Werbung

Pressemitteilung vom 15.07.2023    

Stolperstein in Bronn erinnert an Maria Löwenguth aus Montabaur

Im Sommer 1940 reiste Maria Löwenguth aus Montabaur nach Süddeutschland, um einige Zeit bei Bekannten auf einem Bauernhof zu verbringen. Die junge Frau wurde von erschütternden Ereignissen mitgerissen. Sie wurde denunziert, verhaftet und schließlich im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Jetzt erinnert ein Stolperstein an die Westerwälderin - dort, wo die Tragödie begann.

Am Ortsrand von Bronn wurden die Stolpersteine, kleine bronzene Erinnerungstafeln, für Boleslaw Galus, Paula Nicklas, Heinz Paczkowski und Maria Löwenguth in den Boden eingelassen. (Foto: Michael Weber-Schwarz)

Montabaur. Es sind insgesamt vier Stolpersteine, die mehr als 80 Jahre nach den Geschehnissen im kleinen Dorf Bronn (Weikersheim / Kreis Bad Mergentheim) verlegt wurden. Die Gedenkfeier mit reger Teilnahme galt Boleslaw Galus und Paula Nicklas, ihrem gemeinsamen Sohn Heinz sowie Maria Löwenguth. Die Gedenkrede für Maria Löwenguth hielt Dennis Röhrig, Stadtarchivar von Montabaur, der ihre Lebensgeschichte recherchiert hat.

"Das Schicksal von Maria Löwenguth beweist die Menschenverachtung des NS-Regimes in besonderer Weise", stellte Röhrig fest. "Anhand ihrer Biografie zeigt sich, dass ein bloßer Verdacht oder der persönliche Kontakt zu Menschen, die nach der Terminologie der Nationalsozialisten ,Rassenschande‘ begangen hatten, ausreichen konnte, um in ein KZ eingewiesen und dem Tode ausgeliefert zu werden."

Maria Löwenguth wurde am 31. Dezember 1914 in Montabaur als zweitältestes von sechs Kindern des Ehepaars Martin und Petronella Löwenguth geboren. Der Vater betrieb ein Uhrengeschäft in der Bahnhofstraße. In Bronn war sie sehr wahrscheinlich nicht nur als Gast, sondern auch als Hilfe willkommen. Den Hof bewirtschaftete Marie Nicklas, eine geschiedene Frau, die zunächst nur von ihrer Schwägerin Paula unterstützt wurde. Kurz nach dem Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 kam der Kriegsgefangene Boleslaw Galus als Zwangsarbeiter hinzu. Er und Paula begannen ein Verhältnis, sie wurde schwanger.

Das Unheil nahm seinen Lauf, als ein Bewohner des Orts die beiden wegen Rassenschande denunzierte. Am 19. August 1940 nahm die Gestapo Boleslaw Galus fest, einen Tag später wurden auch Paula Nicklas und Maria Löwenguth von der örtlichen Polizei verhaftet. Maria wurde ebenso wie Paula wegen des Umgangs und Geschlechtsverkehrs mit einem polnischen Fremdarbeiter zu einer Gefängnisstrafe und anschließender unbefristeter Unterbringung in einem KZ verurteilt. Beide Frauen wurden mit halbseitig kahl geschorenem Kopf auf dem Ellwanger Marktplatz zur Schau gestellt.



Als Bürgerin von Montabaur fiel Maria Löwenguth in die Zuständigkeit der Gestapostelle Frankfurt und wurde in das dortige Gefängnis gebracht. Was ihr in den folgenden drei Jahren widerfuhr, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich kam sie wie Paula Nicklas in das brandenburgische Frauen-KZ Ravensbrück. Später deportierte man Maria Löwenguth nach Auschwitz, wo sie ermordet wurde. Darauf verweist in der Familienakte der Stadt Montabaur ein handschriftlicher Eintrag: "Am 11.1.1944 in Auschwitz verstorben".

