Automatisierte Datenanalyse bei der Polizei: Diskussion in Rheinland-Pfalz
Die Nutzung von Plattformen zur automatisierten Datenanalyse durch die Polizei sorgt für Debatten. Während einige Bundesländer bereits entsprechende Software einsetzen, zeigt sich in Rheinland-Pfalz ein differenziertes Meinungsbild.

Mainz. Eine in Hessen und anderswo genutzte Plattform auf Grundlage einer US-Entwicklung kann das. Es gibt Rufe nach einem bundesweiten Einsatz. Die Grünen sind skeptisch, das Innenministerium ist offener.
Sicherheit ist aktuell ein großes politisches Thema und damit auch die Frage, welche Instrumente die Polizei bei der Suche nach Kriminellen nutzen darf. Im Fall einer Datenanalyseplattform, wie sie etwa im Nachbarland Hessen schon länger genutzt wird, zeigen sich in Rheinland-Pfalz unterschiedliche Meinungen.
Nachdem einige Bundesländer eine länderübergreifende Nutzung einer solchen Plattform ins Spiel gebracht haben, teilt das SPD-geführte Innenministerium in Mainz auf Anfrage mit: "Rheinland-Pfalz sieht den fachlichen Bedarf für eine automatisierte Datenauswertung." Mit der im März in Kraft getretenen Novelle des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes sei eine rechtliche Grundlage geschaffen worden, die so etwas zu Zwecken der Gefahrenabwehr erlaube.
Hessen nutzt Plattform seit 2017
Eine Plattform, die das in Hessen im Kampf gegen Terrorismus und besondere Delikte tut, ist "Hessendata". Sie wurde auf Grundlage der Software "Gotham" des US-Unternehmens Palantir entwickelt und wird in Hessen seit 2017 genutzt. Auch Nordrhein-Westfalen nutzt eine solche Software. Bayern, dort heißt die Analysesoftware "Vera", hat mit Palantir einen Rahmenvertrag geschlossen, damit alle anderen Polizeien dessen Programm ohne zusätzliche Vergabeverfahren übernehmen können.
Wie das hessische Innenministerium in Wiesbaden erklärte, hat Hessen mit Bayern und Nordrhein-Westfalen schon bei der Innenministerkonferenz im Sommer 2023 gefordert, die von der bayerischen Polizei federführend ausgeschriebene Plattform «Vera» abzurufen, um in Deutschland gemeinsame Standards zu bekommen. Das habe seinerzeit keine politische Mehrheit bekommen, teilte das Ministerium in Wiesbaden auf Anfrage mit.
Entschließungsantrag im Bundesrat
Am 21. März dieses Jahres nun wurde auf Initiative von Sachsen-Anhalt und Bayern mit Unterstützung von Berlin und Hessen ein Entschließungsantrag im Bundesrat eingebracht, der sich für ein "gemeinsames Datenhaus für die Informationsverarbeitung der Polizeien des Bundes und der Länder" ausspricht - es kommt zumindest also wieder etwas Bewegung in die Sache.
Hessen argumentiert, mit der voranschreitenden Digitalisierung nehme die Menge an Daten und Informationen, mit denen Sicherheitsbehörden konfrontiert seien, zu. Eine automatisierte Analyse statt manueller Abgleiche versetze die Polizei in die Lage, frühzeitig Gefahren zu erkennen. Es würden ausschließlich rechtmäßig erhobene, vorhandene polizeiliche Datenbestände analysiert.
"Die Sicherheitsbehörden brauchen moderne Analysewerkzeuge wie Hessendata, um eine effektive Gefahrenabwehr und die erfolgreiche Bekämpfung von Schwerer und Organisierter Kriminalität auch künftig sicherzustellen", betonte Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU). "Da Verbrecher und Terroristen nicht an Grenzen haltmachen, begrüße ich es sehr, dass nun für bestimmte Zwecke auch im Bund eine Grundlage für die automatisierte Datenanalyse geschaffen werden soll."
Grünen-Fraktion verweist auf digitale Souveränität
Auf Skepsis, zumindest was die Software des US-Unternehmens angeht, stößt das Ganze beim innenpolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion im Landtag von Rheinland-Pfalz, Carl-Bernhard von Heusinger. Eine Abhängigkeit von US-Unternehmen im Bereich der automatisierten Datenanalyse sei sehr bedenklich. Zwar könnten Datenanalyse-Plattformen die Arbeit der Polizei beschleunigen und effektiver machen, Datenschutz, Transparenz und rechtsstaatliche Kontrolle müssten dabei aber gewährleistet bleiben.
"Wir sollten das Ziel der digitalen Souveränität an dieser Stelle wirklich ausbuchstabieren, um unsere Sicherheitsbehörden bei der Datenanalyse dauerhaft gut und unabhängig aufzustellen", sagte von Heusinger.
Auch das Bundesverfassungsgericht befasste sich mit dem Thema
Hessen nutzt die Plattform "Hessendata" seit 2017. Mit ihr können Polizisten schnell verschiedene Datenbanken durchsuchen, um in riesigen Datenmengen Querverbindungen zu entdecken, die sich sonst kaum aufspüren ließen. Das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang 2023 entschieden, dass diese und eine in Hamburg genutzte Plattform auf der Suche nach potenziellen Straftätern nicht allzu großzügig verwendet werden dürfen und die weitgehend gleichlautenden Regelungen in den beiden Ländern zur Nutzung so weit gefasst sind, dass Grundrechte verletzt werden - es wurde später nachgebessert.
In Rheinland-Pfalz dagegen wird aktuell keine Software zur automatisierten Datenauswertung eingesetzt, wie das Innenministerium in Mainz erklärt. Es gebe derzeit auch keine Prüfung der Software des Herstellers Palantir durch die Landespolizei. Dennoch werde der Markt beobachtet. "Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen und steht im Zusammenhang mit den Entwicklungen auf Bundesebene", teilte das Ministerium weiter mit.
Von Heusinger von der rheinland-pfälzischen Grünen-Fraktion betonte, das Bundesverfassungsgericht habe den Rahmen für die Möglichkeiten einer automatisierten Datenanalyse gesetzt: "Für uns ist klar, dass Analyseplattformen bloß ein Hilfsmittel polizeilicher Arbeit sein können und der Mensch am Anfang und Ende des Entscheidungsprozesses steht." (dpa/bearbeitet durch Red)
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