Pressemitteilung vom 12.09.2023
Umdenken bei Unternehmen: Immer mehr "Silver Worker" im Westerwaldkreis
"Mit sechsundsechzig ist noch lange nicht Schluss": Das jahrzehntealte Lied von Udo Jürgens wird für immer mehr Menschen im Westerwaldkreis Realität. Sie bleiben im fortgeschrittenen Alter länger im Berufsleben. Darauf weist der Senioren- und Behindertenrat (SBR) WW hin. Dieser hat sich mit dem Thema beschäftigt und sich im Kreis umgehört.
Westerwaldkreis. Die Zahl der Berufstätigen landesweit über 65 Jahre ist im vergangenen Jahr um fast 14 Prozent gestiegen. Im Westerwaldkreis befanden sich im Dezember 2022 1.315 Menschen, die 65 Jahre oder älter sind, in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Das waren laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit 1,8 Prozent aller Beschäftigten. Bei geringfügig Beschäftigen war die Zahl wesentlich höher: 4.249 Wäller nahmen eine solche in Anspruch, ein Anteil von 17,7 Prozent.
Die Zahl der sogenannten "Silver Worker" ist also auch in der Region weiter steigend. Auffallend ist, dass der Anteil der Beschäftigten, die bis zur Altersgrenze - die je nach Geburtsjahr zwischen 65 und 67 Jahren liegt - arbeiten, ebenfalls gestiegen ist. In Rheinland-Pfalz waren Ende 2022 rund 20 Prozent mehr Beschäftigte bis zum regulären Eintritt in die volle Altersrente beschäftigt als noch ein Jahr zuvor.
Was sind die Gründe dafür, dass viele Menschen sich dafür entscheiden, erst später das Berufsleben zu verlassen? Wertschätzung ist einer davon, indem gerade diese Arbeitskräfte ihr jahrelang angesammeltes Wissen an die nächste Generation weitergeben. Auch wichtig wird, dass die Älteren eher in kleinen Schritten aus dem Berufsleben aussteigen wollen.
Mehr Erfahrung für Unternehmen
Eindeutig ist, dass sich die Unternehmen zunehmend um die Leute mit viel Erfahrungswissen bemühen. Die Herstellung altersgerechter Arbeitsbedingungen ist dabei vorrangig. Bereits heute ergreifen 60 Prozent der Unternehmen Maßnahmen, um ältere Beschäftigte länger im Unternehmen zu halten. Dies ergab eine Umfrage der Zeitarbeiter- und Personalvermittlungsfirma Randstad unter Personalleitern. Die meisten setzen dabei vor allem auf flexible Arbeitszeitmodelle. Weitere zielführende Instrumente sind Altersteilzeit und Gesundheitsförderung. Geldanreize und Förderung spielten hingegen eine untergeordnete Rolle.
Nach Ansicht der heimischen Bundestagsabgeordneten Dr. Tanja Machalet erleben wir derzeit ein Umdenken in der Arbeitswelt, was die Beschäftigung von Älteren angeht: "Das ist auch gut so, denn ältere Mitarbeiter bringen nicht nur einen Schatz an beruflicher Erfahrung und Wissen mit. Gerade auch durch ihre Lebenserfahrung können jüngere Kollegen viel von ihnen lernen", so die MdB, die auch dem Ausschuss für Arbeit und Soziales des Parlaments angehört. Als Beispiel nennt sie den Umgang mit Stress im Job. Leider stehe in vielen Arbeitsverträgen noch die Klausel, dass der Arbeitsvertrag endet, wenn das reguläre Renteneintrittsalter erreicht wird, was sich ändern müsse.
Umdenken in der Wirtschaft
Auch bei einem der größten Unternehmen im Kreis, der Steuler Holding GmbH mit Sitz in Höhr-Grenzhausen, ist die Beschäftigung von älteren Mitarbeitern bei wachsendem Fachkräftebedarf an den verschiedenen Standorten zunehmend wichtiger. Personalleiterin Tanja Demko meinte dazu: "Wir wollen die Beschäftigten mit viel Erfahrung im Betrieb halten, auch wenn sie in Rente gehen, was wegen der Änderung der Hinzuverdienstgrenzen attraktiver geworden ist. Das lohne sich für die betroffenen Arbeitnehmer und für das Unternehmen."
Auch bei der Hörter Tonwarenfabrik GmbH in Ransbach-Baumbach sieht man einen Sinn darin, sich um die Gesunderhaltung der älter werdenden Mitarbeiter zu kümmern. Dort geht man von der Überlegung aus: Je weniger der körperliche Aufwand bei häufig gleichen Bewegungen, desto geringer entwickelt sich der körperliche Verschleiß. Dies wirkt sich in der Produktion insofern positiv aus, als Mitarbeiter überwiegend in einer natürlichen Arbeitshaltung ihren Dienst verrichten können. "Hierbei helfen die im Boden versenkbaren Hubtische am meisten. Somit wird ein auf oder über Kopfhöhe Arbeiten vermieden, was die Schultern und die Halswirbelsäule enorm entlastet", so Personalleiter Carsten Neuroth. Da mehr als die Hälfte (108) der Mitarbeiter älter als 50 Jahre ist, sei eine individuelle Planung notwendig. Wichtig ist auch der Unternehmensleitung, möglichst alle Beschäftigten, egal welchen Alters oder Einschränkung, leidensgerecht einzusetzen.
Infos zum Thema oder Fragen zum SBR gerne an dessen Koordinator Uli Schmidt unter uli@kleinkunst-mons-tabor.de.
(PM)
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