Boleslaw Galus wurde am 27. Juni 1941 in Honsbronn öffentlich gehängt. Paula Nicklas überlebte. Eine Entschädigung hat sie nie bekommen. Auch ihrem Sohn Heinz Paczkowski (82), der die ersten Lebensjahre bei Pflegeeltern verbrachte und nach der Heirat der Mutter den Namen seines Stiefvaters bekam, ist ein Stolperstein gewidmet. Paczkowski nahm an der Gedenkfeier ebenso teil wie andere Nachfahren, darunter auch ein Neffe von Maria Löwenguth mit seiner Frau.

Die Nachkriegsgesellschaft wollte das Dritte Reich vor allem hinter sich lassen. Das Interesse an der Verarbeitung der unsäglichen Verbrechen war wenig ausgeprägt. Marias Vater stellte den Antrag, seine Tochter als Opfer der Faschismus anzuerkennen. Er wurde laut Landeshauptarchiv Koblenz abgewiesen - mit der fadenscheinigen Begründung, dass Maria Löwenguth "wegen eines angeblichen Verhältnisses mit einem polnischen Gefangenen" verhaftet worden sei und "die ganze Angelegenheit in Dunkel gehüllt ist." (PM)


Lokales: Montabaur & Umgebung

Jetzt Fan der WW-Kurier.de Lokalausgabe Montabaur auf Facebook werden!


Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Theaterstück „Die große Nein-Tonne“: Kinder stärken und schützen

Hachenburg. Das Theaterstück drehte sich um die Frage: "Was gehört in die große Nein-Tonne?" Zusammen mit den Darstellern ...

Massenkarambolage auf winterglatter Autobahn: Sieben Fahrzeuge betroffen

Region. Gegen 23 Uhr kam es zwischen den Anschlussstellen Ransbach-Baumbach und Dierdorf zu einem Verkehrsunfall mit sieben ...

Neuer Headcoach der Fighting Farmers Montabaur: Tino von Eckardt tritt am 1. Dezember an

Montabaur. Der A-Lizenz-Trainer Tino von Eckardt bringt eine beeindruckende Karriere von 40 Jahren als Spieler und Trainer ...

Mehrere Verkehrsunfälle in Westerburg - Drogenbeeinflussung und unangepasste Bereifung als Ursache

Region. Gegen 12.15 Uhr kam es zu einem Unfall auf der K34 zwischen Hof und Stein-Neukirch. Ein 21-jähriger Mann verlor in ...

Unfall durch Schneeglätte und Sommerreifen - E-Auto erfordert aufwendige Bergung

Wittgert/Wirscheid. Um 23.50 Uhr kam es auf der L 306 zwischen Wittgert und Wirscheid zu einem Verkehrsunfall. Der allein ...

Apfel oder Kapsel - Verbraucherzentrale klärt auf, was wirklich in Nahrungsergänzungsmitteln steckt

Region. In diesem 90-minütigen Web-Seminar gibt Katrin Deußen, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, ...

Weitere Artikel


Sanierung der K 34 zwischen Hof und Stein-Neukirch

Hof. Die circa zwei Kilometer lange Strecke wird aufgrund von Fahrbahnschäden, zur Erhaltung der straßenbaulichen Substanzen ...

Mobil mit Rad – auch mit Handicap

Westerwaldkreis. Mobilität ist für Menschen mit Behinderung von großer Bedeutung, um ihre Unabhängigkeit und Selbstbestimmung zu ...

Telekom-Shop in Hachenburg ist umgezogen: Neueröffnung am 17. Juli

Hachenburg. Die Farbe Magenta steht für Idealismus, Dankbarkeit, Engagement, Ordnung und Mitgefühl. Diese positiven Eigenschaften ...

Reginlindenpark in Wirges verwandelte sich bei Kreisfamilienfest in Spielparadies

Wirges. Aus zwei Stöcken, einem doppelt gebundenen Seil und einer Wanne mit einem Wasser-Spüli-Gemisch entstehen im Handumdrehen ...

Hartenfels: Vandalismus an leerstehender Tankstelle - Zeugen gesucht

Hartenfels. Im Inneren des Gebäudes wurden alle Einrichtungsgegenstände zerstört. Zudem konnten mehrere Graffiti an der Fassade ...

Blitz, Hagel und Starkregen - wann zahlt welche Versicherung?

Region. Ausgerechnet in den warmen Sommermonaten machen uns Gewitter und schwere Unwetter besonders oft zu schaffen. Am häufigsten ...

Werbung