Buchtipp: "Bodendenkmäler im Quellgebiet der Wied" von Helmut und Mathias Priewer
Von Helmi Tischler-Venter
Wer die reizvolle Landschaft und Natur der Westerwälder Seenplatte genießt, wundert sich vielleicht über künstlich wirkende Bodenstrukturen. Es handelt sich hierbei um Bodendenkmäler, großteils im Boden verborgene Zeugnisse der Kulturgeschichte, oft von untergegangenen Siedlungen, Befestigungsanlagen und Grenzziehungen. Sie legen Zeugnis ab von menschlichem Leben vor langer Zeit.
Dierdorf/Anhausen. Den Autoren ist es ein Anliegen, dass die Kulturzeugnisse geschützt und das Wissen um sie bewahrt bleibt. Das Buch bezieht sich auf das Quellgebiet der Wied im ehemaligen wiedischen Kirchspiel Dreifelden im Umfeld des Dreifelder Weihers. Die Lage und Struktur der Bodendenkmäler wird anschaulich dokumentiert anhand von Karten, Fotografien, Boden- und Luftbildern sowie LIDAR-Aufnahmen, die Vegetation und moderne Bebauung herausrechnen. Hinzu kommen zufällige Oberflächenfunde aus Keramik, Glas und Stein.
Das wohl längste Bodendenkmal im beschriebenen Gebiet ist ein mächtiges Gebück aus dem 13./14. Jahrhundert, ein grenzschützender Heckenverbau aus Hainbuche als Überquerungshindernis an der kurtrierischen Landesgrenze bei Dreifelden, Steinebach und Schenkelberg. Reste eines Steinwalls sind noch vorhanden, Baumzeugnisse mussten zwischenzeitlich dem Straßenbau weichen.
Grenzmarken waren auch Heidenstöcke, die seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert Nichtsesshaften oder "Zigeunergesindel" den Zutritt ins Land verboten. Konsequenterweise findet sich in der Nähe, am Haidenweiher, ein Hügel, der einen Gerichtsplatz trug.
Eine alte Dreifeldener Ortssage zu "Magdborn" mystifiziert den Zusammenfluss dreier Wasserläufe (Wied, Schäkel und Rure Bach), die die Wiedquelle bilden im Rohrbruch des Dreifelder Weihers. Viele alte Keramikfunde in der Flur "Heiligenborn", von Frühsteinzeit bis Spätmittelalter zu datieren, belegen die Bedeutung der Heilquelle. Fischhäuser - Baulichkeiten zur Teichbewirtschaftung - sind noch in Flur- und Hofbezeichnungen sowie Bodenstrukturen nachweisbar.
"Bell" und "zum Holz" sind Hofwüstungen in der Gemarkung Dreifelden, die die Priewers aufgrund akribischer Quellenarbeit lokalisieren können. Ebenso erkennen sie "Oberhahn" als Schmidthahner Hofwüstung, während "Hortenbach" eine Siedlungswüstung am Hartenbach zwischen Schenkelberg und Steinebach ist und "Mertingen" ein wiedisches Dorf bei Hartenfels war.
"Eine Karte der Grafschaft Wied aus dem Jahr 1589 zeigt die Steinebacher, die Hartenfelser und die Herschbacher Burg, aber im Gebiet um Dreifelden weder die Rohrburg noch die Weiher, die nach 1655 von Graf Friedrich III. zu Wied (1618-1698) in Form der Westerwälder Seenplatte angelegt wurden, und auch nicht das Schloss Seeburg. 1683 wird Syburg erstmals erwähnt." Schloss Seeburg war ein beliebter Aufenthaltsort der wiedischen Familie. 1706 gebar Gräfin Louise Charlotte dort ihren Sohn Johann Friedrich Alexander, den späteren ersten Fürsten des Hauses Wied. 1809 wurde das Schloss wegen Baufälligkeit niedergelegt.
In der Nähe wurde 1763 vom preußischen Generalleutnant Graf Franz Carl Ludwig zu Wied die Kolonie Seeburg für ehemalige militärische Getreue gegründet. Die letzten Bewohner waren Eva Magdalena und Johannes Wilhelm Käß. Johann Peter Käß errichtete ein neues Wohnhaus in Ober-Seeburg, dem heutigen Seeburg. Dieses Anwesen brannte 1826 ab. Das Ende der 1820er Jahre errichtete Jägerhaus existiert noch heute. Es wurde 1925 von den Nachfahren Käß an die Fürstlich Wiedische Rentkammer verkauft und von dieser verpachtet. Es entstand die Sommerwirtschaft "Wanderers Rast". Nach einer wechselvollen Geschichte wurde die Gaststätte "Heidekrug", die bis 1964 betrieben worden war, niedergelegt.
Im Westerwald waren zahlreiche "Motten", Turmhügel oder Niederungsburgen für den niederen Adel zu finden. Dazu gehörten vermutlich "Brinken" und "Mummelschanz" in der Gemarkung Dreifelden. Die Mottenwüstung am "Aschenbach" bei Lochum befand sich an der saynisch-wiedischen Herrschaftsgrenze.
Auch die Inseln im Dreifelder Weiher waren Standorte von Motten. Das beweisen archäologische Funde im abgelassenen Weiher. Trittsteine im Bachbett des Steinebachs, der oberhalb von Langenbaum auch Aschenbach heißt und in die Wied mündet, erweisen sich als Relikte des alten Wegenetzes um Steinebach.
Es lohnt sich, mit offenen Augen, am besten mit dem vorliegenden Buch in der Hand, durch die Westerwälder Seenplatte zu wandern und dabei fast verborgene Zeugnisse der spannenden Siedlungsgeschichte der Region zu entdecken.
Das Hardcover-Buch ist im Eigenverlag erschienen, ISBN 978-3-9819156-8-6. Es ist in der Hähnelschen Buchhandlung in Hachenburg, im Landschaftsmuseum Westerwald in Hachenburg und im Hofladen Wäller Allerlei in Steinebach a. d. W. erhältlich. (htv)
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