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Nachricht vom 26.04.2024    

Tatort-Kommissar "Schimanski" sagte als Zeuge beim Amtsgericht Montabaur aus

Von Wolfgang Rabsch

Es war kein Aprilscherz: Die Zuschauer bei der Schauverhandlung vor dem Amtsgericht Montabaur staunten nicht schlecht, als der Vorsitzende Richter Ralf Tries in einem Verfahren wegen Diebstahls, den Zeugen Horst Schimanski in den Zeugenstand rief.

Spannender Schauprozess - Ganz anders, als im Fernsehen (Alle Fotos: Wolfgang Rabsch)

Montabaur. Der legendäre Tatort-Kommissar Horst Schimanski war natürlich allen bekannt. Zuerst machte sich erstauntes Schweigen breit, das sich dann in lautem Gelächter entlud. Spätestens in diesem Moment war den Zuhörern klar, dass die Verhandlung sich zwar weitestgehend an der Strafprozessordnung orientierte, aber trotzdem für Unterhaltung sorgen sollte. Doch dazu später mehr.

Schüler und Bürger informierten sich über die Arbeit der Justiz
Anlass des Ganzen war der Aktionstag beim Amtsgericht Montabaur, der ähnlich einem "Tag der offenen Tür" in einer großen Firma glich. Am Vormittag waren Schüler eingeladen, sich über die vielfältigen Tätigkeitsbereiche in der Justiz zu informieren. Im nicht richterlichen Dienst besteht die Möglichkeit, sich für den mittleren, oder gehobenen Dienst bei der Justiz zu bewerben. Dem Angebot des Amtsgerichts Montabaur folgten viele Schüler, denen von Sachbearbeitern in den verschiedenen Aufgabenbereichen der Justiz, zum Beispiel Betreuung, Nachlass, Grundbuch, Zwangsvollstreckung und Straf- und Zivilrecht, ihre Tätigkeit erklärt wurde.

Höhepunkt des Vormittags waren Schaugerichtsverhandlungen in Straf und Zivilverfahren. Hier konnten die interessierten Zuhörer feststellen, dass anders als im Trash-TV bei Richterin Barbara Salesch und Richter Alexander Hold, ein anderer Wind weht und sich streng an die Prozessordnung gehalten wird.

Am Nachmittag gehörte das Amtsgericht Montabaur interessierten Bürgern, die nach der Begrüßung durch den Direktor des Amtsgerichts Montabaur, Ralf Tries, ebenfalls durch verschiedene Abteilungen geführt wurden. Sehr interessiert wurde auch ein Vortrag des Kriminalbeamten Ralph Zöller von der Kriminalinspektion Montabaur verfolgt, der sich mit den sogenannten Schock- und Enkeltrickanrufen befasste. Ralph Zöller schlüpfte übrigens später bei der Schaugerichtsverhandlung in die Rolle des Zeugen Horst Schimanski.

Schaugerichtsverhandlung
Die abschließende Schaugerichtsverhandlung im Sitzungssaal 105 des Amtsgerichts, weckte großes Interesse, sodass der Sitzungssaal vollkommen besetzt war und sogar Ersatzstühle beschafft werden mussten. Die Zuschauer kamen voll auf ihre Kosten, denn in manchen Szenen der Verhandlung ähnelte der Verlauf dem früheren Klassiker "Königlich Bayerisches Amtsgericht". Drei echte Juristen nahmen an der Verhandlung teil, Ralf Tries als Vorsitzender Richter, Staatsanwalt Oliver Dumstrey von der Staatsanwaltschaft Koblenz und Rechtsanwalt Ralf Busch aus Montabaur. Die Angeklagte wurde von einer Angestellten des Amtsgerichts Montabaur gespielt, ebenso die Zeugin Lisa Ehrlich. Als der Zeuge Horst Schimanski aufgerufen wurde, brach lautes Gelächter im Saal aus. Jeder kennt ihn in seiner Paraderolle als chaotischen Kommissar in Duisburg.

"Richter" Tries stellte vor Beginn der Hauptverhandlung fest, dass kurz vor dem Termin zwei Schöffen wegen Krankheit abgesagt hätten. Darum fragte er nach, ob sich zwei Personen aus dem Zuhörerraum als Schöffen zur Verfügung stellen könnten (In der Realität ist das natürlich nicht zulässig). Das war kein Problem, zwei Anwesende meldeten sich, somit war das Schöffengericht vollständig besetzt und die Verhandlung konnte beginnen.

