Sind Tagesmütter Lebensmittelunternehmer?
Tagespflegepersonen wechseln nicht nur Windeln oder beaufsichtgen Kinder. Sie kochen und bereiten Mahlzeiten zu. Eine EU-Regelung, übrigens seit 2006 in Kraft, sorgt erneut für Verunsicherung, denn sie ordnet die Tagesmütter in die Gleichbehandlung mit Lebensmittelunternehmen ein. Der Westerwaldkreis teilte mit, dass man hier den per Gesetzt eingeräumten Ermessensspielraum nutzen will und vorerst keine Kontrollen durchführen wird.
Westerwaldkreis. Für viele Eltern kleiner Kinder sind sie unentbehrlich: die Tagesmütter. Allein im Westerwaldkreis betreuen rund 120 Tagesmütter mit Pflegeerlaubnis zahlreiche Kinder. Anfang des Jahres hatte eine Nachricht für Verunsicherung gesorgt, dass auf diese Tagesmütter strengere Hygienevorschriften zukämen.
Aufgrund einer EU-Verordnung seien sie wie Lebensmittelunternehmen zu behandeln und dürften zum Beispiel das Handtuch nur einmal benutzen, müssten genau dokumentieren, welche Lebensmittel sie einkaufen und wie sie diese verarbeiten. Dass keine Ringe bei der Zubereitung von Speisen getragen werden dürften, Nagellack tabu sei – all das war plötzlich in der Diskussion.
"Vorbehaltlich anstehender Gespräche auf Bund-Länder-Ebene betrachtet die Kreisverwaltung des Westerwaldkreises Tagesmütter (und -väter) nicht als Lebensmittelunternehmer und beabsichtigt derzeit nicht, in diesem Bereich regelmäßige Kontrollen durchzuführen", betont Dr. Helmut Stadtfeld, bei der Kreisverwaltung unter anderem zuständig für die Lebensmittelkontrolle.
Die EU-Regelungen, über deren Auslegung jetzt gestritten wird, seien bereits seit dem Jahre 2006 gültig. "Die strikte Anwendung dieser Vorschriften würde bedeuten, dass die Tageseltern mit Caterern oder Schulküchen gleichgestellt wären und umfangreiche Kontroll- und Dokumentationsvorschriften beachten müssen. Zum Beispiel den Wareneingang oder die Kühlschranktemperaturen betreffend". Auch die rheinland-pfälzische Landesregierung hat kürzlich in einem Schreiben an die zuständigen Behörden zwar grundsätzlich die Auffassung vertreten, dass Tagesmütter Lebensmittelunternehmer sind, gleichzeitig aber empfohlen, Ermessensspielräume zu nutzen und "relativ unsensible Bereiche risikoorientiert und angemessen zu behandeln".
Dr. Stadtfeld: "Unabhängig von der juristischen Frage, ob bestimmte Vorschriften anwendbar sind oder nicht, legt der Westerwaldkreis größten Wert darauf, dass es in der Küche einer Tagesmutter sauber zugeht und dass einwandfreie Speisen verabreicht werden". So prüfe das Jugendamt die gesamte Wohnsituation, bevor die betreffenden Personen überhaupt für eine Qualifizierungsmaßnahme zugelassen werden, und der hygienische Umgang mit Lebensmitteln ist Bestandteil der Ausbildung.
Man müsse aber die Kirche im Dorf lassen. Überzogene Lebensmittelkontrollen könnten dem Kreis die Suche nach geeigneten Tagesmüttern zusätzlich erschweren und würden eine ungerechtfertigte Schlechterstellung qualifizierter Tageseltern gegenüber solchen Mitbewerbern bedeuten, die ihre Dienste ohne entsprechende Ausbildung anbieten und nirgendwo amtlich registriert sind, heißt es in der Pressemitteilung der Kreisverwaltung.
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