VG-Rat bremst Gewerbegebiet "Grießing" der Stadt Selters aus
Von Wolfgang Rabsch
Haben die lang anhaltenden Proteste und Demonstrationen aus dem Dorf Nordhofen doch Wirkung gezeigt und einige VG-Ratsmitglieder zum Umdenken gebracht? Vorab: Die Ablehnung der Änderung des Flächennutzungsplans fiel mit 25 "Nein-Stimmen" gegen fünf "Ja-Stimmen" überraschend deutlich aus. In der Heidehalle in Maxsain fand jüngst die entscheidende VG-Ratssitzung statt.
Selters. Wegen des großen Interesses wurde die VG-Ratssitzung in die Heidehalle nach Maxsain verlegt, weil dort mehr Zuschauer den Ablauf der Sitzung verfolgen konnten. Vor Beginn der Ratssitzung hatten sie sich vor der Heidehalle viele Menschen versammelt, die friedlich, aber leidenschaftlich gegen die Errichtung des Gewerbegebiets "Grießing" demonstrierten. Generationenübergreifend waren Eltern mit ihren Kindern und Großeltern vor Ort, die mit Plakaten und Reden gegen den Plan der Stadt Selters protestierten. Organisiert wurde die genehmigte Demo von der Naturschutz Initiative (NI), mit ihrem Vorsitzenden Harry Neumann. Auf einigen Plakaten stand zu lesen "Jeden Tag werden in Deutschland 86 Hektar Boden versiegelt", "8,6 Hektar von Selters kommen bald hinzu" oder "Auf Betonflächen finden wir keine Nahrung" und "Aufpassen, dass aus der Wertschöpfung keine Schöpfung ohne Wert entsteht".
Emotionaler Sitzungsverlauf in der Heidehalle
Bevor über den Flächennutzungsplan (FNP) entschieden wurde, traf der VG-Rat einige wichtige Entscheidungen, die entweder einstimmig oder mit großer Mehrheit beschlossen wurden. So wird das Einsatzgebiet der First Responder Hartenfels auf den Ort Steinen ausgeweitet. Ab dem 1. Oktober soll eine Gemeindeschwester Plus mit einer halben Stelle eingestellt werden. Für das "mobile Sorgenbüro" wurden acht Stunden Präsenzzeit für die Grundschule Herschbach und drei Stunden für die Grundschule Marienrachdorf bewilligt.
Kontroverse Argumente aus Selters und Nordhofen
Zunächst wurde Stadtbürgermeister Rolf Jung das Wort erteilt, der eingangs erklärte, er fühle sich wie ein Angeklagter, dem das letzte Wort zusteht. Jung betonte, dass er als Stadtbürgermeister von Selters gehalten sei, den Beschluss von 19 der 21 stimmberechtigten Ratsmitglieder umzusetzen, die für die Schaffung des Gewerbegebiets "Grießing" votiert hatten. Jung führte weiter aus: "Eine kleine, aber laute Gruppe darf nicht mehr Gewicht haben als eine leise Gruppe, die eine andere Meinung vertritt. Unwahrheiten, die verbreitet werden, tun der Sache nicht gut. Es ist beabsichtigt, ein modernes, nachhaltiges und klimafreundliches Gewerbegebiet zu schaffen. Befürchtungsszenarien über Lärm und Gestank, die durch das Gewerbegebiet entstehen könnten, sind absurd und durch entsprechende Gutachten widerlegt. Die Attraktivität von Nordhofen soll durch das Gewerbegebiet nicht geschmälert werden". "Seien Sie redlich, liebe Ratsmitglieder, treffen sie eine Grundsatzentscheidung für ein modernes, nachhaltiges und klimafreundliches Gewerbegebiet", appellierte Jung am Ende seiner Rede.
Anschließend hatte Dominik John, der Ortsbürgermeister von Nordhofen, die Gelegenheit, die Argumente vorzutragen, die gegen das Gewerbegebiet sprechen. John: "Von Anfang an spürten wir, dass Selters das Gewerbegebiet vor unserer Haustür praktisch im Alleingang durchziehen wollte. Trotz Zusage wurde der Gemeinderat von Nordhofen nur einmal zu einer Stadtratssitzung nach Selters eingeladen, als es um das Gewerbegebiet ging. Es ist nicht mehr zeitgemäß, eine grüne Wiese gegen ein versiegeltes Gewerbegebiet zu tauschen. Wenn einmal fruchtbarer Boden versiegelt ist, dann wachsen dort keine Pflanzen und leben keine Tiere. Die Bepflanzung von acht Meter hohen Hallen mit Moos und Sträuchern ändert nichts daran. Der Boden ist für immer tot. Darum mein Appell an die Ratsmitglieder, bitte denken Sie bei Ihrer Entscheidung an die Zukunft für sich selbst und an die ihrer Kinder."
VG-BM Oliver Götsch erklärte, dass er aus biodiversen Gründen bereits in seinem Wahlkampf zur Wahl des Bürgermeisters der VG-Selters, sich gegen die Errichtung des Gewerbegebietes ausgesprochen habe. Es sei ehrlich genug, auch weiterhin zu seiner Meinung zu stehen.
Weiter argumentierten die Fraktionsvorsitzenden der im VG-Rat vertretenen Parteien. Hanno Steindorf von der FWG forderte eine sachgerechte Abstimmung, wobei die Ratsmitglieder sich nicht von der Stimmung der Demonstranten und der Zuhörer leiten lassen sollten. Peter Aller von der CDU begründete ausgiebig mit den Argumenten, dass nur eine einvernehmliche Lösung die gedeihliche Weiterentwicklung von Nordhofen und Selters herbeiführen könne. Die Fraktion der SPD stimmte ebenfalls der Abänderung des FNP nicht zu. Die Fraktion der Grünen lehnte ebenso das Vorhaben ab, da die Planung des Gewerbegebiets rückwärtsgewandt sei und die Bürger überrollt würden nach dem Motto "Selters braucht ein Gewerbegebiet, koste es, was es wolle."
Klare Entscheidung gegen das Gewerbegebiet "Grießing" der Stadt Selters
Wie bereits eingangs erwähnt, kam bei der folgenden Abstimmung das für viele Beobachter überraschende Ergebnis zustande, dass von 30 stimmberechtigten Mitgliedern des VG-Rates 25 gegen die Änderung des FNP für Selters stimmten, lediglich fünf Mitglieder votierten dafür. Mit diesem Ergebnis ist die Schaffung des Gewerbegebiets "Grießing" für die Stadt Selters passé. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses brach in der Heidehalle großer Jubel aus.
Weiter wurde beschlossen, dass in Herschbach eine Erweiterung des Penny-Marktes nicht stattfindet und zur Ansiedlung eines weiteren Discounters zunächst naturschutzrechtliche Stellungnahmen und Gutachten eingeholt werden müssen. In Freilingen soll zunächst die Sonderbauflächen für Freiflächenphotovoltaik nicht weiterverfolgt werden, da zunächst geeignete Gutachten und Untersuchungen vorgelegt werden sollen. Dem Planungswunsch der Ortsgemeinde Hartenfels um Erweiterung von gewerblichen Bauflächen wird entsprochen, wobei jedoch die beantragte Fläche um das östliche Gewann zu reduzieren ist. (Wolfgang Rabsch)
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