Pressemitteilung vom 10.02.2024
Lesung mit Nulf Schade-James: Homosexueller Pfarrer fasziniert mit Lebensgeschichte
Einen fesselnden und höchst unterhaltsamen Abend erlebten zahlreiche Zuhörer bei der Lesung mit Pfarrer Nulf Schade-James in der Hachenburger Brauerei. Die von der Evangelischen Erwachsenenbildung Westerwald organisierte Lesung zog rund 50 Interessierte an, die in dem charmanten Kellergewölbe der Brauerei zusammenkamen.
Hachenburg. Der charismatische Pfarrer las aus seiner Autobiografie "Gottes Kleid ist bunt - wie ein schwuler Pfarrer die Kirche veränderte" und berichtete darin über seinen Lebensweg als Christ und homosexueller Mann. Geboren 1958 und aufgewachsen in einer ländlichen Region in Hessen brauchte Schade-James zunächst Mut, um zu seiner sexuellen Orientierung zu stehen, entschied sich aber, sich den Widrigkeiten, die sich daraus ergaben, bewusst zu stellen und auch seinen Wunsch, seinen Glauben als Pfarrer zu leben, konsequent zu verfolgen.
"Es gab damals schon einige homosexuelle Pfarrer, die auch mit der Kirchenleitung in Darmstadt in Verbindung standen. Es war so ein Gefühl, dass Schwulsein irgendwie geduldet wurde, aber man durfte nicht auffällig sein", erinnerte sich Schade-James. 1989 wurde er als Pfarrer einer Kirchengemeinde im Gallusviertel in Frankfurt am Main ordiniert und ist dort heute noch. 1996 heiratete er, damals noch nicht legal, in seiner Gemeinde den Amerikaner David James. "Und somit wurden wir zum ersten gleichgeschlechtlichen Paar, das in der hessischen Landeskirche geheiratet hat. Für mich war es so ein Gefühl, dass der liebe Gott seine schützende Hand über uns gehalten hat. Mit diesem Gefühl, Gottes Kind zu sein, geliebt und gesegnet bin ich dann meinen Weg weitergegangen und tat, was ich tun musste, um die Anerkennung von Lesben und Schwulen innerhalb der Kirche zu stärken."
Das tat er unter anderem durch eine aufsehenerregende Rede vor der EKHN-Synode 2001. 2002 stimmte schließlich eine Mehrheit der Synodalen der Segnung homosexueller Paare zu. 2012 wurde die Segnung zu einer Trauung. "Heute gilt: gleiche Rechte, gleiche Pflichten. Egal, ob es sich um ein homosexuelles oder heterosexuelles Paar handelt. Das ist wunderbar", sagt Schade-James. Noch einmal zehn Jahre später wirkte Schade-James an einem Schuldbekenntnis der Landeskirche gegenüber queeren Menschen mit, das im April 2023 von der Synode verabschiedet wurde. Nulf Schade-James hat viel erreicht für die Rechte der Schwulen und Lesben. "Ich fühle mich aufgehoben und in Gottes Hand, denn wann immer Entscheidungen getroffen wurden, spürte ich nachher, dass ich geführt wurde." Seit einiger Zeit tritt der Pfarrer auch musikalisch auf, teils als Dragqueen Greta von Gallus, teils einfach so.
Zum Abschluss der Lesung sang Schade-James noch ein selbst geschriebenes Lied für seine interessierte Zuhörerschaft und versprach einmal für eine Soiree in den Westerwald zurück zu kommen. Der Abend nahm seinen Abschluss, wo er begonnen hatte, nämlich in der Gaststube der Hachenburger Brauerei. Musikalisch untermalt von Eventsänger Anatoll Bekishew und seiner Gitarre konnten die Besucher noch bei Bier und Kartoffelsuppe zusammensitzen und sich austauschen.
Die Lesung mit Nulf Schade-James war der erste Teil einer Veranstaltungsreihe der Evangelischen Erwachsenenbildung des Dekanats Westerwald mit dem Titel "Kreuz und Queer". An einem Workshoptag, am Samstag, 2. März, von 10 bis 16 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus in Höchstenbach, wollen Teilnehmer ihren eigenen Befindlichkeiten und Vorurteilen, insbesondere in Bezug auf die sexuelle Vielfalt, auf die Spur kommen. Als Referenten werden Paola Fabbri-Lipsch und Joachim Bundschuh vom Zentrum Ökumene der EKHN dabei sein. Die Kosten inklusive Mittagessen liegen bei 15 Euro. Infos und Anmeldung bei: Nadine Bongard, E-Mail: nadine.bongard@ekhn.de, Tel.: 02663-9682-28.
An einem weiteren Termin wird Pfarrerin Stefanie Bischof am Mittwoch, 20. März, um 19 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus in Kirburg unter dem Titel "El-dschi-bi-tie-Waaaas?" einen Überblick über die Vielfalt von Menschen in ihrer sexuellen Vielfalt geben und Begrifflichkeiten klären. Es gibt Raum, um Fragen zu stellen und sich auszutauschen. (PM)
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