Die Poker-Szene ist in Aufruhr: Salman Behbehani, Nacho Barbero & weitere jüngste Skandale
Hinweis: Dieser Artikel ist für ein erwachsenes Publikum bestimmt und behandelt Themen (beinhaltet ggf. Links), die sich an Personen ab 18 Jahren richten. Wenn eine Szene, die ohnehin für Bluff, Täuschung und Nerven wie Drahtseile bekannt ist, von echten Skandalen erschüttert wird, dann kracht es gewaltig. Die Pokerwelt erlebt gerade eine Welle von Vorfällen, bei denen selbst hartgesottene Profis die Stirn runzeln. Was wie ein Thriller klingt, ist in Wirklichkeit eine Serie von echten Ereignissen: Drogenhandel, Betrugsvorwürfe, dubiose Verhaftungen und Plattformen unter Beschuss. Was hat die Pokerszene zuletzt durcheinandergewirbelt?

Wie Salman Behbehani tief gefallen ist
Noch vor ein paar Jahren galt er als einer der ganz Großen auf der internationalen Pokertour. Salman Behbehani bewegte sich in den höchsten Buy-in-Kreisen, saß an Tischen mit den ganz Großen, spielte sich an Final Tables in EPTs und High-Roller-Events – ein Mann mit Ausstrahlung, klarem Blick und jeder Menge Chips.
Dann die Nachricht, die wie ein kalter Waschlappen über die Szene schlug: Sechs Jahre Haft wegen Drogenhandel. Nicht etwa wegen Besitz für den Eigengebrauch oder einer peinlichen Verstrickung in ein Partydrama – nein, wegen organisierter Schmuggelei synthetischer Drogen. Fentanyl, das Zeug, das ganze Existenzen in den USA verwüstet hat, spielt dabei eine zentrale Rolle.
Behbehani war laut den US-Behörden kein kleines Licht, sondern als Mittelsmann aktiv. Das Netz reichte über Mexiko in die Vereinigten Staaten, und wer sich fragt, wie aus einem Pokerprofi ein Drogenschmuggler wird, landet schnell bei der dunklen Kehrseite des High-Stakes-Lebens: Geld ohne Kontrolle, Kontakte ohne Grenzen und ein Lebensstil, der manchmal mehr fordert, als er geben kann.
Die Pokerwelt reagierte erstaunlich still. Kein großer Aufschrei, kein kollektives Entsetzen. Vielleicht, weil man so etwas schon ahnte? Oder weil die Distanz zu ehemaligen Helden schneller wächst als ihr Stack schrumpfen kann?
Nacho Barbero im Kreuzfeuer
Der Begriff RTA klingt wie etwas, das aus einem Technikhörbuch gefallen ist. Doch hinter dem Kürzel verbirgt sich eine der größten Bedrohungen für den Online-Poker: Real-Time Assistance – Programme, die Spielern in Echtzeit sagen, was der mathematisch beste Zug wäre. Sprich: Schachcomputer auf Steroiden für Poker.
Wer verstehen will, warum das ein derartiger Aufreger ist, muss auf einer Website vorbeischauen, wo Pokerturniere online erklärt sind. Es gibt beim Online-Poker lange Entscheidungsphasen an mehreren Tischen und anonyme Gegner, bei denen jede kleine Hilfe ein riesiger Vorteil sein kann.
Dass solche Tools verboten sind, ist klar. Dass sie trotzdem benutzt werden, leider auch. Und dass Plattformen nicht genug dagegen tun, das ist das eigentliche Problem. Nacho Barbero, argentinischer Pokerprofi mit Meinung und Mumm, ging deshalb auf die Barrikaden. ACR Poker – eine Plattform, die nicht gerade für ihre Transparenz berühmt ist – wurde öffentlich von ihm kritisiert. Die Vorwürfe: RTA-Nutzer würden nicht gesperrt, Hinweise ignoriert, Beschwerden ausgesessen.
Die Reaktion der Plattform war dürftig. Es gab keine klaren Statements, keine Maßnahmen, kein öffentliches Interesse an Aufklärung. Und so kochte die Community: Während einige Barbero für seinen Mut feierten, warfen ihm andere Eigeninteresse vor. Doch egal wie man zu ihm steht – der Skandal hat das Scheinwerferlicht auf ein Problem gerichtet, das Online-Poker wie ein Schatten begleitet. Wenn Maschinen besser spielen als Menschen und niemand weiß, wer da am Tisch sitzt, stirbt das Spiel von innen heraus.
