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Nachricht vom 10.08.2023    

Messermord an Soldatin: Neue Erkenntnisse zum mutmaßlichen Tatort?

Von Wolfgang Rabsch

Der spektakuläre Mord an einer 21-jährigen Soldatin tritt beim Landgericht Koblenz in die entscheidende Phase, er könnte jedoch im Hinblick auf den angenommenen Tatort "Pendlerparkplatz in Neuhäusel" eine überraschende Wende nehmen.

Foto: Wolfgang Rabsch

Neuhäusel. Rechtsanwalt Rüdiger Böhm, der den Angeklagten vor der 14. Strafkammer vertritt, hat durch stetes Nachfragen erreicht, dass Zweifel aufgekommen sind, ob der bisher angenommene Tatort in Neuhäusel zutreffend ist.

Was wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor?
Dem 32-jährigen Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt, am Abend des 9. Dezember 2022 seine ehemalige Lebensgefährtin aus Verärgerung, weil diese ihm keine weitere Chance hinsichtlich einer Liebesbeziehung mehr geben wollte, nach einem Streit mit 23 Messerstichen getötet zu haben. Der Angeklagte habe dabei nicht nur aus niedrigen Beweggründen, sondern auch heimtückisch und grausam gehandelt, wobei die Tat auf einem entlegenen Pendlerparkplatz bei Neuhäusel geschehen sein soll.

Da der Angeklagte von seinem Recht, Angaben zu seiner Person und zu der ihm vorgeworfenen Tat zu verweigern, bisher Gebrauch machte, führte die 14. Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Robert Stehlin, an mehreren Verhandlungstagen eine umfangreiche Beweisaufnahme durch. Es wurden Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten und des Opfers vernommen sowie Kriminal- und Polizeibeamte, die in die Ermittlungen involviert waren.

Spezialisten des Landeskriminalamts hatten durch Auswertung von GPS-Daten und des Handys der Getöteten festgestellt, dass das letzte Lebenszeichen des Opfers auf seinem Handy am 9. Dezember 2022 um 19:21 Uhr festgestellt werden konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Getötete "Taxi nach Koblenz" eingegeben. Wegen starken Schneefalls konnten auf dem Pendlerparkplatz keinerlei Hinweise oder Spuren zu dem Tötungsdelikt vorgefunden werden. Auch eine intensive Suche mit Spürhunden blieb erfolglos, das Tatmesser wurde bis heute nicht gefunden. Unklar blieb auch, ob sich die Tat innerhalb oder außerhalb des Autos des Angeklagten ereignet hat.

Am Verhandlungstag am 9. August wurde nochmals ein ermittelnder Beamter zu den ausgewerteten Daten befragt. Dieser gab an, dass das Handy des Opfers in der Nähe der Gneisenau-Kaserne in Koblenz um 19:38 Uhr geortet werden konnte, nur etwa 180 Meter von seiner Unterkunft im "Zentrum Innere Führung" entfernt. Das Auto des Angeklagten wurde zu dieser Zeit ebenfalls in der Nähe der Kaserne, möglicherweise auf dem dazugehörigen Parkplatz, durch Auswertung von GPS-Daten festgestellt. Um 19:40 Uhr setzte sich das Auto des Angeklagten in Richtung der B 49 in Bewegung.

Obwohl in der Sitzung noch nicht klar angesprochen, deutete Rechtsanwalt Rüdiger Böhm unterschwellig damit an, dass sich die Tat möglicherweise nicht in Neuhäusel, sondern auf dem Parkplatz an der Gneisenau-Kaserne ereignet haben könnte. Wenn diese Vermutung zuträfe, dann wäre der Pendlerparkplatz in Neuhäusel als Tatort falsch. Auf jeden Fall gibt es zu diesen Fragen noch Aufklärungsbedarf.

Mit Sex-Videos und Nacktfotos des Opfers sollte Geld verdient werden

Nachdem der Angeklagte nach der letzten Verhandlung bereit war, sich von dem Sachverständigen Dr. Gerhard Buchholz befragen zu lassen, ließ er zu dem vorläufigen Gutachten einige Fragen zu, die er auch beantworten wolle. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob er sich daran erinnern könne, wie der Tag am 9. Dezember 2022 abgelaufen sei, antwortete der Angeklagte: "Wir wollten eigentlich in Limburg essen gehen, um alles in Ruhe besprechen zu können. Im Internet hatten wir eine Plattform gegründet und boten dort Sex-Videos und freizügige Fotos meiner damaligen Freundin an, die Interessenten gegen Bezahlung herunterladen konnten. Da bereits 200 Euro auf dem Konto eingegangen waren, verlangte sie 100 Euro, was ich aber verweigerte, da ich die Seite offiziell als Firma anmelden wollte. In Limburg am ICE-Bahnhof wollte ich sie eigentlich wegen des Streits aus dem Auto schmeißen. Wir fuhren dann doch weiter in Richtung Koblenz, unterwegs fuhr ich zum Pendlerparkplatz in Neuhäusel, weil ich dringend pinkeln musste, darum bin ich dort ausgestiegen. Sie war nach meiner Rückkehr vollkommen außer sich, danach bekam ich einen "Blackout" und kann mich an das weitere Geschehen nicht mehr erinnern. Meine Erinnerung kam erst wieder zurück, als ich zu Hause meine Play-Station auf dem Boden zertrümmerte. Danach fuhr ich durch die Gegend und wollte mit meinem Auto Selbstmord begehen. Dazu beabsichtigte ich, auf der A 3 mit hohem Tempo von hinten in einen Lkw zu rasen, weil durch eine Frontalkollision möglicherweise unschuldige Menschen zu Schaden gekommen wären."



Zu seinen persönlichen Verhältnissen erklärte der Angeklagte, dass er auf Umwegen den Realschulabschluss nachgeholt habe, dann bei der Bundeswehr seine Grundausbildung absolvierte und sechs Monate als Ordonnanz beim Bund beschäftigt war. "Danach war ich arbeitslos und hielt mich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Dann verpflichtete ich mich als Z 8 auf acht Jahre wieder bei der Bundeswehr. In dieser Zeit hatte ich einen schweren Motorradunfall, bei dem ich mir unter anderem beide Handgelenke brach und weitere schwere Verletzungen erlitt. Seit dieser Zeit hatte ich Symptome von PTBS (Posttraumatische Belastungsstörungen), mit der Folge, dass ich eine psychosomatische Therapie durchführen musste. Danach lernte ich über Facebook meine spätere Freundin kennen, mit der ich 2018 eine Beziehung begann und mit ihr zusammenzog."

Die Hauptverhandlung wurde unterbrochen und soll am 17. August 2023 fortgesetzt werden, möglicherweise mit der Erstattung des Gutachtens durch Dr. Gerhard Buchholz. Wir werden weiter berichten. (Wolfgang Rabsch)

Bericht vom 7. Juni 2023

Bericht vom 13. Juni 2023

Bericht vom 4. Juli 2023

Bericht vom 11. Juli 2023

Hinweis
Haben Sie suizidale Gedanken oder haben Sie diese bei einem Angehörigen/Bekannten festgestellt? Hilfe bietet die Telefonseelsorge: Anonyme Beratung erhält man rund um die Uhr unter den kostenlosen Nummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222. Auch eine Beratung über das Internet ist möglich unter www.telefonseelsorge.de.

Direkte Anlaufstellen sind auch Hausärzte sowie auf Suizidalität spezialisierte Ambulanzen in psychiatrischen Kliniken.



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