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Pressemitteilung vom 18.04.2024    

Plädoyer für Gerechtigkeit: Professor warnt mit düsteren Zukunftsszenarien

Im Westerwaldkreis wurde eine intensive Diskussion über Gerechtigkeit geführt. Wirtschaftswissenschaftler und Arzt, Professor Dr. Christian Thielscher, präsentierte sein Modell von Gerechtigkeit und skizzierte düstere Zukunftsbilder im Rahmen des Forums Wirtschaftsethik in Montabaur.

Professor Dr. Christian Thielscher bei seinem Vortrag (Foto: Peter Bongard)

Montabaur. Das "Forum Wirtschaftsethik - Zukunft braucht Werte" hatte sich dieses Jahr der Gerechtigkeit verschrieben, einem komplexen Thema mit vielen Theorien und Auffassungen. Vor etwa 80 Gästen im Forum St. Peter in Montabaur stellte Professor Dr. Christian Thielscher seine Vision von Gerechtigkeit vor. Er setzte dabei auf ein Modell, das klare Unterscheidungen zwischen "gerecht" und "ungerecht" ermöglichen soll.

Der Vortrag des Professors beleuchtete das Thema Gerechtigkeit in all seinen Facetten. Er umfasste unter anderem verschiedene Definitionen von Gerechtigkeit, wirtschaftliche Entwicklungen der letzten Jahrzehnte sowie Erkenntnisse aus der Verhaltens- und Hirnforschung.

Ungerechtigkeit gefährdet Demokratie
In Thielschers Augen ist Gerechtigkeit existent und unerlässlich, insbesondere angesichts einer zunehmenden Konzentration des Kapitals. Dies steht im Kontrast zu Ansichten von liberalen Ökonomen wie Friedrich August von Hayek, für den Gerechtigkeit schlichtweg als Aberglaube gilt. Thielscher äußerte seine Besorgnis über die Gefahren, die unsere freiheitliche Demokratie durch das immer stärker konzentrierte Kapital und den oft vererbten Reichtum erlebt. "Dass wir in einem freien, demokratischen Staat leben, ist nicht selbstverständlich, sondern ein historischer Ausnahmezustand", warnte der Professor.

Mit düsteren Graphen illustrierte Thielscher Zukunftsszenarien, die eine Welt am Rande eines neuen Feudalismus suggerierten. Die Staatsform gerät mehr und mehr in Gefahr: durch ein Kapital, das sich immer stärker auf nur wenige Konzerne und immer weniger auf die Masse der Menschen konzentriert. Durch Reichtum, der nicht mehr erarbeitet, sondern oft geerbt wird, durch Zinseinkünfte, die mit realer Arbeit gar nicht mehr erwirtschaftet werden können. Als Beispiel dieser kapitalistischen Auswüchse nennt er das Vermögen einiger Konzerne, mit dem sie künftig theoretisch in der Lage sind, ganze Länder zu kaufen. "Ich weiß nicht, ob ich in solch einer Gesellschaft leben möchte", sagt Thielscher. Doch er präsentierte auch hoffnungsvolle "Gegengewichte" in Form von Gerechtigkeit, basierend auf drei Grundsätzen: Bedarf, Leistung und Vertrag. Gerecht handelt also derjenige, der auf den Bedarf der Menschen eingeht. Diejenigen, die viel leisten, sollen viel dafür bekommen und wirtschaftliche Vereinbarungen sollten verlässlich eingehalten werden.



Warum werden Altenpfleger bei uns nicht reich?
Das Modell verdeutlichte, dass unsere Gesellschaft noch weit davon entfernt ist, in allen Bereichen gerecht zu sein. Beispielsweise werden weibliche Spitzensportlerinnen für ihre Leistungen weniger entlohnt als ihre männlichen Kollegen. Erwiesen ist auch, dass attraktive Straftäter mildere Strafen erhalten, als weniger attraktive.

Professor Thielscher argumentierte, dass Gerechtigkeit kein Hokuspokus sei, sondern tief in uns verwurzelt. Er berief sich dabei auf Untersuchungen aus der Hirnforschung, die zeigen, dass bei gerechten Handlungen bestimmte Hirnregionen aktiviert werden.

Thielscher empfahl Maßnahmen gegen den ausufernden Kapitalismus, wie mehr Aufklärung über wirtschaftliche Entwicklungen und deren Gefahren. Er plädierte für die Stärkung kleiner und mittlerer Unternehmen und höhere Steuersätze für große Vermögen.

Am Ende seiner Rede betonte der Wissenschaftler seine Entschlossenheit, weiter gegen die "schreiende Ungerechtigkeit" zu kämpfen. "Ich höre erst auf zu meckern, wenn die Altenpflegerin, die sich abrackert, zu den 10.000 reichsten Menschen der Welt gehört", sagte er.

Über das Forum:
Das Forum Wirtschaftsethik ist ein gemeinsames Angebot des Evangelischen Dekanats Westerwald, der Katholischen Erwachsenenbildung Westerwald-Rhein-Lahn, der Kreishandwerkerschaft Rhein-Westerwald, der IHK Koblenz-Geschäftsstelle Montabaur und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Westerwaldkreis. (PM/Red)



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