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Nachricht vom 09.04.2024    

Landgericht Koblenz sühnt "Raubüberfall" auf die Postfiliale in Westerburg

Von Wolfgang Rabsch

Im Landgericht Koblenz wurde heute (9. April) ein Mann aus der Verbandsgemeinde Selters zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Fall, der schwerer räuberischer Erpressung zur Last gelegt wurde, zeichnete sich durch eine effiziente Justizarbeit aus, ohne dass eine vorherige Verständigung zwischen den Parteien erforderlich war.

Fotograf: Wolfgang Rabsch

Koblenz. Heute (9. April) wurde beim Landgericht Koblenz vor der 6. Strafkammer, unter dem Vorsitz von Richter Andreas Bendel, das Verfahren gegen einen Mann aus der Verbandsgemeinde Selters beendet, dem eine schwere räuberische Erpressung (umgangssprachlich Raubüberfall) vorgeworfen wurde. Vorab kann die Verhandlung als ein Lehrstück für effiziente Justizarbeit bezeichnet werden, denn alle Verfahrensbeteiligten bewahrten Ruhe und Besonnenheit, so konnten zu guter Letzt ein Urteil gesprochen werden, ohne dass eine tatsächliche Verständigung (sogenannter Deal) vorher vereinbart wurde. Trotzdem wurden alle prozessualen Vorschriften eingehalten, im gemeinsamen Einverständnis, sodass sogar ein weiterer Fortsetzungstermin aufgehoben werden konnte.

Wie lautet die Anklage der Staatsanwaltschaft Koblenz?
Die Staatsanwaltschaft legt dem 48-jährigen Angeklagten zur Last, am im Dezember 2023 eine schwere räuberische Erpressung begangen zu haben. Der Angeklagte soll am Nachmittag des Tattages ausgestattet mit einer dunklen Wollmütze und Mund-Nasen-Schutz die Postfiliale betreten und unter Vorhalt einer schwarzen Nachbildung einer Pistole, die äußerlich nicht von einer echten Schusswaffe unterscheidbar gewesen sein soll, die Herausgabe von Bargeld verlangt haben. Unter dieser Drohung soll ihm die dort tätige Mitarbeiterin Geldscheine in Höhe eines Betrages von 565 Euro aus der Kasse übergeben haben, welche der Angeklagte in seinen Rucksack gepackt und sodann die Filiale verlassen haben soll, um mit einem auf dem Parkplatz vor der Filiale geparkten Auto zu fliehen. Weiterhin existiert eine Anklage wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.

Der Angeklagte bestätigte vollumfänglich die Tatvorwürfe
Der Angeklagte, der in Begleitung seines Pflichtverteidigers Karl-Erich Opper erschien und aus der Untersuchungshaft in Handfesseln vorgeführt wurde, wollte zur Sache aussagen. Der Angeklagte: „Ich habe großen Mist gebaut und stehe auch dazu. Bei der Zeugin aus der Postfiliale möchte ich mich bereits jetzt in aller Form entschuldigen. Ich hatte Schulden und kein Geld, das ist aber keine Entschuldigung für mein Handeln. Die Anklagevorwürfe treffen vollumfänglich zu. Die Waffe habe ich in einem Spielwarengeschäft gekauft, es war eine Spielzeugpistole, die jedoch wie eine halb automatische Waffe aussah, ich wollte diese eigentlich meinem Sohn schenken. Das erbeutete Geld habe ich an Spielautomaten verspielt, weil ich glaubte, ich könnte durch Gewinn das Geld vermehren. Eigentlich hatte ich auf mehr Geld gehofft, weil ich dachte, dort wäre noch die Postbank mit größeren Beträgen. Die Postbank wurde wohl Mitte 2023 geschlossen, was ich aber nicht wusste. Die Pistole habe ich während der Flucht aus dem Autofenster geworfen und die Klamotten vom Überfall in einem Altkleidercontainer entsorgt“.

