Hochwasserschutz am Dreifelder Weiher: Oberverwaltungsgericht bestätigt Eilbedürftigkeit
An der Hochwasserentlastungsanlage der Stauanlage des Dreifelder Weihers sind im Frühjahr erhebliche Schäden entdeckt worden. Als Reaktion darauf hatte die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord eine wasserbehördliche Anordnung zur Gefahrenabwehr erlassen.
Dreifelden. An der Hochwasserentlastungsanlage der Stauanlage des Dreifelder Weihers sind im Frühjahr erhebliche Schäden entdeckt worden. Die linke Röhre der Anlage ist eingebrochen und funktionsunfähig, was die Gefahr eines Wassereintritts und der Destabilisierung des Dammbauwerks birgt. Die rechte Röhre weist erhebliche Verschleißspuren und altersbedingte Schäden auf, wodurch ein dauerhaft sicherer Betrieb nicht gewährleistet werden kann. Die Ableitung eines hundertjährlichen Hochwassers ist somit nicht gesichert und die Standsicherheit der Stauanlage ist nicht mehr gegeben. Somit ging eine Gefahr für Leib und Leben der Unterlieger der Anlage aus und als Reaktion darauf hat die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord eine wasserbehördliche Anordnung zur Gefahrenabwehr erlassen, mit der eine unverzügliche Pegelabsenkung zum Hochwasserschutz am Dreifelder Weiher angeordnet worden ist. Dies hat letztendlich zu einer Absenkung um 37 Zentimeter geführt. Die Maßnahme ist trotz drohender naturschutzrechtlicher Beeinträchtigungen alternativlos gewesen, weil der Schutz der Menschen vor Überflutungen durch einen Bruch des Dammes oberste Priorität hat.
Da Verstöße gegen artenschutzrechtliche Verbote im Vorfeld nicht vollständig ausgeschlossen werden konnten, hat die SGD Nord der NABU-Stiftung als Eigentümerin des Dreifelder Weihers zur Legalisierung der erforderlichen Absenkung des Wasserstandes ebenfalls eine naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilt.
Naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung
Durch die damals zeitnahe Absenkung des Wasserspiegels ohne weiteres Zuwarten ist zumindest die Möglichkeit einer teilweisen Reproduktion der vorkommenden Vogelarten im weiteren Verlauf der diesjährigen Brutsaison erhalten worden. Die naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung ist mit Auflagen verbunden gewesen, deren Erfüllung die Eigentümerin nachgekommen ist. Im Ergebnis kann gesagt werden: Parallel zur Absenkung sind die Uferbereiche abgegangen worden, um nach Nestlingen bzw. Jungvögeln Ausschau zu halten, die dann in einer Auffangstation in Sicherheit gebracht worden wären. Da zu dieser Zeit jedoch kein Vogelnachwuchs am Dreifelder Weiher gefunden worden ist, mussten keine Jungtiere umgesiedelt werden. Zurückgelassene Vogelnester wurden ebenfalls nicht gefunden. Durch das zügige Absenken in der ersten Maihälfte sollte dafür gesorgt werden, dass im Uferbereich lebende Vogelarten für ihre Brut Ausweichquartiere aufsuchen konnten. Am Dreifelder Weiher sind zusätzlich bis zur ersten Juniwoche etwa 90 Bruthabitate geschaffen bzw. ausgebracht worden. Zudem sind im Juli dieses Jahres im Rahmen eines Ortstermins zahlreiche geschützte Wasservogelarten - darunter auch Jungvögel - wie Rostgänse, Blässhühner und Stockenten gesichtet worden.
