War Eifersucht der Grund für die Messerattacke mit Todesfolge in der VG Altenkirchen?
Von Wolfgang Rabsch
Am 8. April fand vor der 14. Strafkammer des Landgerichts Koblenz unter dem Vorsitz von Richter Rupert Stehlin ein weiterer Fortsetzungstermin in dem Verfahren statt, das sich um gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge dreht.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz wirft dem 45-jährigen Angeklagten vor, in einem Ort in der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld einen 74-jährigen Mann aus niedrigen Beweggründen getötet zu haben. Zunächst lautete der Anklagevorwurf Mord, der später von der zuständigen Strafkammer des Landgerichts nach vorläufiger Würdigung als Körperverletzung mit Todesfolge eingestuft wurde.
Die Kuriere berichteten bereits: https://www.ak-kurier.de/akkurier/www/artikel/153869-es-war-kein-mord--sondern-koerperverletzung-mit-todesfolge---landgericht-koblenz-verhandelt-ungewoehnlichen-fall
Kurze Zusammenfassung des bisherigen Verhandlungsverlaufs
Der 45-jährige Angeklagte bestreitet, seinen 74-jährigen Nachbarn durch Messerstiche tödlich verletzt zu haben. Er habe ihn lediglich mit einem Messer bedroht, weil er vermutete, seine Freundin habe mit dem 74-Jährigen Sex gehabt. Dabei sei es zu einem Handgemenge gekommen; er habe zwar ein Messer in der Hand gehabt, aber lediglich mit der Spitze durch die Hose im Genitalbereich des Mannes etwas „geritzt“. Das Messer habe er danach wieder in der Küche abgelegt und es etwas später blutverschmiert in der Hand seiner Freundin gesehen. Er habe auch ein Stuhlbein gesehen und vermutet, dass sie den Mann geschlagen habe, weil er mehrere dumpfe Schläge gehört habe.
In den folgenden Verhandlungstagen wurden mehrere Polizei- und Kriminalbeamte sowie Mitbewohner aus dem Haus vernommen, in dem der 74-Jährige zu Tode kam. Ein Mitbewohner bestritt vehement, mit der Freundin des Angeklagten Sex gehabt zu haben, was dieser ihm vorgeworfen hatte. Er habe auch nicht mit ihr geflirtet, weil er „von Frauen die Schnauze voll habe“ und sich lieber mit seinem Motorrad beschäftige, das sei entschieden billiger. Ein anderer Mitbewohner bestätigte, dass es häufig Streit zwischen dem Angeklagten und dem später Verstorbenen gegeben habe, weil dieser ihm vorwarf, oft vor dem gemeinsamen Klo „gepinkelt“ zu haben. Die Ermittler bekundeten, dass der Angeklagte bei ihrem Eintreffen und auch bei späteren Vernehmungen einen ruhigen und gefassten Eindruck hinterlassen habe.
Der spätere Verstorbene hatte Angst vor dem Angeklagten
Am heutigen Verhandlungstag wurde unter anderem die Ortsbürgermeisterin des kleinen Ortes in der VG Altenkirchen-Flammersfeld vernommen, die aussagte, dass sich das besagte Haus in desolatem Zustand befinde und dort häufig die Mieter wechselten. Sie wohne gegenüber und habe einiges mitbekommen; das spätere Opfer habe sie einmal gefragt, ob sie ihm nicht eine kleine Wohnung besorgen könne, da er sich von dem Angeklagten bedroht gefühlt habe. Das besagte Haus sei im Rahmen einer Zwangsversteigerung für nur 8.000 Euro erworben worden, was genug über die Wertigkeit des Anwesens aussage. Häufig sei dort die Polizei wegen verschiedener Delikte im Einsatz gewesen. Als die spätere Freundin des Angeklagten eingezogen sei, seien die Probleme noch größer geworden. Weitere Zeugen, ehemalige Mitbewohner und Kenner der Szene in der Kreisstadt, berichteten, dass der Verstorbene oft erzählt habe, er habe Angst vor dem Angeklagten, weil dieser sehr eifersüchtig sei und behaupte, er habe etwas mit der jungen Freundin des Angeklagten. Er habe Angst um sein Leben gehabt und deshalb eine andere Wohnung gesucht.
Der BZR (Bundeszentralregisterauszug) wurde verlesen, der zwölf Eintragungen enthielt, quer durch das Strafgesetzbuch, unter anderem mehrere Vorstrafen wegen gefährlicher Körperverletzung.
Sachverständiger Dr. Gerhard Buchholz erstattete sein Gutachten
Akribisch trug der Sachverständige über fast zwei Stunden sein Gutachten vor und konnte von ungewöhnlichen Äußerungen des Angeklagten berichten, die dieser im Rahmen der Exploration von sich gegeben habe. Der Angeklagte sei sehr kooperativ und „fabulierfreudig“ gewesen; er habe zum Beispiel von Dingen berichtet, nach denen der Gutachter nicht gefragt habe. Es habe sich in großen Teilen um die Situation in dem besagten Haus gedreht, wobei er seiner damaligen Freundin vorgeworfen habe, sie habe nicht nur mit ihm, sondern auch mit dem später Verstorbenen und einem weiteren Hausbewohner Beziehungen unterhalten. Der Angeklagte sei von seiner Freundin ausgenutzt worden; wenn sie etwas von ihm gewollt habe, habe sie ihn verführt. Der Verstorbene und der andere Mitbewohner hätten gegen ihn Intrigen gesponnen und ihn nach seinen Angaben schwer misshandelt.
Der Angeklagte bestritt, für den Tod des 74-Jährigen verantwortlich gewesen zu sein; dafür komme nur seine damalige Freundin in Betracht, die er mit dem Messer in der Hand gesehen habe. Er selbst habe den Verstorbenen lediglich geschlagen und mit dem Messer über der Hose im Genitalbereich „geritzt“. Dr. Buchholz, der von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden war, bekundete weiter, dass der Angeklagte bei psychiatrischen Begutachtungen in der JVA und bei anderen Psychiatern behauptet habe, sein Essen in der JVA sei mit Arsen vergiftet worden und seine Eltern trachteten ihm nach dem Leben, da sie Begünstigte seiner Lebensversicherung seien. Psychologen, Polizei und Staatsanwaltschaft seien „Zombiemörder“, die ihn verfolgten und vernichten wollten. In der U-Haft habe der Angeklagte behauptet, er sei von Tierchen angesprungen worden, die ihm Löcher in die Haut gebohrt hätten. Sein Verhalten in der JVA sei von den zuständigen Anstaltspsychologen als paranoides, halluzinatorisches Verhalten gewertet worden.
Der Angeklagte ist voll schuldfähig
In der Zusammenfassung erklärte Dr. Buchholz, dass weder Schuldunfähigkeit noch verminderte Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 StGB) bei dem Angeklagten vorliegen würden, da keine seelische Störung, keine drogenabhängige Psychose und keine tiefgreifende Bewusstseinsstörung attestiert werden könne. Eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB oder in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB komme ebenfalls nicht in Betracht. Der Angeklagte sei demzufolge voll schuldfähig.
Im nächsten Termin am 10. April ist beabsichtigt, zwei weitere Zeugen zu vernehmen; dann sollen die Plädoyer von Staatsanwaltschaft und Verteidigung erfolgen. Die Kuriere werden weiter berichten.
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