Werbung

Pressemitteilung vom 04.06.2024    

Synode der Evangelischen Kirche: "Kirchenasyl ist notwendig!"

Das Kirchenasyl war eines der zentralen Themen der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Die Mitglieder des Kirchenparlaments haben sich Zeit genommen, um sich über die Gründe und die Praxis des Kirchenasyls auszutauschen.

(Symbolfoto: Peter Bongard)

Westerwaldkreis. Dieter Eller ist einer der vier Menschen aus dem Westerwald, die Mitglied der Kirchensynode sind. Er betont: "Wir hatten den Tagesordnungspunkt nicht als Werbeveranstaltung fürs Kirchenasyl geplant. Wir wollten zeigen, dass es in Einzelfällen leider immer noch notwendig ist, aber das Ziel muss es letztlich sein, dass diese Notwendigkeit wegfällt". Die Präses der Kirchensynode, Birgit Pfeiffer, unterstrich diese Notwendigkeit ebenfalls: "Das Kirchenasyl steht in einer jahrtausendealten Schutztradition. Es schenkt allen Beteiligten eine Atempause, in der gefällte Entscheidungen überdacht und revidiert werden können, insbesondere angesichts der Gefahr für Geflohene bei Rückkehr in ein Durchreise- oder Herkunftsland", erläutert sie.

Durch ein Kirchenasyl könne eine erneute, sorgfältige Prüfung der Situation von Betroffenen durch Behörden und Gerichte erreicht werden. In einem eigens für die Synode gedrehten Film kommen zwei Personen zu Wort, die von ihren Erfahrungen im Kirchenasyl in Kirchengemeinden der EKHN berichten.

Schutz der Menschenwürde
Für den Ausschuss Gesellschaftliche Verantwortung berichtet Conny von Schumann, dass es sich bei den meisten aktuellen Kirchenasylen in der EKHN um sogenannte Dublin-Fälle handelt: "In diesen Fällen droht die Abschiebung in einen anderen europäischen Staat, in dem eine Person ihr Asylverfahren durchlaufen soll. Kirchenasyl-Gäste berichten aus einigen europäischen Ländern von schweren Misshandlungen durch Sicherheitskräfte, von Inhaftierungen und Demütigungen, Hunger und fehlender medizinischer Versorgung. Daher ist auch in solchen Fällen ein Kirchenasyl zum Schutz der Menschenwürde nötig."

In seinem Vortrag vor der Synode beschreibt der Interkulturelle Beauftragte der EKHN, Pfarrer Andreas Lipsch, die Praxis des Kirchenasyls als "zivilen Menschenrechtsgehorsam". Das Kirchenasyl stehe nicht im Widerspruch zum Rechtsstaat, sondern unterstütze ihn. "Es nimmt nicht ein Recht neben dem Recht in Anspruch, sondern setzt sich dafür ein, dass die Grund- und Menschenrechte innerhalb der bestehenden Rechtsordnung Beachtung finden und durchgesetzt werden."

Andere Flüchtlingspolitik
Lipsch wirbt für eine andere, an der Menschenwürde und den Menschenrechten orientierte Flüchtlingspolitik, die viele Kirchenasyle überflüssig machen würde. Noch bewege sich die Politik nicht zuletzt mit der Reform des europäischen Asylsystems in die entgegengesetzte Richtung. "Was wir zurzeit erleben, ist ein historischer Tiefpunkt des Flüchtlingsschutzes in Europa", sagt Lipsch.

In den Kirchengemeinden in der EKHN haben im Jahr 2023 159 Menschen Kirchenasyl begonnen. Die Gemeinden haben insgesamt 174 Erwachsene und 29 Kinder aufgenommen, die meisten von ihnen aus Syrien oder Afghanistan. 153 dieser Fälle sind sogenannte Dublin-Fälle. Die am häufigsten vertretenen Dublin-Staaten, also Staaten, in die den Kirchenasyl-Gästen die Abschiebung drohte, waren Bulgarien und Kroatien.



Kirchenasyl auch im Westerwald
Aktuell befinden sich 47 Erwachsene und sieben Kinder im Kirchenasyl in der EKHN.
Auch in Gemeinden des Evangelischen Dekanats Westerwald fanden in den vergangenen Jahren Menschen Schutz im Kirchenasyl - beispielsweise in Höhr-Grenzhausen, Wirges oder Westerburg. "Für die gastgebende Gemeinde war das immer auch ein Gewinn", sagt Dieter Eller und betont, dass das Kirchenasyl oft zum Erfolg führe: "Zwar werden die Betroffenen nicht immer als Asylant anerkannt. Aber in mehr als der Hälfte der Fälle wird ihnen eine neue Bleibeperspektive wie beispielsweise eine Duldung eröffnet. Für ein gelingendes Kirchenasyl braucht es auch ein vertrauensvolles Miteinander von Kreisverwaltung, Kommunen und Kirchengemeinden."

