Mit Drohnen und Wärmebildkameras: Die Tiersuchhilfe Westerwald rettet Rehkitze vor dem sicheren Tod
Von Jennifer Patt
Wenn die Bauern ihre Wiesen mähen, sind viele Rehkitze in Gefahr. Die Tiersuchhilfe Westerwald hat sich einer besonderen Mission zur Aufgabe gemacht: Mit einer Drohne samt Wärmebildkamera sind die Helfer von Mai bis Juli unermüdlich im Einsatz, um die Tiere vor dem sicheren Tod zu bewahren. Diese Saison konnten bereits 55 Rehkitze gerettet werden.
Borod/Westerwald. Bereits um drei Uhr stehen die Helfer der "Tiersuchhilfe Westerwald" auf den Feldern. Es ist noch dunkel und über den Helfern surrt eine Drohne. Drei Stunden sind die Helfer der "Tiersuchhilfe Westerwald" täglich auf der Suche nach Rehkitzen - um sie vor dem sicheren Tod durch den Mähdrescher zu retten. Diese Aufgabe ist mehr eine Mission: Denn alle Helfer müssen nach dieser verantwortungsbewussten Aufgabe noch zu ihrer Arbeitsstelle und einen vollen Arbeitstag kompensieren.
Gefahr für junge Rehkitze
Die Zeit der Wiesenmahd ist für die jungen Tiere sehr gefährlich. Die Mähdrescher auf den Feldern werden immer größer, die Maschinen immer schneller. Doch die Rehkitze lassen sich davon nicht aus ihren gemütlichen Plätzen im hohen Gras verscheuchen. "Die Kitze haben von der ersten bis zur vierten Woche keinen Fluchtinstinkt", erklärt Patrick Brockmann, der die Tiersuchhilfe ins Leben rief. Statt vor den gefährlichen Maschinen wegzulaufen, ducken sich die Tiere nur und verharren an Ort und Stelle. Die Folge: Jährlich sterben zahlreiche Rehkitze auf den Feldern. Die morgendliche Suche nach den Rehkitzen ist für die Arbeit unerlässlich: Der Temperaturunterschied ist entscheidend, die Kitze strahlen eine hohe Körpertemperatur aus, welche für das Auffinden der Tiere durch Wärmebildkameras entscheidend ist. Über 100 Hektar Fläche müssen im Durchschnitt abgesucht werden. "Die Arbeit schlaucht", so Stefani Bührle. "Wir freuen uns immer über weitere Ehrenamtliche Mitarbeiter, diese können sich gerne über Facebook mit uns in Kontakt setzen. Jedoch sollte den Menschen bewusst sein, dass alles in der Woche und zu einer sehr frühen Uhrzeit stattfindet."
Im Einsatz für die Tiere
Stefani Bührle ist selbst Mitglied bei der Rettungshundestaffel BRH (Bundesverband Rettungshunde e.V.) und kam dadurch mit der Thematik der Tierrettung in Kontakt. Gründer der Tiersuchhilfe Westerwald Patrick Bohrmann beschäftigt sich seit seiner Kindheit mit Modellfliegerei. Der Gedanke, sein Hobby für einen guten Zweck einzusetzen, kam ihm letztes Jahr und so gründete er die Tiersuchhilfe Westerwald, die mittlerweile 17 Mitglieder zählt. "Wir setzen uns aber auch für andere Tierrettungen ein: Dazu zählen unter anderem verschwundene Katzen oder entlaufene Hunde." Das primäre Ziel besteht momentan darin, aus der "Tiersuchhilfe Westerwald" einen Verein zu machen und dadurch an Spender und Fördermittel zu kommen und staatliche Zuschüsse zu erhalten.
Momentan verfügt die Gruppe über nur eine Drohne, die von privater Seite zur Verfügung gestellt wird. Die Kosten belaufen sich im Gesamtpaket mit dem benötigten zusätzlichen Equipment (Scheinwerfer, Lautsprecher, Stroboskop) auf etwa 10.000 Euro. Eine zweite Drohne würde den Wirkungskreis erweitern. Es handelt sich um spezielle Drohnen, um diese fliegen zu dürfen, bedarf es eines "Fernpiloten (A1/A3) Zeugnis", das bei der Luftfahrtbehörde beantragt werden muss, der Schein ist mit knapp 25 Euro erschwinglich, jedoch sind die gesetzlichen Regelungen zum Fliegen einer Drohne streng reglementiert. Die Drohnen sind registriert und versichert.
Der Ablauf einer Rehkitzrettung
Die Mitarbeit der Rehkitzrettung läuft Hand in Hand. Der Bauer, der mähen möchte, wendet sich vorab an den jeweiligen Jagdpächter und dieser kontaktiert dann die Tiersuchhilfe Westerwald. Grundsätzlich müssen die Jagdpächter bei der Rettungsaktion immer dabei sein, da es sich sonst laut Gesetzgebung um Wilderei handelt. Mithilfe von Funkgeräten verständigen sich dann die jeweiligen Akteure. Der Landesjagdverband hat eigens für diesen Zweck spezielle Kartons zur Verfügung gestellt, wo die Tiere dann geschützt untergebracht werden.
Die ohne Eigengeruch im Feld sitzenden Rehkitze dürfen nicht den Geruch von Menschen annehmen. Rehmütter lassen ihre Jungen zu deren eigenen Schutz viele Stunden lang alleine im Gras hocken. Sie kommen oft nur für circa 35 Minuten täglich zu ihrem Nachwuchs, um diesen zu säugen. So verhindern die Tiere instinktiv, dass mögliche Feinde auf das Junge aufmerksam werden. Die Helfer tragen Handschuhe und reiben vorab ihre Hände an Gras ab, die Rehe werden auf einem großen Grasbüschel in die jeweilige Box transportiert, jegliche Geruchsübertragung wird auf diese Art verhindert. Die Boxen werden nun an die Seite gestellt, die Kitze verweilen maximal drei Stunden in der Box, anschließend werden sie wieder in die Freiheit entlassen. (JP)
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