Dennoch hat die Naturschutzinitiative e. V. (NI) wegen möglicher negativer Auswirkungen auf die Fauna das Verwaltungsgericht (VG) und das Oberverwaltungsgericht (OVG) angerufen. Im Eilverfahren hat sie Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt bzw. die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Diesen Eilanträgen ist nicht stattgegeben worden. Die Anträge auf Erlass einer Zwischenverfügung hatten ebenso keinen Erfolg. Zuletzt hat das Oberverwaltungsgericht mit seinem Beschluss zum Eilverfahren am 25.08.2023 die Beschwerde der NI als unbegründet zurückgewiesen und damit den Beschluss des VG Koblenz vom 23.06.2023, mit dem das Verwaltungsgericht die Anordnung der SGD Nord zum Schutz der Menschen vor Hochwasserschäden als angemessen eingestuft hat, bestätigt.
Absenkung ist zu rechtfertigen
Konkret hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass die Anordnung der SGD Nord zur Absenkung des Dreifelder Weihers mit dem unbestritten ungenügenden technischen Zustand der Stauanlage, insbesondere der defekten Hochwasserentlastungsanlage, zu rechtfertigen ist. Die angeordnete Pegelabsenkung schafft zusätzliches Rückhaltevolumen, um bei starkem Zufluss von Wasser den Betrieb der defekten Hochwasserentlastungsanlage zu vermeiden und stellt damit die Sicherheit der Anlage vorübergehend wieder her. Das OVG hat insbesondere angeführt, dass die SGD Nord zurecht angenommen hat, dass es keine gleichgeeigneten zumutbaren Alternativen zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes gegeben hat und der Schutz der Zivilbevölkerung vor Hochwasser oberste Priorität hat. Zudem hat sich das OVG der Auffassung der SGD Nord angeschlossen, dass die Anordnung nicht in unzulässiger Weise in das dortige europarechtlich geschützte Flora-Fauna-Habitat und Vogelschutzgebiet eingegriffen hat. Die SGD Nord hat den gegen die wasserrechtliche Anordnung eingelegten Widerspruch der NI ebenfalls zurückgewiesen. Nach diesem Eilverfahren und dem Widerspruch besteht nun die Möglichkeit eines Hauptsacheverfahrens vor dem VG Koblenz.
Die nächsten Schritte
Die Baumaßnahmen an der Hochwasserschutzanlage beginnen Anfang Oktober. Dazu hat die Kreisverwaltung des Westerwaldkreises eine wasserrechtliche Genehmigung erteilt. Die NABU-Stiftung befindet sich derzeit mitten im Vergabeverfahren für die anstehenden Sanierungsarbeiten. Voraussichtlich kann dieses Verfahren in der kommenden Woche abgeschlossen werden. Durch die zügige Umsetzung soll sichergestellt werden, dass die Sanierung vor der nächsten Brutsaison abgeschlossen ist.
Durch die Sanierung der Hochwasserentlastungsanlage wird gewährleistet, dass der Weiher auch zukünftig seine Funktion als Naturschutzgebiet, europäisch bedeutsames FFH- und Vogelschutzgebiet sowie als wertvolles Erholungsgebiet erfüllen kann. Denn da es sich um keinen natürlichen See, sondern ein künstlich aufgestautes Gewässer handelt, sind Unterhaltungsmaßnahmen an der Stauanlage unumgänglich.
Maßnahmen des Arten- und Naturschutzes
Ein wichtiger Bestandteil der nun erteilten Genehmigung sind auch Maßnahmen des Arten- und Naturschutzes. Der Bau der neuen Hochwasserentlastungsanlage ist beispielsweise so geplant worden, dass unumgängliche Eingriffe in den umliegenden Gehölz- und Schilfbestand minimiert werden. Zusätzlich werden unter anderem Fledermaus- und Vogelkästen installiert, ein Kleingewässer für Amphibien angelegt sowie Gehölzpflanzungen vorgenommen.
Im Vorfeld und während des Bauvorhabens werden Maßnahmen zum Schutz der wertgebenden Tier- und Pflanzenarten ergriffen, damit Beeinträchtigungen der Art- und Biotopvorkommen vermieden bzw. möglichst geringgehalten werden. Dies wird vor Ort durch eine Umweltbaubegleitung sichergestellt, die die Art- und Biotopvorkommen überwacht und unmittelbar reagiert, falls weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen oder bereits festgelegte Maßnahmen anzupassen sind. (PM)
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