geben wollte, nach einem Streit mit 23 Messerstichen getötet zu haben.
Der Gutachter der Rechtsmedizin, der für die Untersuchung der Blutproben zuständig war, erklärte, dass keine Drogen oder Medikamente im Blut nachgewiesen werden konnten. Es konnte nachgewiesen werden, dass der Angeklagte den Alkohol (Whisky) erst kurz vor dem Unfall getrunken hatte. Den Unfall hatte er um 22.40 Uhr auf der A3 bei Dierdorf, dabei befand sich die tote Soldatin in seinem Auto.
Das Gutachten der Medizinerin, die die Obduktion des Opfers durchführte, enthielt viele grausame Details. Die 23 Stiche, die am Körper des Opfers festgestellt werden konnten, waren nicht sofort tödlich. Letztendlich ist die Soldatin durch inneres Verbluten verstorben, nachdem durch Stiche in die Lunge dort Blut eingetreten war. Stiche und Verletzungen wurden im gesamten Körperbereich nachgewiesen, an Kopf und Nacken, Brustkorb und Bauch, sowie Unterblutungen an Ober- und Unterschenkel. Die Getötete muss sich gewehrt haben, da sich an einem Arm ein Durchstich befand, der durch einer Abwehrbewegung entstanden sein muss.
Digitale Rekonstruktion des Tattages
Interessante Einblicke in die akribische Ermittlungsarbeit gab ein Kriminalbeamter, der mit der Auswertung von GPS- und Handydaten einen Zeitstrahl der Abläufe darstellte. Der Zeuge erläuterte, welche digitalen Möglichkeiten die Ermittlungsbehörden ausschöpfen können, um entsprechende Nachweise zu führen. Hierbei werden auch spezielle Programme eingesetzt. Da zwischen dem Angeklagten und dem späteren Opfer vor der Tat ein regelmäßiger Kontakt per WhatsApp bestand, konnte nachgewiesen werden, an welchem Ort und zu welcher Zeit die Tat geschehen sein musste. Auch die Chatverläufe vor der Tat konnten nachgewiesen werden und wurden verlesen. Unter anderem hatte die Getötete vor dem Treffen mit dem Angeklagten an ihren neuen Freund geschrieben: "Gott sei Dank sehen wir uns morgen." Das Opfer befand sich um 19:21 Uhr im Auto des Angeklagten auf dem Pendlerparkplatz bei Neuhäusel, es in sein Handy "Taxi in Koblenz" eingab. Die Ermittler gehen davon aus, dass unmittelbar danach die Tat geschah, weil der Angeklagte keine Chance mehr sah, seine ehemalige Freundin zurückzugewinnen.
Durch Auswertung von Daten des Navis im Auto des Angeklagten konnte nach der Tat die Weiterfahrt des Angeklagten bis zum Unfallzeitpunkt um 22:40 Uhr auf der A 3 bei Dierdorf nachvollzogen werden. Als der Kriminalbeamte einen bei der Polizei eingegangenen Notruf vorspielen wollte, auf dem zu hören sein sollte, dass der Angeklagte gerufen habe: "Ich habe sie umgebracht", zeigte der Angeklagte, der im Verlauf von mehreren Sitzungstagen meistens schweigend und teilnahmslos den Verhandlungen folgte, erstmals emotionale Reaktionen. Er sank in sich zusammen, schlug die Hände vor den Kopf und stammelte Unverständliches. Sein Anwalt beantragte daraufhin eine Unterbrechung der Hauptverhandlung, damit der Angeklagte sich beruhigen konnte.
Adhäsionsantrag der Nebenklage ärgerte Verteidigung und Angeklagten
Im Adhäsionsverfahren besteht die Möglichkeit, zivilrechtliche Ansprüche, die durch eine Straftat erwachsen sind, in einem Strafprozess geltend zu machen. Auf dieser Grundlage kann ein aufwendiger Zivilprozess verhindert werden.
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Die Vertreterin des Vaters des Opfers, der als Nebenkläger zugelassen ist, verlas den ausgiebig begründeten Adhäsionsantrag. Sie forderte von dem Angeklagten gemäß Paragraf 844 BGB ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 25.000 Euro sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von ebenfalls 25.000 Euro nebst Zinsen. Der Antrag wurde damit begründet, dass der Vater seit dem Tod seiner Tochter traumatisiert ist, monatelang seinem Beruf als Busfahrer nicht nachgehen konnte und sich noch heute in psychiatrischer Behandlung befände. Zudem solle in naher Zukunft eine Traumatherapie stattfinden. Der Vater leide extrem unter dem Tod seiner Tochter, da er ein enges Verhältnis zu ihr gehabt habe und ihm auch unter anderem die Vorfreude auf seine Rolle als Großvater genommen worden sei.
Nach dem Verlesen des Adhäsionsantrags wollte der Angeklagte erstmals sein Schweigen brechen und das Wort ergreifen, dazu ergriff er das vor ihm stehende Mikrofon. Da schritt sein Verteidiger ein, der das Vorhaben verhindern wollte und sagte: "Du sagst jetzt nichts". Doch der Angeklagte beharrte darauf zu sprechen und zog das Mikrofon wieder vor sich, der Verteidiger zog ebenfalls an dem Mikrofon, um den Angeklagten am Sprechen zu hindern. Das war ein Hin und Her und eine skurrile Szene im Gerichtssaal. Doch letztendlich setzte der Angeklagte sich durch und sagte sehr aufgebracht: "Von mir aus kann der 30.000 Euro haben. Was will der denn? Das sind doch alles Lügen, die der verbreitet, der hatte kein gutes Verhältnis zu seiner Tochter, hat sich doch überhaupt nicht um sie gekümmert. Seinetwegen ist sie doch in ein Heim gegangen, um sich vor ihm zu schützen."
Die Prozessbeteiligten erhielten die Gelegenheit, zu dem Adhäsionsantrag Stellung zu nehmen. Nachdem sich die Lage etwas beruhigt hatte, kündigte Rechtsanwalt Rüdiger Böhm an, er könne jetzt noch keine Stellungnahme abgeben, da er sich mit aller Macht gegen das Ansinnen der Nebenklage namens des Angeklagten wehren würde.
Daraufhin wurde die Verhandlung unterbrochen, sie wird am Mittwoch, dem 5. Juli 2023 fortgesetzt. Wir werden weiter berichten. (Wolfgang Rabsch)
Hier können Sie den ersten Verhandlungstag nachlesen.
target=_blank rel=nofollow>Zweiter Verhandlungstag.
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