Laiendarsteller glänzten bei den Schaugerichtsverhandlungen
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beschuldigte die Angeklagte, dass sie einer 89-jährigen Seniorin, die sie als Altenpflegerin betreute, ihr Ledertäschchen gestohlen habe, in dem sich Schmuck im Wert von etwa 32.000 Euro befunden haben soll.

Zu ihrer Person sagte die "Angeklagte", dass sie von Beruf Altenpflegerin sei, aber jetzt als Telefonistin arbeitet, da sie in ihrem Beruf hinausgeflogen sei, sie würde 1.400 Euro monatlich verdienen. Sie ließ sich zur Sache ein und fand es ganz schrecklich, welcher Tat sie beschuldigt würde. "Die alte Frau schenkte mir ihr Ledertäschchen aus Dankbarkeit. Ich nahm es an, weil ich dachte, da wäre Schokolade drin. Tage später stand plötzlich die Polizei bei mir im Haus und beschuldigte mich des Diebstahls. Ich würde nie alte Menschen beklauen", so beklagte sich die "Angeklagte".



Die Zeugin Lisa Ehrlich nahm es wohl mit ihrem Namen nicht so genau, denn sie hielt ihrer Ex-Kollegin "die Stange", sie könne sich nicht vorstellen, dass die "Angeklagte" den Schmuck gestohlen habe.

Nun folgte die Aussage des Zeugen Horst "Schimmi" Schimanski, der bekundete, dass das Opfer bei der Kripo angerufen habe, den Diebstahl ihres Schmucks meldete und gleich ihre Pflegerin des Diebstahls beschuldigte. Diese hätte bei ihr auch gejammert, sie würde in der Pflege viel zu wenig verdienen, um sich einen teuren BMW zu leisten. Bei einer Hausdurchsuchung konnte der Schmuck vollständig aufgefunden und zurückgegeben werden. "Sherlock Holmes", ein Kollege von Horst Schimanski, hatte Fotos von dem gestohlenen Schmuck gefertigt, die in Augenschein genommen wurden.

Anträge von Staatsanwalt und Verteidigung
Die Strafliste der "Angeklagten" wurde erörtert, sie enthielt zwei Eintragungen wegen Diebstahls. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung, da die Angeklagte eine notorische Diebin sei und ihre abenteuerliche Einlassung absolut unglaubwürdig wäre.

Rechtsanwalt Busch beantragte Freispruch, da er der Mandanten Glauben schenken würde. Sollte das Gericht zu einer anderen Einschätzung gelangen und die Angeklagte verurteilen, dann sollte eine milde Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Im letzten Wort beteuerte die "Angeklagte" nochmals: "Niemals hätte ich geklaut".

Wie würden Sie entscheiden?
Die Beweisaufnahme wurde geschlossen und das Gericht zog sich zur Beratung zurück. Nun trat Richter Groß, stellvertretender Direktor des Amtsgerichts Montabaur, in Erscheinung und stellte den Zuschauern die Frage "Wie würden Sie entscheiden, Freispruch, oder Gefängnis?". Nur eine Anwesende votierte für Freispruch, die anderen Besucher wollten die Angeklagte "hinter schwedischen Gardinen" sehen.

"Urteil" im Namen des Volkes
Die Angeklagte wird wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung jedoch zur Bewährung auf 3 Jahre ausgesetzt wird. Die Angeklagte hat binnen sechs Monaten 120 Sozialstunden abzuleisten, und zwar beim Bauhof der VG Montabaur. Dort könne sie unter anderem um das Amtsgericht herum Unkraut jäten. Ralf Tries gab ihr mit auf den Weg, wenn sie den Bewährungsauflagen nicht nachkommen würde, dann würde sich ganz schnell ihre Anschrift ändern. Sie würde dann nicht mehr "An der Zelle" in Montabaur wohnen, sondern "In der Zelle" einer JVA.

Das Urteil wurde nicht rechtskräftig, nachdem Richter Tries die Sitzung für beendet erklärte, brandete lauter Beifall der Besucher auf, die sich köstlich amüsiert hatten, aber auch wahrgenommen haben, wie es in einem realen Strafprozess zugeht.

Am Ende des Tages konnte Amtsgerichtsdirektor Ralf Tries ein zufriedenes Resümee ziehen, der Aktionstag des Amtsgerichts Montabaur wäre in jeder Hinsicht ein Erfolg gewesen. Auch dank der tatkräftigen Mitarbeit der Beschäftigten des Amtsgerichts und der schauspielerischen Leistung der Laiendarsteller in den Schaugerichtsverhandlungen, hätte der Aktionstag sein Ziel erreicht. (Wolfgang Rabsch)



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