Imposante Bauern-Demo mit Ministerin Schmitt im Stöffel-Park
Von Wolfgang Rabsch
Am Freitag (12. Januar) war der Stöffel-Park in Enspel wieder der Nabel der Welt im Westerwald. Über 200 Traktoren und zusätzlich etliche Lkw und Pkw fuhren im Konvoi zum Stöffel-Park. Etwa 500 Teilnehmer begleiteten die Demo teilweise lautstark.
Enspel. Da die FDP parallel zur Demo in der "Alten Schmiede" im Stöffel ihren Parteitag abhielt, lag es nahe, dass Daniela Schmitt, die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin der FDP, bei der Kundgebung auch zu den erzürnten Landwirten sprach. Zur Demonstration legte der Stöffel-Park einen winterlichen Touch über das Gelände, der durch die in allen Farben blinkenden Lampen der Traktoren eine prächtige Illumination erzeugte. Es wäre nicht gerecht, die Stimmung als aufgeheizt zu bezeichnen, hin und wieder mal ein Sprechchor, aber auch viel Beifall begleiteten die Veranstaltung.
Organisiert wurde die Demo durch den Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau e. V. (BWV), Bezirksgeschäftsstelle Altenkirchen, Neuwied, Westerwald. Der Kreisvorsitzende des BWV vom Westerwaldkreis, Matthias Müller, begrüßte Daniela Schmitt und die angereisten Landwirte, die aus dem gesamten Westerwald angereist waren, um der Demonstration Nachdruck zu verleihen.
"Zu viel ist zu viel, es reicht jetzt"
Matthias Müller bemängelte die finanziellen Kürzungen der letzten Jahre, die zunehmenden Auflagen, die Ungewissheit über die Zukunft der Tierhaltung in Deutschland und die überbordende Bürokratie seien unerträglich und nicht mehr hinnehmbar. Mit dieser bauernfeindlichen Politik würde das Höfesterben weitergehen, da die junge Generation nicht bereit wäre, unter diesen erschwerten Bedingungen die Landwirtschaften ihrer Eltern und Großeltern zu übernehmen und fortzuführen. Die Bundesregierung versuche, für ihre verfehlte Haushaltspolitik Einnahmen an der falschen Stelle zu generieren, bei denen, die sich bis jetzt nicht gewehrt hätten. Die Einführung der Kfz-Steuer und die Streichung der Agrardieselhilfe gäbe der arg gebeutelten Landwirtschaft den Rest. In den letzten zehn Jahren hätten die Bauern nur in einem Jahr Gewinne verzeichnen können, die die Verluste bei weitem nicht ausgleichen konnten, aber nun von der Politik in der Öffentlichkeit so dargestellt würden, als wenn die Bauern den Hals nicht voll bekommen könnten.
Bevor Ministerin Daniela Schmitt sich an die Teilnehmer wandte, berichteten drei Landwirte aus dem Westerwald, wie die Entscheidung der Bundesregierung sich negativ auf ihre Situation auswirkt. Antonia Aller, Martin Jung und Dominik Ehrenstein berichteten authentisch, ohne viel Übertreibung, von ihrer prekären Situation. In ihrem Sinne findet das Wort "Bauernopfer" eine zeitgemäße Bedeutung.
Dominik Ehrenstein bemängelte, dass 85 Prozent der landwirtschaftlichen Erzeugnisse von 260.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland von vier großen Handelsunternehmen verkauft werden. Ehrenstein, der Milchbauer ist, stellte fest, dass in den letzten zehn Jahren von 81.000 Milch produzierenden Höfen fast 30.000 Betriebe aufgegeben hätten, rechnerisch wären das etwa 37,5 Prozent, mithin würden jeden Tag acht Milchbauern aufgeben. Mit dem Aussterben der bäuerlichen Betriebe im ländlichen Raum würden auch Identität und Werte der Dörfer verloren gehen, für die eigentlich die Landwirtschaft steht.
Zur finanziellen Situation der Bauern hatte Ehrenstein ein passendes Zitat parat: "Mein Vater konnte sich drei Bällchen Eis kaufen, wenn er einen Liter Milch verkauft hatte. Ich muss drei Liter Milch verkaufen, um mir ein Bällchen Eis leisten zu können."
Daniela Schmitt übte ebenfalls Kritik an der Ampel-Regierung
Mit Spannung wurde die Rede von Daniela Schmitt erwartet, die Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz, also die für das Ressort Landwirtschaft zuständige Ministerin. Sie übte deutliche Kritik an den Beschlüssen der Bundesregierung und damit auch an ihrer eigenen Partei, der FDP. "Die FDP in Rheinland-Pfalz wurde von den Beschlüssen der Bundesregierung echt überrascht, da diese ohne Absprache mit den Ländern erfolgte. Die Rücknahme der angekündigten Maßnahmen ist nur ein erster Schritt, die Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe zu sichern. Ich habe Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir aufgefordert, nicht über die Bauern, sondern mit den Bauern zu sprechen."
Das Schlusswort hatte Matthias Müller, der sich bei der Ministerin und den Teilnehmern der Demo für die unterstützenden, klaren Worte bedankte.
Proteste der Bauern zeigten Wirkung
Angesichts massiver Proteste von Landwirten nahm die Bundesregierung einen Teil ihrer Kürzungspläne im Haushalt 2024 zurück. Die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte soll nun doch bestehen bleiben und die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll nicht mehr auf einen Schlag, sondern schrittweise bis 2026 wegfallen.
Die Teilnehmer der Demo im Stöffel-Park konnten mit ihren Argumenten überzeugen, im Westerwald hätten randalierende Teilnehmer wie anderenorts keine Chance gehabt. Die friedliche Ausübung des Demonstrationsrechts hatte auch in Enspel oberste Priorität, alles ging gesittet und trotzdem eindrucksvoll über die Bühne und stärkte den Zusammenhalt der Bauern. (Wolfgang Rabsch)
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