Der Fall Maurice Hawkins bei der WSOPC
Manchmal sind es gar nicht die ganz großen Vergehen, die für Empörung sorgen – sondern die kleinen Fehler, die große Auswirkungen haben. Beim Finale des World Series of Poker Circuit (WSOPC) gab es genau so einen Moment: Der Dealer verteilte die Karten zu früh. Ein klarer Regelverstoß, der das Spiel hätte stoppen müssen. Doch das passierte nicht. Maurice Hawkins, sowieso ein Spieler mit umstrittenem Ruf, profitierte von dem Fauxpas – und gewann. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Von „unfair“ über „untragbar“ bis „Turnierleitung versagt komplett“ war alles dabei.
Hawkins selbst kennt Kontroversen. In der Vergangenheit stand er in der Kritik, weil er angeblich Zahlungen an Investoren verzögerte. Sein WSOPC-Sieg – eigentlich ein Grund zum Feiern – wurde nun zu einem Symbol dafür, wie schlampig Turnierorganisation laufen kann, wenn niemand wirklich hinschaut. Was bleibt, ist Frust. Bei Spielern, bei Zuschauern und bei allen, die Poker als ernstzunehmenden Wettbewerb sehen.
Wenn Poker-Profis ins Visier der Justiz geraten
Was passiert, wenn ein Pokerprofi vom Tisch direkt in die Handschellen wandert – und das völlig zu Unrecht? Genau das geschah kürzlich einem Spieler, der nach einem Turnier plötzlich verhaftet wurde. Keine offene Rechnung, kein Haftbefehl – nur eine fatale Verwechslung mit einer anderen Person.
Die Folge: juristische Schritte, eine Klage, der Versuch, den eigenen Ruf zu retten. Denn im Poker bedeutet ein öffentliches Skandälchen oft das Ende von Sponsoring-Deals, Einladungen oder Vertrauen. Und als wäre das nicht schon genug: Im Fall des Spielers Janssen verschob das US-Justizministerium eine angekündigte Anklage.
Warum, ist unklar. Doch die Gerüchteküche brodelt: Geht es um Geldwäsche? Steuerbetrug? Wer nichts sagt, macht alles möglich. Die Justiz interessiert sich zunehmend für die Szene – und das nicht immer aus nachvollziehbaren Gründen. Für viele Spieler ein weiteres Risiko neben den Bad Beats am Tisch.
Mike Holtz und der mutmaßliche Betrugsskandal in Las Vegas
Vegas. Ort der Träume, Bühne für Bluff und Drama. Und leider auch: Schauplatz für einen möglichen Betrugsskandal, der so dreist ist, dass selbst erfahrene Profis die Luft anhalten. Mike Holtz, auch bekannt als „BrockLesnar“ in der Online-Welt, ist nicht nur Spieler, sondern auch jemand, der hinschaut.
Und was er sah, ließ ihn nicht mehr los: Auffällige Chipverteilungen, merkwürdige Spielverläufe, alles deutete auf Kollusionen hin – also Absprachen zwischen Spielern, um Chips gezielt weiterzugeben.
Holtz ging an die Öffentlichkeit, mit Beweisen, Zahlen und einer klaren Meinung. Die Turnierleitung? Schweigen. Ein Statement ohne Inhalt, eine Reaktion ohne Substanz. In einer Welt, in der Vertrauen alles ist, kann Untätigkeit tödlich sein. Holtz tat, was viele sich nicht trauen: Er stellte Fragen. Und das ausgerechnet in einer Stadt, in der der Schein oft mehr zählt als die Wahrheit.
Warum sich Skandale in der Pokerszene häufen
Fünf Skandale, fünf verschiedene Kontexte – und doch eine auffällige Gemeinsamkeit: Es fehlt an Regeln, Kontrolle und Konsequenz. Die Szene funktioniert wie eine eigene kleine Wirtschaft. Plattformen verdienen Geld, Veranstalter wollen Shows liefern, Spieler wollen Gewinne. Wer schaut da wirklich hin? Wer überprüft, ob alles fair abläuft? Die Antwort ist ernüchternd: niemand so richtig.
Das System krankt an Intransparenz und Eigennutz. Online-Plattformen setzen auf Hausregeln, Live-Turniere auf „wird schon gut gehen“ – und wenn was passiert, ist niemand zuständig. Je größer das Preisgeld, desto größer der Anreiz zu tricksen. Und je weniger kontrolliert wird, desto eher glauben Spieler, dass sie damit durchkommen. Die Szene kämpft nicht nur mit Betrügern, sondern auch mit sich selbst. Und das gefährdet mehr als nur ein paar Buy-ins. (prm)
Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Westerwaldkreis mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.