Nicole nörgelt … über Tranchiermesser in den Weihnachtsgästen statt der Weihnachtsgans
Von Nicole
GLOSSE | Da ist es ganz plötzlich – das idyllische Weihnachtsfest. Harmonie und weichgespültes Gesülze überfallen einen an jeder Straßenecke und in jedem Geschäft.
GLOSSE! Leute, die einen das ganze runde Jahr mit der berühmten Kehrseite nicht angucken, wünschen einem mit feuchten Augen und schlaffem Händedruck ein frohes Fest und vorsichtshalber auch schon einen guten Rutsch (wahrscheinlich mit der Hoffnung im Hinterkopf, man möge sich beim Rutschen alles Mögliche brechen). Schon frühmorgens brüllen einen Wham mit "Last Christmas" aus dem Radio an oder Shakin‘ Stevens "rockt around the Christmas tree". Kurzum – manchmal könnte ich schon morgens um sieben gefühlt zu "Jack the Ripper" werden.
Es kommen Gäste, nicht das Gesundheitsamt
Liebe Leser, lassen Sie sich eins gesagt sein. Wer Sie und Ihre Gesellschaft schätzt, den interessiert es nicht, ob in der Weihnachtswoche noch sämtliche Fenster geputzt wurden, jedes Staubkorn mit der Flinte vertrieben wurde und alles absolut perfekt ist. Es sind Gäste, nicht die Gesundheitspolizei und Wohnungen und Häuser sind geschaffen, um darin zu leben; es sind keine Museen. Nehmen Sie sich einfach lieber ein bisschen mehr Zeit, um dann nicht an den Feiertagen total abgehetzt und fix und fertig in den Seilen zu hängen. So haben Sie nämlich garantiert nichts mehr von den Feiertagen.
Der Wettkampf rund um die Weihnachtsgans
Liebe Leser, nach dem ganzen Vorweihnachtsstress ist er dann da – der Heilige Abend und die Familie sitzt mehr oder weniger festlich gekleidet mit oder ohne Kirchbesuch irgendwann am Tisch. Und ab hier nimmt das weihnachtliche Unheil seinen Lauf. Noch vor der Bescherung beginnt der unvermeidliche Vergleich sämtlicher in der Familie befindlichen Sprösslinge – natürlich hat jeder die klügsten, wohlerzogensten und hübschesten Kinder. Während des virtuellen Familien-Wettkampfes fließen reichlich alkoholische Getränke, zuerst der Aperitif, dann der Wein und irgendwann auch die obligatorischen, hochprozentigen Kurzen. Die hier stattfindenden Gespräche stelle ich mir so vor. "Unser Torben-Iltis-Rübenkopf macht uns ja das ganze Jahr nur Freude. Er ist schon zum zweiten Mal in Folge zum Klassensprecher gewählt worden." "Wahrscheinlich, weil er den Mitschülern Prügel androht, wenn sie ihn nicht wählen. Und ist er nicht erst im Sommer fast sitzengeblieben?" "Das war nur, weil die Lehrer seine Talente nicht erkennen und sein Potential überhaupt nicht fördern." Besagter Musterschüler sitzt während des Gesprächs an der Switch zockend am Essenstisch und die einzigen verbalen Beiträge seinerseits sind Flüche wie: "Verdammte Scheiße, jetzt hat der Arsch mich abgeknallt." Oder: "Den W… kaufe ich mir."
Mit steigendem Promillepegel werden die Gespräche hitziger und im schlimmsten Falle endet der Weihnachtsabend noch vor dem Nachtisch mit Tranchiermessern, die in den Gästen statt in der Gans stecken. Das glauben Sie jetzt nicht? Fragen Sie mal Leute aus Ihrem Bekanntenkreis, die bei der Polizei, im Rettungsdienst oder im Krankenhaus arbeiten. Die können Ihnen jede Menge haarsträubender Geschichten erzählen – und die sind auch noch alle wahr!
Bescherungsmissgeschicke
Tritt nicht der vorher beschriebene Fall ein und die Familie schafft es ohne schlimmere Zwischenfälle bis zur Bescherung, dann bergen die Geschenke – insbesondere die für die lieben Kleinen – durchaus ein gewisses Gefahrenpotential. Wenn zum Beispiel Tante – nennen wir sie mal Aurelia – nach dem Genuss von ein bis zwei Flaschen Wein nachts um eins auf die Idee kommt, das Hoverboard ihrer Tochter auf der Straße auszuprobieren, dann kann das mal schnell in gebrochenen Gliedmaßen, einer Platzwunde, einer Gehirnerschütterung oder einer Kombination aus allem enden. Alkoholisierte Väter und Onkels, die die neue Drohne des Nachwuchses am fortgeschrittenen Abend testen – natürlich dann, wenn die lieben Kleinen im Bett sind – können auch durchaus mittlere Katastrophen auslösen.
Achtung Brandgefahr
Ganz fatal ist auch der leichtsinnige Umgang mit Kerzen nach vorherigem ausgiebigem Alkoholgenuss. Schon so mancher Adventskranz oder Weihnachtsbaum sind schon in Flammen aufgegangen. Hier kommen dann die netten Kollegen der Feuerwehr ins Spiel, die ihr gemütliches Weihnachtsessen auf der Wache dann zügig unterbrechen, um brennende Tannenbäume, Zimmer oder ganze Einfamilienhäuser zu löschen. Dann ist die Stille Nacht plötzlich nicht mehr still, sondern von Blaulicht und Sirenen erfüllt.
Familiendramen
Kommt es nicht schon beim Abendessen zum Familiendrama, so bietet der restliche Abend während und nach der Bescherung noch reichlich Potential für Tränen, Streit, Vorwürfe und alles Mögliche. Denn wenn man sich das ganze Jahr nicht sieht (und eigentlich auch gar nicht sehen will), dann muss man diesen Abend doch nutzen, um der verhassten Verwandtschaft mal alles an den Kopf zu werfen, wozu man das ganze Jahr (mangels persönlicher Treffen) keine Gelegenheit hatte.
In diesem Sinne, liebe Leser, nehmen Sie diese – doch sehr sarkastische – Kolumne bitte nicht zu ernst, denn ganz ehrlich: Ich persönlich liebe Weihnachten, Weihnachtsfilme, Kerzen, Lichterketten, Plätzchen und am allermeisten liebe ich es, Geschenke auszusuchen, einzupacken und die Leute, die mir etwas bedeuten, zu überraschen. Genießen Sie einfach mit Ihren Lieben die Weihnachtstage!
Ihre Nicole
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