Amtsgericht Montabaur: Zwei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr
Von Wolfgang Rabsch
Unter Tränen entschuldigte sich die 26-jährige Angeklagte bei den Angehörigen der Opfer. Mit 400 PS und 167 km/h raste sie auf regennasser Fahrbahn, ihr Kind nicht angeschnallt, und verlor die Kontrolle. Als sie ungebremst in den Gegenverkehr schleuderte, hatte ein unschuldiges Rentnerehepaar aus dem Kreis Altenkirchen keine Chance.
Montabaur. Vor dem Schöffengericht in Montabaur fand am 22. November ein hochemotionaler Prozess um einen Verkehrsunfall statt, bei dem ein Rentnerehepaar aus dem Kreis Altenkirchen tödlich verletzt wurde.
Was wirft die Staatsanwaltschaft Koblenz der Angeklagten vor?
Die 26-jährige Angeklagte soll im Juni 2022 auf der L 288 zwischen Langenhahn und Westerburg mit weit überhöhter Geschwindigkeit einen Verkehrsunfall verursacht haben, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen. Obwohl vor der Unfallstelle Verkehrsschilder aufgestellt waren, welche die Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h begrenzten und ein weiteres Schild auf Spurrillen hinwies, kam es zu dem Unfall. Zudem hatte es den ganzen Tag geregnet und die Fahrbahn war durchgehend nass.
Die Angeklagte war mit einem 400 PS starken BMW Geländewagen mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 167 km/h unterwegs, als sie vermutlich auf den Spurrillen ins Schleudern geriet und auf der Gegenfahrbahn mit dem entgegenkommenden Opel Corsa kollidierte. Im Opel Corsa verstarb eine Rentnerin noch an der Unfallstelle, ihr Ehemann einen Tag später im Krankenhaus. Das Fahrzeug der Angeklagte wurde durch die Wucht des Aufpralls über die Leitplanke etwa 50 Meter weit in ein angrenzendes Waldstück geschleudert und überschlug sich mehrfach. Sie wurde schwer verletzt, ihr auf dem Rücksitz sitzendes Kind erlitt ebenfalls Verletzungen.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautet auf fahrlässige Tötung in zwei Fällen und verbotenes Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge.
Der Vorsitzende gab zunächst bekannt, dass keine Gespräche über eine tatsächliche Verständigung (Deal) stattgefunden hätten.
Die Vertreterin der Nebenklage erklärte, dass ihr Mandant (der Sohn der getöteten Eltern) sich nicht in der Lage sehe, an der Hauptverhandlung teilzunehmen.
Rechtsanwalt Jung, der die Angeklagte zusammen mit einem Kollegen vor Gericht vertrat, erklärte, die Angeklagte könne sich an den Unfall nicht erinnern. Von Weinkrämpfen geschüttelt entschuldigte sich die Angeklagte bei den Geschädigten, es tue ihr sehr leid.
Das Gericht stellte fest, dass die Angeklagte weder im Bundeszentralregister (BZR) noch im Verkehrszentralregister Eintragungen hatte.
Die erste Zeugin, eine Polizeibeamtin, die kurz nach dem Unfall eintraf, schilderte die vorgefundene Situation. Die B 288 sei nass gewesen, da es den ganzen Tag geregnet habe. In den Spurrillen der Fahrbahn hätte sich viel Wasser befunden, weshalb dort auch Warnschilder gestanden hätten. Es sei bekannt, dass die Strecke wegen der Spurrillen bei Regen sehr gefährlich sei.
Die Obduktionsberichte der beiden Verunglückten ergaben, dass das Ehepaar schwerste innere und äußere Verletzungen erlitten hatte, die letztlich zum Tode führten.
Von großer Bedeutung für das Verfahren war das technische Gutachten des Sachverständigen der DEKRA, der den Unfallhergang detailliert und nachvollziehbar schilderte. Das Ehepaar im Opel Corsa sei vorschriftsmäßig angegurtet gewesen, während die Angeklagte und ihr auf der Rückbank sitzendes Kleinkind nicht angeschnallt gewesen seien.
Kollision mit über 160 km/h
Der BMW SUV ist mit einem Bordcomputer ausgestattet, der alle relevanten Daten aufzeichnet und dokumentiert. Wörtlich sagte der Sachverständige, die Kollisionsgeschwindigkeit sei mit 167 km/h "jenseits von Gut und Böse" gewesen. Selbst die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h wäre bei den widrigen Witterungsverhältnissen zu gefährlich gewesen. Der BMW sei ins Schleudern geraten, weil bei der hohen Geschwindigkeit das Profil der breiten Reifen das Wasser nicht mehr verdrängen konnte. Der Sachverständige schloss ferner aus, dass ein drittes Fahrzeug an dem Unfall beteiligt gewesen sei.
Nachdem der Sachverständige sein Gutachten erstattet hatte, erklärte Rechtsanwalt Jung, dass kein Zweifel daran bestehe, dass die Beklagte den Unfall verursacht habe. Weiter wurde festgestellt, dass bei der Angeklagten zum Unfallzeitpunkt weder Drogen noch Alkohol nachgewiesen werden konnten.
Nach Schluss der Beweisaufnahme beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen in Tateinheit mit einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von fünf Jahren. Der Staatsanwalt begründete den Strafantrag mit der besonderen Rücksichtslosigkeit der Angeklagten, die ohne erkennbaren Grund mit über 160 km/h über die L 288 "gebrettert" sei. Über das "Warum" könne nur spekuliert werden.
Die Vertreterin der Nebenklage schilderte eindringlich die dramatische Situation, in der sich die Angehörigen befunden hätten, die extrem gelitten hätten und noch heute in psychologischer Behandlung seien. Im Übrigen schloss sie sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft an.
Die beiden Verteidiger der Angeklagten beantragten übereinstimmend die Verhängung einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren wegen fahrlässiger Tötung, deren Vollstreckung jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden solle, da für die Angeklagte eine positive Sozialprognose gestellt werden könne. Der Vorwurf eines verbotenen Autorennens könne der Angeklagten nicht gemacht werden.
Im letzten Wort, das die Angeklagte mit tränenerstickter Stimme sprach, war nur noch zu vernehmen, dass sie sich ihren Verteidigern anschloss.
Urteil im Namen des Volkes
Die Angeklagte wird wegen fahrlässiger Tötung und eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Fahrerlaubnis darf ihr frühestens nach drei Jahren und fünf Monaten wieder erteilt werden.
In seiner Urteilsbegründung führte der Vorsitzende aus, dass es dem Schöffengericht nicht leicht gefallen sei, ein gerechtes Urteil zu finden. Die negativen Aspekte hätten jedoch überwogen, unter anderem die Rücksichtslosigkeit, mit der die Angeklagte den Unfall verursacht und damit viel Leid über Unschuldige gebracht habe.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da keine Rechtsmittelerklärung abgegeben wurde.
(Wolfgang Rabsch)
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