Die EKHN unterstützt Gemeinden, die Kirchenasyl gewähren, unbürokratisch aus einem Notfallfonds, und oft spenden Menschen vor Ort für die Betroffenen. "Das sind zwar nicht unbedingt hohe Beträge, aber die Geflüchteten sind im Kirchenasyl oft mit dem Einfachsten zufrieden. Denn das Kirchenasyl ist viel besser als das, was viele von ihnen auf der Flucht erlebt haben", sagt Eller und freut sich, dass diese wichtige Schutzmaßnahme ab 2025 auch durch eine EKHN-weite Kollekte zusätzliche Wertschätzung erfährt. (PM)

Resolution für Demokratie verabschiedet
Die Synode der EKHN hat einstimmig eine Resolution für Demokratie, Vielfalt und Menschenwürde und gegen Rechtspopulismus verabschiedet. Die Westerwälder Synodalen Rotraud Weber und Dieter Eller haben als Mitglied des Ausschusses für Gesellschaftliche Verantwortung am Entwurf der Resolution mitgewirkt. In ihr ruft die Kirche dazu auf, im Rahmen der anstehenden Wahlen keine Parteien zu wählen, die Menschen diskriminieren.

In der Resolution begrüßen die Kirchensynode und die Kirchenleitung die "vielfältigen Aktivitäten für eine freie und demokratische Gesellschaft". Die in jüngster Zeit deutlich gewordene Gefahr für die Demokratie und besonders für benachteiligte Gruppen erfordere einen engagierten und nachhaltigen Einsatz.

In der Resolution heißt es weiter: "Völkischer Nationalismus ist mit unserem christlichen Gottes- und Menschenbild nicht vereinbar." Angesichts des Auftrags und der Geschichte der Kirche, die auch von Gewalt, Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen von Menschenverachtung geprägt gewesen sei, stünden die Kirchensynode und die Kirchenleitung heute umso deutlicher für Demokratie, Menschenwürde und Toleranz ein. Die Inhalte der Resolution können im Internet unter www.ekhn.de nachgelesen werden.

Die Synode der EKHN tagt zwei- bis dreimal pro Jahr in Frankfurt und ist so etwas wie das Parlament der Landeskirche, zu der auch der Wäller "Kirchenkreis", sprich: das Evangelische Dekanat Westerwald gehört. Die vier Vertreter aus dem Westerwald sind neben Rotraud Weber und Dieter Eller Pfarrerin Elisabeth Huhn und Esther Frank. (PM)


Lokales: Montabaur & Umgebung

Jetzt Fan der WW-Kurier.de Lokalausgabe Montabaur auf Facebook werden!


Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Theaterstück „Die große Nein-Tonne“: Kinder stärken und schützen

Hachenburg. Das Theaterstück drehte sich um die Frage: "Was gehört in die große Nein-Tonne?" Zusammen mit den Darstellern ...

Massenkarambolage auf winterglatter Autobahn: Sieben Fahrzeuge betroffen

Region. Gegen 23 Uhr kam es zwischen den Anschlussstellen Ransbach-Baumbach und Dierdorf zu einem Verkehrsunfall mit sieben ...

Neuer Headcoach der Fighting Farmers Montabaur: Tino von Eckardt tritt am 1. Dezember an

Montabaur. Der A-Lizenz-Trainer Tino von Eckardt bringt eine beeindruckende Karriere von 40 Jahren als Spieler und Trainer ...

Mehrere Verkehrsunfälle in Westerburg - Drogenbeeinflussung und unangepasste Bereifung als Ursache

Region. Gegen 12.15 Uhr kam es zu einem Unfall auf der K34 zwischen Hof und Stein-Neukirch. Ein 21-jähriger Mann verlor in ...

Unfall durch Schneeglätte und Sommerreifen - E-Auto erfordert aufwendige Bergung

Wittgert/Wirscheid. Um 23.50 Uhr kam es auf der L 306 zwischen Wittgert und Wirscheid zu einem Verkehrsunfall. Der allein ...

Apfel oder Kapsel - Verbraucherzentrale klärt auf, was wirklich in Nahrungsergänzungsmitteln steckt

Region. In diesem 90-minütigen Web-Seminar gibt Katrin Deußen, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, ...

Weitere Artikel


Das Stöffelfest steht wieder an: Ein Spaß für die ganze Familie

Enspel. Klein und groß aus der Umgebung bieten ein tolles Programm, außerdem zeigen sich viele Oldtimernutzfahrzeuge. Natürlich ...

44. Europäischer Keramikmarkt in Höhr-Grenzhausen - Attraktiv wie eh und je

Höhr-Grenzhausen. Der Ausdruck "International" trifft ebenfalls zu, denn beim Rundgang durch das Keramikmuseum und der Marktzone ...

Webinarwoche zur Unternehmensnachfolge: Eine Woche mit Tipps zur Vorbereitung

Region. Unter dem Dach der Starterzentren Rheinland-Pfalz laden die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern ...

Briefwähleranteil bereits höher als vor fünf Jahren

Region. Vor fünf Jahren hatte der Anteil vier Tage vor der Wahl bei knapp 30 Prozent gelegen. "Damit dürfte der Briefwahlanteil ...

"Kick-Off" für Stadtradeln der VG Rennerod, Bad Marienberg und Westerburg

Rennerod. An der Tourist-Information am Wiesensee konnten sich Radelnde am Stand der Firma ABUS (Rehe) über aktuelle Produkte ...

Appell aus der Wirtschaft: "Gemeinsam Europa gestalten" - Wahlaufruf der IHK

Region. Im Vorfeld der anstehenden Europawahl formulieren die Präsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Arbeitsgemeinschaft ...

Werbung