Renaturierung der Nisteraue: Pläne für einen neuen Verlauf der Nister bei Marienstatt
Von Regina Morkramer
Man kennt es als idyllischen Ort, naturnah und einladend: Das Gebiet um die Nister in der Nähe des Klosters Marienstatt scheint auf den ersten Blick vollkommen zu sein. Doch Experten sehen Nachteile im aktuellen Bachverlauf. Eine Renaturierung soll der Nister ein neues Bachbett geben.

Streithausen. Die Nister teilt ihr Schicksal mit vielen deutschen Flüssen und Bächen: Laut Umweltbundesamt sind 90 Prozent von ihnen "über weite Strecken begradigt, eingeengt, verrohrt oder von Bauwerken unterbrochen". Und das hat negative Auswirkungen auf die Natur. Für Umweltexperten ergibt es also Sinn, den Fließgewässern ihr ursprüngliches Bachbett zurückzugeben oder zumindest einen natürlichen, nicht menschengemachten, Verlauf zu ermöglichen.
Denn auch wenn etwa die Nister bei Marienstatt für den Laien durchaus landschaftlich anmutig wirkt - auch sie wurde in der Vergangenheit "begradigt, befestigt und an den Talrand verlegt" und hat damit an dieser Stelle nur wenig von ihrem natürlichen Verlauf behalten können. "Durch den Gewässerausbau hat sich das Fließgewässer eingetieft und ist hydrologisch weitgehend (…) vom Talgrund entkoppelt, welcher ursprünglich die Funktion als Aue des Fließgewässers erfüllt hatte." In der Folge bietet die Nisteraue "nur noch sehr eingeschränkte Lebensräume für die natürlicherweise typischen Tier- und Pflanzenarten". Das geht aus der "Konzeption der Renaturierung der Nisteraue unterhalb des Klosters Marienstatt" hervor, die die Bürogemeinschaft für fisch- und gewässerökologische Studien Marburg-Frankfurt (BFS) im Auftrag der rheinland-pfälzischen Stiftung Natur und Umwelt (SNU) vorgelegt hat und die als Grundlage für das Vorhaben der SNU dient.
SNU: Keine konkreten Pläne, aber Ideen
Die SNU verfolgt aktuell Pläne, nach denen der Abschnitt der Nister beim Kloster Marienstatt renaturiert und natürliche Lebensräume wieder hergestellt werden sollen. Das bestätigt Moritz Schmitt, zuständig für Projekte bei der Stiftung Natur und Umwelt. Er erklärt aber auch, dass das Projekt noch ganz am Anfang stehe und es keine bestimmten Pläne zur Veröffentlichung gibt. Es sei "über erste Ideen gesprochen worden". Nun sei die SNU in Abstimmung mit weiteren beteiligten Stellen dabei, ein entsprechendes Vorhaben vorzubereiten. Dazu gehöre etwa die Einreichung von Förderanträgen, "über konkrete Maßnahmen kann man da aber noch nicht sprechen", betont Schmitt, genauso wenig über die Kosten.
Gefördert werden kann das Projekt von verschiedenen Förderinstitutionen, erklärt er, von EU- bis Länderebene. Zusagen gebe es bislang nicht, aber insgesamt stehe man dem Projekt wohl positiv gegenüber. "Wir sind daher recht zuversichtlich, dass das in die Konkretisierungsphase gehen wird."
Die Konzeption der Bürogemeinschaft für fisch-und gewässerökologische Studien Marburg-Frankfurt dient Schmitt zufolge als "grobe Orientierung". Die dort beschriebenen Maßnahmen müssen nicht zwangsläufig genauso umgesetzt werden, sondern seien eine Art Vorstudie, die erst einmal die Möglichkeiten auslotet. Insgesamt würde das ganze Projekt noch zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Schmitt betont, dass Bürger und Öffentlichkeit im Falle der Umsetzung eingebunden werden sollen: Die SNU plant dafür etwa die Zusammenarbeit mit Schulen, zudem sollen Exkursionen stattfinden.
Warum eine Renaturierung der Nister?
Fest steht: Die Bedingungen zur Renaturierung der Nister im Bereich des Klosters Marienstatt sind günstig. Im etwa 21 Hektar großen Plangebiet im Talgrund der Großen Nister nördlich der Abtei gibt es keine Bauwerke oder Infrastrukturen, die bei der Umgestaltung des Nisterverlaufs berücksichtigt werden müssten, auch Altlasten im Boden werden nicht vermutet. Die Flächen, die für die Renaturierung in Frage kommen, befinden sich in öffentlicher Hand oder sind Eigentum der Landesforsten Rheinland-Pfalz; mit den Pächtern wurden bereits Einigungen erzielt. Diese Rahmenbedingungen bieten die Gelegenheit, den "Flussabschnitt zusammen mit seiner gesamten Aue zu renaturieren und so weit wie möglich die natürliche Dynamik in diesem Abschnitt wiederherzustellen", heißt es in der Konzeption der BFS. Ziel ist es, dass "ein Mosaik hochwertiger Habitate für geschützte Tier- und Pflanzenarten entsteht und sich idealerweise (…) selbst erhält."
Die Konzeption beschreibt auch, dass die Maßnahmen keinen "statischen Endzustand" erreichen sollen, sondern vielmehr auetypische Strukturen, die derzeit fehlen, geschaffen werden, damit an der Nister hochwertige Lebensräume mit hoher Biodiversiät entstehen. Dazu müsse die Nister einen "fast vollständig neuen Verlauf in einem nicht eingetieften Flussbett" erhalten.
Wie könnte die "neue" Nister aussehen?
Die Konzeption der BFS, an der sich die Pläne der Stiftung Natur und Umwelt orientieren, sieht vor, dass die Nister statt dem bisher relativ geraden Verlauf, erfolgt durch die über Jahrhunderte und in mehreren Schritten vorgenommene Befestigung und Einengung des Flussbetts, nach der Renaturierung aufgrund der Unterschiede in der Geländehöhe einen "spontanen" Verlauf nehmen wird. Der Fluss wird breiter und die durchflossene Strecke insgesamt länger. Der Konzeption zufolge kann dies durch verschiedene Varianten gelingen. Das Ergebnis seien unter anderem "Steil- und Flachufer, Kiesbänke, Kolke, Fließrinnen, Furkationen, Altarme und Altwässer".
Um dies zu erreichen, wird die Nister durch verschiedene mögliche Maßnahmen wie etwa Entfernung der Uferbefestigung aus ihrem bisherigen Flussbett am Rande des Tals im Plangebiet herausgeleitet. Dämme im jetzigen Flussbett soll die Nister an zwei Stellen verschließen, wenn das neue Flussbett vormodelliert wurde. Nach dem dann ermöglichten gewundenen Verlauf durch das Innere des Tals soll das neue Bett der Nister schließlich in das alte Bett wiedereintreten. Insgesamt wird die Nister der Konzeption nach "breiter, flacher, die Fließgeschwindigkeit wird herabgesetzt und der Fluss ufert schneller aus". Der Nister soll so möglichst viel Raum zur "eigendynamischen Entwicklung" gegeben werden.
Neue Aussichtsplattform an der Nister
Infolge der Maßnahmen und der damit verbundenen landschaftlichen Veränderungen soll sich laut Konzeption auch die Möglichkeit ergeben, einen Weg zu errichten, der zu einer Aussichtsplattform im Tal führen soll, von der aus der neue Verlauf der Nister überblickt werden kann. (rm)
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