Der Angeklagte gibt zu seinen persönlichen Verhältnissen weitere an, dass er Maurergeselle sei und zuletzt als Bausanierer und im Landschaftsbau gearbeitet habe. Die Kosten für Material und Werkzeug wären ihm über den Kopf gewachsen, sodass er Schulden anhäufte, psychisch und physisch fertig war und als Folge immer weniger gearbeitet hätte. Das Geld, das er noch besaß, habe er meistens in Automaten geworfen, in der Hoffnung, dass er größere Beträge gewinnen würde. Er hat zwei Kinder, die nach dem Tod seiner Frau bei der Großmutter leben würden.

Die Postangestellte ist heute noch traumatisiert
Die Postangestellte, die in der Postfiliale mit der Waffe bedroht wurde, erschien als Zeugen und brach vor Beginn ihrer Aussage in Tränen aus. Sie erklärte später, dass sie wegen des Überfalls immer noch traumatisiert sei und sich in psychologischer Behandlung befinden würde. Zur Sache bekundete die Zeugen, dass der Angeklagte am Postschalter zunächst zwei Briefmarken von ihr verlangte, dann plötzlich eine Pistole in der Hand hatte und „Überfall“ rief. Er trug eine dunkle Wollmütze, einen Mundschutz und Handschuhe. „Als er die Pistole auf mich richtete, gab ich ihm alle Scheine, die sich in der Kasse befanden, insgesamt 565 Euro. Das Geld steckte er in einen mitgebrachten Beutel und verließ danach sofort die Postfiliale. Ich bin heute noch krankgeschrieben, schlafe miserabel und befinde mich immer noch in psychologischer Behandlung“, sagte die Zeugin aus.



Der Angeklagte entschuldigte sich mit tränenerstickter Stimme bei der Zeugin und bat um Vergebung und Entschuldigung. Es folgten weitere Vernehmungen von Zeugen, die sich zur Zeit des Überfalls in der Postfiliale befanden und diesen aus nächster Nähe erlebten. Ein Zeuge lief dem Angeklagten nach, als er die Postfiliale verließ und zu seinem Auto lief. Beim Wegfahren konnte er das Kennzeichen des Autos des Angeklagten erkennen und ablesen. Im allseitigen Einverständnis aller Verfahrensbeteiligten wurde auf die Vernehmung weiterer Zeugen verzichtet, wodurch ein bereits anberaumter Fortsetzungstermin aufgehoben werden kann.

Der Bundeszentralregisterauszug (BZR) wurde zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht und erörtert. Er enthält sechs Eintragungen, wobei zwei weitere „Raubüberfälle“ registriert waren und der Angeklagte deswegen mehrjährige Haftstrafen verbüßt hat und zurzeit unter zwei laufenden Bewährungen steht.

Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung
Nachdem die Beweisaufnahme geschlossen wurde, beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, eine Sperrfrist von einem Jahr zur Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis und Aufrechterhaltung des Haftbefehls des Amtsgerichts Koblenz.

Rechtsanwalt Karl-Erich Opper stellte keinen konkreten Antrag, er bat jedoch angesichts des erstaunlichen Nachtatverhaltens des Angeklagten um eine milde, angemessene Freiheitsstrafe. Auf ein psychiatrisches Gutachten, um möglicherweise eine verminderte Schuldfähigkeit, im Hinblick auf die möglicherweise vorhandene Spielsucht des Angeklagten zu erreichen, verzichtete er ausdrücklich.

In seinem letzten Wort beteuerte der Angeklagte sehr emotional, dass er die Tat aufrichtig bereue und ihm alles fürchterlich leidtun würde, er wolle wieder ein normales Leben führen.

Urteil im Namen des Volkes
Der Angeklagte wird wegen schwerer räuberischer Erpressung und Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt, gebildet aus zwei Einzelstrafen von vier Jahren und acht Monaten wegen schwerer räuberischer Erpressung und von sechs Monaten wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis. Die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 565 Euro als Wertersatz wird angeordnet. Der Haftbefehl des Amtsgerichts Koblenz bleibt aufrechterhalten.
Rechtsmittelbelehrung wurde erteilt, es wurden keine Erklärungen abgegeben, darum ist das Urteil bisher nicht rechtskräftig.



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